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Handwerk

TMorgens um 2 Uhr beginnt ihr Tag: Einblick in eine Traditionsbäckerei

Bäckermeister Torsten Peters holt das knusprige Brot aus dem Ofen, den er morgens als erstes einschaltet.

Bäckermeister Torsten Peters holt das knusprige Brot aus dem Ofen, den er morgens als erstes einschaltet. Foto: Wenzel

Früh aufstehen gehört zum Alltag eines Bäckers. Doch wie sieht der Morgen in einer Traditionsbäckerei aus? In der Bäckerei Schwarz in Elsdorf beginnt der Tag schon um 2 Uhr – mit Leidenschaft fürs Handwerk und einem eingespielten Team.

Von Isabell Wenzel Sonntag, 01.12.2024, 15:20 Uhr

Elsdorf. Es ist vier Uhr morgens. Es ist dunkel, nicht einmal die Straßenlaternen sind an in Elsdorf. Kein Auto fährt auf der Straße. In kaum einem Fenster brennt Licht und kein früher Vogel singt ein Lied. Das Dorf schläft noch.

Bäckermeister Torsten Peters liegt allerdings nicht mehr in den Federn. Er ist schon lange wach. Um 2 Uhr ist er aufgestanden, damit um 3 die Öfen in der Bäckerei Schwarz angeschmissen werden können. „Ich gehe um Viertel vor acht ins Bett. Meine fünf Stunden Schlaf brauche ich schon“, sagt der Bäckermeister. Er ist hier morgens immer der Erste.

Wenn seine Kolleginnen und Kollegen kommen, sind die Öfen vorgeheizt und die ersten Brote und Brötchen wandern in die Hitze. In der Backstube ist es warm, geschäftig, aber still. Geredet wird nicht viel, jeder geht konzentriert seinen Aufgaben nach. Ein Duft von frischem Brot liegt in der Backstuben-Luft.

Das große Problem im Backhandwerk: das frühe Aufstehen

Das frühe Aufstehen liegt vielen nicht mehr, schreckt mögliche zukünftige Bäcker ab. Ein Grund, warum diesem Handwerk der Nachwuchs fehlt. Und wenn der fehlt, bedeutet es bald das Aus für die ländlichen Bäckereien und Backstuben, in denen Handwerk gelebt wird, der Teig Zeit zum Reifen hat und Fertigmischungen verpönt sind.

Bäckermeister Rolf Schwarz glasiert die frisch gebackenen Berliner. Mit seinem Team backt er über 100 verschiedene Produkte am Tag für hungrige Kunden.

Bäckermeister Rolf Schwarz glasiert die frisch gebackenen Berliner. Mit seinem Team backt er über 100 verschiedene Produkte am Tag für hungrige Kunden. Foto: Wenzel

Selbst Inhaber Rolf Schwarz ist kein begeisterter Frühaufsteher. „Eigentlich bin ich gar nicht so früh hier. Die Konditorin hat heute frei, deswegen mache ich heute die Kuchen. Ich fange sonst erst um halb fünf an“, sagt er. Aber was muss, das muss.

Seit Viertel nach drei steht er in der Backstube. „Ich fange morgens lieber später an zu arbeiten, damit ich abends länger unterwegs sein kann. Ich spiele zwei Abende in der Woche Tennis. Ich brauche das als Ausgleich“, so der Bäcker weiter.

Torsten Peters ist da anders. Er hat sein Hobby aufgegeben, weil er früh aus den Federn muss. „Früher habe ich Fußball im Verein gespielt. Aber das findet natürlich alles abends statt. Man muss für den Job brennen, sonst hält man das nicht lange aus“, sagt der 51-Jährige, während er mit einem riesigen Brotschieber mehrere fertig gebackene Brote auf einmal aus dem Ofen holt.

Früher Arbeitsbeginn ist beliebt bei den Elsdorfer Bäckern

Mit seiner Meinung zum frühen Weckerklingeln ist der Chef in seiner Backstube allerdings allein. Er hat mit seinem Team ein neues Arbeitszeitmodell getestet. „Wir müssen nicht so früh anfangen. Wir bereiten die Teige vor, da sie lange gehen müssen. Man muss als Bäcker nicht mitten in der Nacht anfangen“, sagt Rolf Schwarz.

Die große Überraschung nach sechs Wochen Testphase: Die Kollegen sind sich einig und wollen den frühen Arbeitsbeginn zurück.

Die Bäckergesellen Saskia Tietjen und Olli Lütjen kneten die Laibe für das Kürbisbrot per Hand.

Die Bäckergesellen Saskia Tietjen und Olli Lütjen kneten die Laibe für das Kürbisbrot per Hand. Foto: Wenzel

„Am besten gefallen mir an meinem Beruf die Arbeitszeiten“, so Bäckermeister Ralf Klindworth. Genauso sieht es die frisch ausgelernte Bäckergesellin Saskia Tietjen: „Ich finde es gut, mittags Feierabend zu haben. Ich kann dann nachmittags Zeit mit meinen Freundinnen verbringen und habe noch etwas vom Tag“, so die 19-Jährige. Für Torsten Peters überwiegen auch die Vorteile im frühen Arbeitsbeginn. Er konnte dadurch viel Zeit mit seinen Kindern am Nachmittag verbringen, als diese noch klein waren. Und jetzt ist es halt sein Rhythmus.

Ein eingespieltes Team - alle Handgriffe und Vorgänge sitzen

In der Backstube sitzt jeder Handgriff. Jeder weiß, was er zu tun hat und welche Aufgaben erledigt werden müssen. Auch Teamwork klappt reibungslos. Teige werden geknetet, geformt und zum Ruhen eingelagert. Hier ist eine eingespielte Mannschaft am Werk, die professionell und routiniert zusammenarbeitet. 3500 Brötchen backt und verkauft das Team der Elsdorfer Bäckerei an einem Wochentag, am Wochenende sind es täglich circa 7000.

Plötzlich ertönt Musik. Das Radio ist an. „Wir werden langsam wach“, scherzt Ralf Klindworth. Die Gespräche untereinander werden mehr, es werden Witze gemacht und gelacht. Auch die Verkäuferinnen treffen ein und beginnen damit, die frischen Brötchen für die Auslage zu schmieren. Gleich werden die Türen für die Kundschaft geöffnet.

Genauigkeit und hoher Anspruch als Geheimnis des Erfolgs

Am Tag kommen ungefähr 500 Kunden in die Bäckerei Schwarz, die nicht nur aus Elsdorf und der näheren Umgebung kommen, sondern auf dem Weg zur Arbeit extra einen Umweg zur Bäckerei machen. Sie wissen das Handwerk zu schätzen.

Noch während es draußen dunkel ist, gehen bereits viele Kunden im Laden ein und aus, kaufen einen Kaffee und ein Brötchen für unterwegs. Es geht zu wie im Taubenschlag. Hinten in der Backstube wird es dagegen entspannter. Dort ist der größte Teil der Arbeit für heute erledigt. Bis zum Feierabend werden die Teige für Brot und Brötchen für die nächsten Tage vorbereitet.

Chef Rolf Schwarz ist noch mit den Kuchen beschäftigt. Er drückt mit sicherer Hand den Spritzkuchen-Teig aus dem Beutel in Kringeln auf das Backblech. Zufrieden ist er mit seiner Arbeit nicht. Sie sind ihm nicht gleichmäßig genug.„Ich bin sehr pingelig. Das wissen meine Angestellten auch. Wenn ich um die Ecke komme, heißt es manchmal: Der Feind naht“, sagt er und lacht dabei.

Ihm ist es wichtig, dass jeder seiner Angestellten viele verschiedene Aufgaben in der Backstube übernehmen kann. Deshalb kann er guten Gewissens in den Urlaub fahren, einen Tag freinehmen oder später kommen, ohne einen Qualitätsverlust fürchten zu müssen. „Man muss als Bäcker beständig gut sein, um sich gegen Konkurrenten mit niedrigeren Preisen durchzusetzen. Mit meinem Team geht das aber sehr gut“, sagt Schwarz. Torsten Peters ist der gleichen Meinung wie sein Chef: „Manchmal ist die Genauigkeit vom Chef anstrengend. Aber der Erfolg gibt ihm recht“, sagt er lachend.

Rolf Schwarz hat Hoffnung auf einen Nachfolger für seine Bäckerei

Im Landkreis Rotenburg gibt es laut Handwerkskammer noch 15 Bäckereien, in denen frisches Gebäck produziert wird. Es werden allerdings seit Jahren immer weniger. Über das Aufhören hat sich auch Rolf Schwarz schon viele Gedanken gemacht.

„Mit 65 werde ich spätestens in Rente gehen“, sagt der 57-Jährige. Er hofft auf einen Nachfolger für seine Bäckerei und hat auch ein paar Ideen. „Ich habe schon mit ein paar Leuten gesprochen, die über eine Übernahme nachdenken wollen, ich bin guter Dinge, dass sich etwas ergeben wird.“ Er ist allerdings auch froh, dass seine eigenen Töchter nicht den Bäckerberuf gewählt haben. „Dann bestünde die Gefahr, dass ich doch nicht richtig aufhöre. Ich freue mich schon auf das Aufhören, dann habe ich endlich richtig Zeit für alles, meine Frau, Familie und Hobbys“, so der Bäckermeister. Er leitet die Bäckerei in der vierten Generation. Dass diese Familientradition mit ihm endet, stört ihn nicht, auch wenn er viele Erinnerungen mit der Backstube verbindet, denn sie war direkt mit seiner Wohnung verbunden.

„Dadurch, dass wir früher hier im Haus auch gewohnt haben, konnte ich viel Zeit mit meinen Kindern verbringen. Wir haben dreimal am Tag zusammen gegessen“, erzählt Rolf Schwarz. Seine Töchter haben ihm in der Backstube oft Gesellschaft geleistet. Gern erinnern er und seine Frau sich daran, wie eine seiner Töchter als Baby oft um zwei Uhr nachts nicht mehr schlafen konnte. Da der Bäcker bereits fleißig war, nahm er sie einfach mit in die warme Backstube. Oft ist sie dort wieder eingenickt. „Heute sind die Mädchen groß und aus dem Haus“, fügt er lächelnd hinzu, während er die frischen Berliner mit Guss bestreicht. Danach ist seine Arbeit in der Backstube beendet und das Büro wartet.

Bäckermeister Torsten Peters holt das knusprige Brot aus dem Ofen, den er morgens als erstes einschaltet.

Bäckermeister Torsten Peters holt das knusprige Brot aus dem Ofen, den er morgens als erstes einschaltet. Foto: Wenzel

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