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Kinderbetreuung

TMit diesen Problemen haben Tagesmütter in Horneburg zu kämpfen

Drei Tagesmütter mit drei unterschiedlichen Konzepten: Jennifer Reiß, Maike Prange und Gabriela Bulut (von links).

Drei Tagesmütter mit drei unterschiedlichen Konzepten: Jennifer Reiß, Maike Prange und Gabriela Bulut (von links). Foto: Buchmann

Die Kindertagespflege fristet ein Schattendasein. Zu unrecht, sagen Tagesmütter aus der Samtgemeinde Horneburg. Sie sind überzeugt: Das Konzept bietet viele Vorteile gegenüber der Kita - für Kinder und Eltern.

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Von Steffen Buchmann
Freitag, 30.08.2024, 16:00 Uhr

Horneburg. Bekommt mein Kind einen Kita-Platz? Eine Frage, die viele Eltern oft schon vor der Geburt des Kindes umtreibt. Die Nachfrage in der Samtgemeinde Horneburg ist groß, die Anmeldung läuft bereits Jahre im Voraus. Das System scheint überlastet - dabei gibt es gleichwertige Alternativen.

„Die Kindertagespflege haben Eltern oft nicht auf dem Zettel“, sagt Fachbereichsleiterin Andrea Hunold aus dem Horneburger Rathaus. Im Gegensatz zur Kita suchen sich die Eltern die passende Tagespflegeperson für ihr Kind aus und treffen individuelle Absprachen, wie die Betreuung gestaltet werden soll. Das erlaube mehr Flexibilität für Eltern, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen. Bis zu fünf Kinder dürfen die Tagesmütter und -väter gleichzeitig betreuen. Die Betreuungskosten ergeben sich aus einem privatrechtlichen Vertrag mit den Tageseltern, einkommensabhängig und gefördert vom Landkreis Stade.

Nachfrage nach Betreuungsplätzen wächst

Doch warum sind Eltern so stark auf die klassischen Krippenplätze fixiert? „Viele Eltern haben Angst, dass ihre Kinder danach keinen Elementarplatz bekommen“, sagt Andrea Hunold. Doch die Angst sei unbegründet, da die Tagespflege gleichrangig zur Krippe im Bildungs- und Betreuungsangebot der Samtgemeinde verankert ist. Trotzdem melden viele Eltern aus Unsicherheit ihre Kinder für beides an, was den Vergabeprozess hemmt. „Wir arbeiten daran, die Vernetzung weiter auszubauen, um solche Doppelbelegungen zu verhindern und Planungssicherheit für beide Seiten zu schaffen“, sagt Andrea Hunold.

Gemeinsam spielen und essen ist ein wichtiger Bestandteil im Alltag der betreuten Kinder.

Gemeinsam spielen und essen ist ein wichtiger Bestandteil im Alltag der betreuten Kinder. Foto: privat

Insgesamt bietet die Samtgemeinde Horneburg derzeit 120 zusätzliche Betreuungsplätze durch Kindertagespflegen an. Im Landkreis Stade stieg die Anzahl verfügbarer Plätze in Tagespflege und Krippe 2023 auf insgesamt 2262 Plätze, davon sind 387 in der Tagespflege belegt. „Die Nachfrage wächst kontinuierlich“, sagt Astrid Bergmann, Leiterin des Familienservicebüros. Tageseltern erhielten teils schon Anmeldungen, auch wenn das Kind noch gar nicht geboren sei.

Drei Tagesmütter, drei Konzepte

Maike Prange, Jennifer Reiß und Gabriela Bulut arbeiten seit einigen Jahren als Tagesmütter in der Samtgemeinde - jede nach ihrem eigenen Konzept. Alle durchliefen zur Vorbereitung einen einjährigen Qualifizierungskurs mit insgesamt 300 Stunden und einem Praktikum. Die 37-jährige Maike Prange betreibt seit 2021 eine Großtagespflege in der Einliegerwohnung ihres Hauses in Bliedersdorf. Schon beim Hausbau sei die Einrichtung fest eingeplant worden. „Mir gefällt es, nach meinem eigenen Konzept zu arbeiten“, sagt die ausgebildete Erzieherin, die hier gemeinsam mit einer anderen Tagesmutter insgesamt zehn Kinder betreut.

Die Tagesmütter richten selbstständig die Spielbereiche nach den Bedürfnissen der Kinder her.

Die Tagesmütter richten selbstständig die Spielbereiche nach den Bedürfnissen der Kinder her. Foto: privat

Für Jennifer Reiß war die Arbeit als Tagesmutter zunächst nur eine Überbrückungsidee. „Ich wollte es so lange machen, bis meine Tochter zur Schule geht“, sagt die 38-jährige Kauffrau aus Horneburg. Inzwischen sei diese in der vierten Klasse, sagt die Tagesmutter und lacht. Fünf Kinder betreut die Quereinsteigerin seit 2018 in ihrem eigenen, umgebauten Keller. Arbeit und Privates könne sie hier trotzdem gut trennen. „Ich weiß von einigen Tagesmüttern, die in ihren Wohnzimmern arbeiten“, sagt Jennifer Reiß. Das könne sie sich nicht vorstellen.

Wohnungssuche für Tageseltern gestaltet sich schwierig

Auch Gabriela Bulut kam als Quereinsteigerin zur Kindertagespflege. Die 43-jährige Pflegehelferin arbeitet seit 2019 als Tagesmutter in einer angemieteten Wohnung in Horneburg. Die Suche nach einer geeigneten Wohnung war jedoch schwierig, sagt sie. „Ich hatte viele Besichtigungen“, sagt Gabriela Bulut. „Als ich den Vermietern sagte, dass ich die Wohnung für die Kindertagespflege anmieten möchte, haben sie ablehnend reagiert.“

Die Samtgemeinde wisse um die Problematik, sagt Andrea Hunold. „Viele Vermieter haben Sorgen, dass sich andere Mieter über den Lärm beschweren könnten“, sagt die Teamleiterin. Die Erfahrung habe jedoch gezeigt, dass die Angst unberechtigt ist.

Nachfrage nach Betreuungsplätzen wächst

Die Tagesmütter im Landkreis haben derzeit mit einem großen Problem zu kämpfen. „Es gibt keine Vertretungsregelung, wenn wir mal krank oder im Urlaub sind“, sagt Maike Prange. Als Notlösung helfen sich die Tagesmütter untereinander aus. „Krankheit ist jedoch nicht planbar“, sagt sie. „Ideal wäre eine freie Tagesmutter pro zehn Tageseltern, die einen eigenen Standort hat“, sagt Astrid Bergmann.

In den letzten Jahren seien zudem wichtige Fördertöpfe weggefallen. Zwei Förderrichtlinien des Landes Niedersachsen zur Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze sind 2020 beziehungsweise 2022 ausgelaufen, bestätigt Kreissprecher Christian Schmidt. Das Vertretungsproblem betreffe jedoch nicht bloß die Tagespflege. „Die Kitas sind auch betroffen, bei Krankheitsfällen sogar meist noch stärker“, sagt Andrea Hunold. Deshalb sei es wichtig, die Kindertagespflege mehr ins Rampenlicht zu rücken. „Es ist wunderbar, für kleine Kinder solche Oasen zu haben“, sagt Astrid Bergmann.

Informationen zur Kindertagespflege

Das Familienservicebüro Horneburg-Lühe-Jork bietet Tagespflegepersonen Einzelberatungen und fachliche Begleitung. Auch interessierte Eltern können sich dort über die Kindertagespflege informieren.

Astrid Bergmann steht freitags von 9 - 12.30 Uhr sowie jeden ersten Donnerstag im Monat von 15 bis 18 Uhr im Mehrgenerationenhaus Horneburg als Ansprechpartnerin bereit.

Aktuell werden angemietete Räumlichkeiten für (Groß-)Tagespflegestellen gesucht (zum Beispiel leerstehende Ladenräume).

Terminabsprachen und Kontakt zu Astrid Bergmann über bergmann@fabi-stade.de oder 0151/ 51733043.

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