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Telefon-Abzocke

TNeue Masche: Ortsbürgermeisterin geht Betrügerin um ein Haar auf den Leim

Fast wäre die Ortbürgermeisterin aus dem Stader Nachbarkreis auf einen Telefonbetrug hereingefallen.

Fast wäre die Ortbürgermeisterin aus dem Stader Nachbarkreis auf einen Telefonbetrug hereingefallen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Eigentlich weiß Marlies Stuthmann, was am Telefon hinter unbekannten Nummern lauern kann. Und trotzdem wäre sie beinahe auf Betrüger hereingefallen. Jetzt will die Ortsbürgermeisterin andere Menschen warnen.

Von Katja Gallas Freitag, 15.12.2023, 14:07 Uhr

Landkreis Cuxhaven. Marlies Stuthmann ist auf Zack. Schnell lässt sich die Ortsbürgermeisterin von Bramel im Landkreis Cuxhaven nicht veräppeln. Auch digital macht ihr keiner was vor. Und trotzdem wurde die 68-Jährige um ein Haar am Telefon abgezockt.

„Guten Tag, mein Name ist XY von der Kassenärztlichen Vereinigung. Haben Sie denn unsere Post nicht bekommen?“, meldet sich eine freundliche Dame Ende November bei Stuthmann. Für Skepsis bleibt gar keine Zeit. Ruckzuck steckt die Gemeinderatsvorsitzende mitten im Gespräch. Und was sie zu hören bekommt, klingt gut.

Vermeintliche Mitarbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung verspricht Geld

Da sie so selten zum Arzt geht, stünde ihr Geld aus einem bestimmten Topf zu. Ab Januar sollen ihr monatlich knapp 40 Euro ausgezahlt werden. Eine Zahnzusatzversicherung gibt‘s auch noch obendrauf. Stuthmann beantwortet ein paar Gesundheitsfragen. Sie möchte die Unterlagen gerne schriftlich bekommen. Doch die „so nette und souveräne Dame“ drängt auf einen Abschluss per Telefon. Dann will sie die Kontodaten wissen. Erst jetzt wird Stuthmann hellhörig.

„Es ist doch toll, wenn man Geld aus einem Sondertopf bekommt. Das Geld kann gerade wohl jeder gebrauchen. Aber meine Kontodaten? Die gebe ich nie raus“, sagt sie. Geistesgegenwärtig würgt sie die Frau ab und googelt die Telefonnummer. 040 – aus Hamburg. Zur Kassenärztlichen Vereinigung gehört sie nicht.

Marlies Stuthmannn Ortsbürgermeisterin von Bramel, warnt vor einer neuen Telefon-Abzocke.

Marlies Stuthmannn Ortsbürgermeisterin von Bramel, warnt vor einer neuen Telefon-Abzocke. Foto: Nordsee-Zeitung

Es hätte auch die Krankenkasse sein können

Eigentlich ist Stuthmann bei unbekannten Telefonnummern – besonders bei denen mit 040 und 030 – sehr vorsichtig. Rund 25 solcher Nummern hat sie schon in ihrem Telefon gesperrt. 040 ist aber auch die Vorwahl der Techniker-Krankenkasse. „Die rufen häufiger an. Mein Mann ist schwerbehindert, das ist also gar nicht so ungewöhnlich.“

Stuthmann informiert die Polizei und über Soziale Medien auch ihre Kontakte. Das ist ihr ein Anliegen. Denn Missbrauch der Kassenärztlichen Vereinigung – so etwas „Reelles“ – wer denkt schon daran. Und wie oft geht die Post verloren? Die Überrumpelungstaktik hat gesessen.

Das rät die Verbraucherzentrale Niedersachsen

Genau diese Kombination aus vermeintlicher Seriosität und Überrumpelung gehört zum Ein mal Eins der Telefon-Abzocke, weiß Kathrin Bartsch von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Finanzamt, Agentur für Arbeit, selbst mit Anrufen von der Verbraucherzentrale versuchen Betrüger, Daten am Telefon zu erhaschen.

„Es gibt regelmäßig diesen Anschein der Seriosität, Institutionen mit Rang und Namen, die ich einzuordnen weiß.“ Doch das Gefühl von Sicherheit trügt. Mittlerweile ist es am Telefon kaum mehr möglich, Betrug von Nichtbetrug zu unterscheiden. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, mit der Stimmen von Familienmitgliedern nachgestellt werden können, macht es zusätzlich nahezu unmöglich, die Spreu vom Weizen zu trennen, sagt Bartsch. Deswegen hilft nur noch eine „ritualisierte Vorsicht“.


Fünf Tipps für mehr Sicherheit am Telefon

  • Bei unbekannten Nummern nicht rangehen.
  • Wenn Sie bereits im Gespräch sind, keine Daten preisgeben oder bestätigen.
  • Unterlagen schriftlich anfordern, mit dem Hinweis: Die Kontaktdaten liegen bereits vor.
  • Wenn Familienmitgliedern von unbekannter Nummer aus vermeintlichen Notsituationen anrufen, Ruhe bewahren. Meldet sich die Person zum Beispiel mit „Mama, ich bin‘s!“, antworten Sie zum Test mit einem Fantasienamen: „Felix, bist du es?“ – obwohl Ihr Kind eigentlich Lars heißt.
  • Wenn Sie ein Gespräch nicht einordnen können – und das könne man nur noch ganz selten: auflegen.

Das sagt die Polizei

Auch bei der Polizeiinspektion Cuxhaven sind solche Abzocken bekannt. Die Täter nutzten verschiedenste Maschen, um an Kontoinformationen oder andere Informationen zu Geld- bzw. Sachwerten zu gelangen. Darunter auch Banken, Bezahldienste im Internet. „Die Kontaktwege sind unterschiedlich und reichen von automatisierten oder persönlichen Telefonanrufen zu SMS, E-Mails und so weiter“, sagt Polizeisprecher Stephan Hertz.

Marlies Stuthmann hat auch bei WhatsApp schon die eine oder andere Fake-Nachricht erhalten. Betrugsversuche am Telefon hatte sie bis jetzt sofort entlarvt. „Ich war selbst erschrocken, dass ich erst so spät dahintergekommen bin.“ Ihr graut es vor den Möglichkeiten, die mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz kommen. „Dann kann man ja gar nichts mehr unterscheiden“, erkennt Stuthmann – und will ab sofort noch wachsamer am Telefon sein.

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