TNach Tod von Arian: Große Trauer in Elm und viele offene Fragen

Ein Schild steht neben einer Kerze und ein Buch mit einem Regenbogen auf dem Umschlag liegt daneben in der Kirche der Gemeinde Elm. Die evangelische Kirche will hier den Menschen nach dem Tod des sechsjährigen Arian aus dem niedersächsischen Bremervörde einen Platz zum Trauern geben. Foto: Jörn Hüneke/TNN/dpa
Nach dem Tod von Arian aus Elm steht die Trauer um den Sechsjährigen im Vordergrund. Aber vor allem eine Frage beschäftigt die Menschen: Warum wurde der autistische Junge bei der groß angelegten Suchaktion Mitte April nicht gefunden?
Elm/Estorf. Einige Medien würden offenbar einen „Schuldigen“ suchen, vermutet Marvin Teschke, Sprecher der Polizeiinspektion Rotenburg, im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Bild-Zeitung beispielsweise fragte in ihrer gestrigen Ausgabe „Warum will die Polizei nicht sagen, wie Arian gestorben ist?“.
Eine Antwort auf diese Frage gibt Teschke: „Ich kann verstehen, dass das viele Menschen interessiert. Aber das betrifft den persönlichsten Lebensbereich der Familie. Dazu werden wir keine weiteren Angaben machen.“
Bereits am Mittwoch hatten Polizei und Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass die Obduktion keine Hinweise auf ein Fremdverschulden als Todesursache ergeben habe.
Bereich wurde mit den Suchtrupps abgesucht
Die Frage, warum Arian bei der umfangreichen Suche nach ihm nicht gefunden wurde, könne nicht abschließend beantwortet werden. Der Bereich sei aber definitiv mit Suchtrupps und viel technischem Gerät abgesucht worden, so der Polizeisprecher.
Unabhängig von dem „Vermisstenfall mit schrecklichem Ausgang“ finde grundsätzlich eine Prüfung des Einsatzes statt. Es gebe immer eine interne Nachbereitung, um Erkenntnisse für zukünftige Einsätze zu gewinnen. „Dies ist aber nichts für die Öffentlichkeit“, erklärt Teschke. „Fakt ist, wir haben keine strafbaren Handlungen, wir haben das Kind gefunden, somit ist es ein Vermisstenfall, der abgeschlossen ist. So traurig dieser Fall auch ausgegangen ist.“
Alle sind bis zur Belastungsgrenze gegangen
Wir haben alles getan, so Teschke. Alle, die vor Ort waren, haben alles Menschenmögliche gemacht. Man habe alles versucht. Sämtliche technischen und auch tierischen Möglichkeiten wurden ausgeschöpft, so der Polizeisprecher: „So eine Suche hat es noch nicht gegeben. Alle sind bis zur Belastungsgrenze gegangen. Da jetzt nach Fehlern zu fragen, ist fast schon respektlos. Wir würden uns wünschen, dass die Leistungen der vielen Helfer anerkannt würden.“
Für das, was vorgefallen ist, könne keiner etwas. Der Junge, so Teschke, sei ohne Fremdverschulden weggelaufen und in der Natur verstorben.
Die Frage, wie der Sechsjährige verstorben ist, beschäftigt viele Menschen dennoch.
Die Redaktion hat sich deshalb zum Thema Obduktion an verschiedene Stellen gewandt, Fragen gestellt und um Antworten gebeten.
Fragen, die wir stellten, waren unter anderem: Welche Schritte umfasst eine standardmäßige Obduktion, und welche Techniken und Instrumente werden dabei verwendet? Welche Fachleute sind in den Obduktionsprozess involviert? Wie lange dauert eine Obduktion üblicherweise? Warum kann es im Einzelfall länger dauern? Wie werden die Ergebnisse der Obduktion genutzt, um die Todesursache festzustellen und weitere Ermittlungen zu unterstützen?
Angefragt wurde zuerst das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen. Dort erklärte man schriftlich, dass das LKA nicht zuständig sei uns wir uns an die zuständige ermittelnde Polizeidienststelle wenden sollen. Polizeisprecher Teschke aus Rotenburg verweist auf Anfrage seinerseits an ein Institut für Rechtsmedizin, das die gestellten Fragen besser beantworten könne. Eine Anfrage an die Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf bleibt jedoch ebenfalls ohne Erfolg. Sprecherin Stefanie Gerling antwortet, dass man sich aus Gründen des Datenschutzes nicht äußern dürfe.
Elmer Kirche heute für Trauernde geöffnet
Viele Menschen in Elm und der ganzen Region sind von Arians Tod tief betroffen und traurig. Die Evangelische Kirche will in dieser besonderen Situation einen Ort anbieten, an dem die Menschen ihre unterschiedlichen Gefühle zum Ausdruck bringen können. Wie Superintendent Carsten Stock mitteilte, wird die Elmer Paul-Gerhardt-Kapelle am heutigen Sonnabend von 10 bis 18 Uhr für alle geöffnet. Bereits gestern war die Kirche von 17 bis 19 Uhr für Trauernde geöffnet.
„Der Kirchraum ist so gestaltet, dass man auf verschiedene Weise Trauer ausdrücken und teilen, zur Ruhe kommen, im Stillen gedenken oder beten kann. Niemand muss mit seinen Gefühlen und Fragen alleine bleiben“, betont der Superintendent.
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Bei leiser Hintergrundmusik können Besucher Kerzen anzünden, sich ins Kondolenzbuch eintragen, Blütenblätter niederlegen, „Tränen“ in ein Gefäß legen. „Wir möchten den Menschen einen Raum zur Trauer bieten. Wir haben gemerkt, dass das Bedürfnis in der Ortschaft vorhanden ist“, sagt Carsten Stock. Am Anfang habe der Fokus der Ortschaft auf der Suche nach Arian gelegen. „Nun ist diese Gewissheit da, mit der umgegangen werden muss“, so der Superintendent.
Die kirchliche Notfallseelsorge stehe zudem als Ansprechpartner mit den Einsatzkräften in Kontakt. Denn auch unter den Einsatzkräften stelle man sich die Frage, warum man Arian nicht früher gefunden habe. Wie Carsten Stock Freitag ausführte, werde Arians Familie von zwei Seelsorgern betreut. „Die Trauer der Familie wird im Privaten bleiben“, kündigte Stock an.