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Wohnungsmarkt

TNeue Sozialwohnungen: Es gibt sie wieder – auch in Stade

Das neue Gebäude mit 16 Sozialwohnungen steht im Stader Bullenhof.

Das neue Gebäude mit 16 Sozialwohnungen steht im Stader Bullenhof. Foto: Strüning

Diese Wohnungen benötigt der Markt dringend: Sozialwohnungen mit geringer Miete. 16 davon hat jetzt das Hamburger Ingenieurbüro GZ im Stader Bullenhof geschaffen. Sie würden dort gerne mehr bauen. Doch das geht nicht.

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Von Lars Strüning
Mittwoch, 10.07.2024, 07:38 Uhr

Stade. Osman Gömleksiz und Tolga Zurnaci haben sich auf den Bereich des sozialen Wohnungsbaus spezialisiert. Sie unterstützen Investoren dabei, wie sie bei der Planung und Finanzierung vorgehen können. Sie haben eine Internetplattform kreiert unter www.sozialer-wohnungsbau.de mit vielen sachlichen Informationen zum Thema. Und sie zeichnen und bauen selbst. So wie in Stade.

Sozialer Wohnungsbau muss nicht billig aussehen

Im Juni war ihr Mehrfamilienhaus am Bullenhof in Stade fertig. 16 Mietparteien finden durchaus ansprechende Wohnungen vor. Sozialer Wohnungsbau, auch das ist ein Credo des Duos, muss nicht billig daherkommen.

Die Unterkünfte sind zwischen 50 und 70 Quadratmeter groß, bieten zwei oder drei Zimmer, Balkon oder Terrasse, Fußbodenheizung und Fahrstuhl. Energie wird über Wärmepumpen geliefert. „Wir verwenden den neuesten Stand der Technik und legen viel Wert auf Nachhaltigkeit“, sagen die beiden. Bewusst haben sie dabei auf Keller und Tiefgarage verzichtet. Die Wohnungen fielen behinderten- und seniorengerecht aus. Dafür kann sich der Mietpreis sehen lassen.

Lediglich 6,40 Euro pro Quadratmeter werden fällig. Das hat einen guten Grund, denn der 4,5 Millionen Euro teure Bau wurde komplett von der öffentlichen Hand über die N-Bank finanziert. Zinsen fallen keine an, lediglich der Verwaltungsaufwand wird berechnet, so Gömleksiz und Zurnaci. Sie müssen zudem Auflagen erfüllen. Die Mieten blieben stabil über 25 Jahre, lediglich Anpassungen an die Inflation seien geduldet. Die erste Erhöhung sei nach drei Jahren möglich.

Begehrte Wohnungen: 85 Anfragen in 18 Stunden

Wie begehrt die Sozialwohnungen sind, merkten die Investoren, als sie die Anzeige zum Objekt veröffentlichten. Innerhalb von 18 Stunden liefen 85 Anfragen auf. Innerhalb von vier Tagen sei alles vermietet gewesen. Anspruch auf eine derart geförderte Sozialwohnung haben nur Menschen mit Berechtigungsschein, den die Kommune ausstellt.

Bei der Vermietung hätten die GZ-Ingenieure auf einen guten Mix geachtet. Alleinerziehende Mütter mit Kind, Senioren oder kleine Familien sind jetzt am Bullenhof, der von der Altländer Straße abzweigt, untergebracht. Das ist nicht gerade Stades erste Adresse, aber Gömleksiz und Zurnaci nehmen für sich in Anspruch, diese Ecke aufgewertet zu haben. Gern würden sie an Ort und Stelle noch ein zweites Gebäude mit 16 Wohnungen errichten. Das Grundstück gehört ihnen bereits. Sie werden aber ausgebremst.

Das Problem: Die Flächen am Bullenhof sind ein Mischgebiet, wo laut städtischem Bebauungsplan Wohnen und Gewerbe zulässig sind. Das Gelände, erklärt Stades Erster Stadtrat Lars Kolk, müsse ein breites Nutzungsspektrum anbieten und dürfe nicht einseitig belegt werden.

Keine Wohnungen mehr am Stader Bullenhof

Der Mix zwischen Wohnen und Gewerbe müsse 50:50 betragen. Bereits jetzt würden etwa zwei Drittel für Wohnungen genutzt. Weitere Genehmigungen verböten sich. „Dann handelt es sich um Etikettenschwindel“, sagt Kolk. Zudem müsse das dort bereits vorhandene Gewerbe geschützt werden. Er sagt aber auch: „Wir hätten gern diesen Wohnungsbau.“ Vielleicht dann an anderer Stelle.

„Wir brauchen sozialen Wohnungsbau“, sagt Osman Gömleksiz. Immer mehr Wohnungen fielen aus der Preisbindung, immer mehr bedürftige Menschen hätten Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Laut Berechnungen des Bündnisses für soziales Wohnen fehlten 2022 allein in Niedersachsen 100.000 bezahlbare Wohnungen, führt sozialer-wohnungsbau.de aus. Bis 2030 sollen in Niedersachsen 40.000 neue Wohnungen mit sozialer Bindung entstehen – so der Plan. Dafür ständen 1,7 Milliarden Euro zur Verfügung.

Die Wurzeln des sozialen Wohnungsbaus in Deutschland reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Das schnelle Wachstum der Städte und die Industrialisierung führten zu einem hohen Bedarf an Wohnraum. Die entstandenen Wohnverhältnisse waren oft schlecht, und es mangelte an Hygiene und Komfort. Um die Wohnsituation der arbeitenden Klasse zu verbessern, entstanden die ersten gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften.

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