TMüllberge: Warum Videoüberwachung im Altländer Viertel unmöglich ist

Leider keine Seltenheit: Illegal entsorgter Müll in der Grünendeicher Straße im Altländer Viertel in Stade. Foto: Vasel
Im Kampf gegen Wildmüllsünder in Stade könnte eine Videoüberwachung helfen. Aber warum darf am Bahnhof gefilmt werden, im Altländer Viertel hingegen nicht?
Stade. Unter anderem im Altländer Viertel in Stade wird immer wieder Müll illegal entsorgt. Die Kommunalen Betriebe entfernen diesen regelmäßig auf Kosten der Stadt. Schon häufig kam in diesem Zusammenhang die Frage auf, warum die Hansestadt Stade keine Videoüberwachung nutzen kann, um den Müllsündern auf die Spur zu kommen - zum Beispiel wie in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz).
Wie berichtet startete dort Mitte August 2024 ein sechsmonatiges Pilotprojekt zur mobilen Videoüberwachung gegen illegale Müllablagerungen; in enger Zusammenarbeit mit dem zuständigen Datenschutzbeauftragten. Doch dieses Vorgehen lasse sich nicht ohne Weiteres auf die Hansestadt Stade übertragen, teilt Stades Sprecher Stephan Voigt auf Nachfrage mit.
Zum Einen handele es sich um einen bundesweit einzigartigen Testversuch, dessen Auswertung noch ausstehe. Zum Anderen würden sich die landesrechtlichen Bestimmungen unterscheiden. Die Hansestadt Stade und der Landkreis Stade als zuständige untere Abfallbehörde würden aber diesbezüglich im Austausch bleiben.
Videoüberwachung an Müllsammelstellen grundsätzlich unzulässig
Hagen Benke, Sprecher des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen (LfD), weist auf Nachfrage darauf hin, dass der LfD Niedersachsen die Videoüberwachung an öffentlich zugänglichen Müllsammelstellen und illegalen Müllablageorten grundsätzlich als unzulässig erachte. Im Fall von Stade würden auch die vorhandenen Ausnahmeregelungen nicht greifen, so Benke.
Illegale Entsorgung
T Das ist der Gipfel: Müllberge türmen sich auf im Altländer Viertel
Stadtgesellschaft
T Altländer Viertel in Stade: Am Straßenrand wachsen die Müllberge
Illegale Entsorgung
T Immer wieder Wildmüll: Apensen hat ein Abfallproblem
Zur Erklärung: Laut § 14 Niedersächsisches Datenschutzgesetz (NDSG) oder § 32 Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mithilfe von Videoüberwachung zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich ist. Dazu zählt auch der Schutz von Personen und von Sachen. Doch auch die Persönlichkeitsrechte sind geschützt. So liegt ein Datenschutzverstoß vor, wenn Personen in der Öffentlichkeit gefilmt oder fotografiert werden, ohne dass vorher eine Einwilligung eingeholt wurde.
Bei der illegalen Müllablage seien weder schutzwürdige Personen noch Sachen betroffen (die Container werden ja nicht beschädigt). Zudem würden bei einer Videoüberwachung auch Menschen gefilmt, die sich ordnungsgemäß verhalten. Deren Persönlichkeitsrechte würden hier überwiegen. Eine präventive Echtzeitbeobachtung durch Verwaltungsbehörden erscheine auch aufgrund der fehlenden zeitnahen Eingriffsmöglichkeit als ungeeignet zur Verhinderung einer illegalen Müllentsorgung, so Benke.
Videoüberwachung
Polizei startet mit Videoüberwachung vor Hauptbahnhof
Sicherheit in Städten
Videoüberwachung soll Sicherheit in Norderstedt verbessern
Anders sieht das zum Beispiel am Stader Bahnhof aus, dem einzigen öffentlichen Ort in der Stadt, der videoüberwacht wird - und zwar von der Bundespolizei im Auftrag der Deutschen Bahn. Mit dem Einsatz von Videotechnologie solle an Bahnhöfen das subjektive Sicherheitsgefühl der Kunden, Besucher und Mitarbeiter gestärkt und möglichen Straftaten vorgebeugt werden, erklärt die Bahn online. Das klappt offenbar nur bedingt: Am Stader Bahnhof kam es erst im vergangenen Oktober zu einer Massenschlägerei.

Der Stader Bahnhof wird videoüberwacht - und zwar von der Bundespolizei im Auftrag der Deutschen Bahn. Foto: Stehr
Inwiefern Videoaufnahmen der Stader Polizei bei der Aufklärung von Straftaten am Bahnhof helfen, wird laut Polizeisprecher Rainer Bohmbach nicht erhoben. Es komme aber durchaus vor, dass die Stader Beamten Videomaterial von der Bundespolizei anfordern. „Wir erhalten so zum Beispiel Informationen über die Bewegungen von Tätern und Opfern, die bei der Aufklärung von Straftaten hilfreich sein können“, so Bohmbach.
Videoüberwachung auf Privatgrundstücken und Baustellen möglich
Auf privatem Grund sind die Bestimmungen zur Videoüberwachung auch ohne behördliche Erlaubnis möglich. Generell dürfen auch Baustellen per Video- bzw. Bildaufnahmen überwacht werden. Es darf allerdings kein öffentlicher Raum gefilmt werden. Zudem muss mit entsprechender Beschilderung sichtbar auf die Videoüberwachung hingewiesen werden.
Die Hansestadt Stade erhalte gelegentlich Beschwerden und Anfragen von Bürgern zu Videoüberwachung im privaten Bereich, meist in Fällen von Nachbarschaftsstreitigkeiten, berichtet Voigt. Wenn zum Beispiel Privatpersonen auf ihrem Grundstück eine Videoüberwachung installieren und vermeintlich andere Grundstücke oder auch den Gehweg vor dem Haus mitfilmen, könnten sich Nachbarn in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen. Voigt rät, in diesem Fall zunächst den direkten Kontakt mit demjenigen zu suchen, der die Kamera installiert hat oder einen Anwalt zu konsultieren.
Lediglich in Fällen, die der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) unterliegen, wenn beispielsweise Behörden eine Videoüberwachung vornehmen, seien der Landes- oder Bundesdatenschutzbeauftragte die richtigen Ansprechpartner, so Voigt.

Auf diesem Schild wird darauf hingewiesen, dass der Stader Bahnhof per Video überwacht wird. Foto: Stehr