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TNeue Spezialeinheit: So wappnet sich der Landkreis Stade für einen „Blackout“

Die Spezialeinheit „Blackout“ ist nicht nur bei Stromausfällen gefragt.

Die Spezialeinheit „Blackout“ ist nicht nur bei Stromausfällen gefragt. Foto: Matthias Bein/dpa

Damit bei einem großflächigen Stromausfall die Versorgung nicht zusammenbricht, stellt der Landkreis Stade einen Energiezug auf. Dutzende Feuerwehrleute stehen für den Ernstfall bereit. Landrat Seefried lobt sie - und übt Kritik am Land.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 08.11.2023, 19:10 Uhr

Landkreis. Mit Hilfe von mobilen Stromkraftwerken soll im Katastrophenfall unter anderem die Energieversorgung im Elbe Klinikum und der Digital-Funkmasten gesichert werden. Anfang des Jahres hatte der Kreis die Feuerwehren gebeten, eine „Elektro“-Spezialeinheit aufzustellen. „Mehr als 80 Kameraden - unter ihnen viele Elektriker - haben ihr Interesse angemeldet“, unterstrich Kreisbrandmeister Peter Winter bei der Dienstversammlung der Orts- und Gemeindebrandmeister der 92 Ortsfeuerwehren im Landkreis Stade im Gasthaus Meier in Estorf.

Landrat lobt Engagement der Feuerwehrleute

Die Spezialeinheit „Blackout“ soll allerdings nicht nur bei einem großflächigen Stromausfall - beispielsweise nach einem Hacker-Angriff oder bei einer Energie-Mangellage, einer Sturmflut und einer Schnee-Kastastrophe - ausrücken, sondern auch zur Unterstützung und Beratung der Einsatzleiter „bei komplexen Schadenlagen mit Elektrogefahren“ alarmiert werden. Das könnte ein Feuer in einem Umspannwerk, in einer Solaranlage oder einem Trafo in einer Industrieanlage sein, so Winter.

Zugführer des neuen Fachzuges „Energie“ ist Jens Westphal von der Ortsfeuerwehr Dollern, sein Stellvertreter ist Dennis Buck von der Ortsfeuerwehr Estorf. Im Januar 2024 wird der Fachzug Energie einsatzbereit sein. Winter und Landrat Kai Seefried lobten das Engagement zusätzlich zu den Einsätzen bei Unfällen und Bränden.

Blick in den Saal des Gasthauses Meier bei der Dienstversammlung der Orts- und Gemeindebrandmeister der 92 Feuerwehren im Landkreis Stade in Estorf.

Blick in den Saal des Gasthauses Meier bei der Dienstversammlung der Orts- und Gemeindebrandmeister der 92 Feuerwehren im Landkreis Stade in Estorf. Foto: Vasel

Neues Katastrophenschutzzentrum für 12 Millionen Euro

Der Landkreis stehe vor allem im Bereich des Katastrophenschutzes vor großen Herausforderungen, sagte Landrat Seefried. Um die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, wird es eine Social-Media-Kampagne zum Thema Selbstvorsorge geben. Im Arbeitskreis Krisenplanung werde im Kreishaus - unter Beteiligung der Kreisfeuerwehr - zurzeit ein Katastrophenschutzplan zum Thema „Energiemangellage“ erarbeitet.

Im neuen Jahr soll das zwölf Millionen Euro teure Katastrophenschutzzentrum des Landkreises in Stade-Ottenbeck in Betrieb gehen. Dort wird Material für den Ernstfall gelagert - von Zelten über mobile Tanks bis zu Notstromaggregaten - und ein zweites Lagezentrum vorgehalten.

Kritik am Ausbildungsnotstand bei Landesfeuerwehrschulen

Der Landrat lobte den Einsatz der knapp 4200 Feuerwehrleute. Stets seien diese zur Stelle, etwa bei der Unterstützung der Hilfstransporte in die Ukraine. „Das ist nicht selbstverständlich“, sagte Seefried (CDU). Er übte erneut Kritik an der rot-grünen Landesregierung. Das Innenministerium und das Niedersächsische Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz haben ohne Einbindung der Feuerwehr unter anderem den Truppführer-Lehrgang ab 2024 gestrichen. Die Ausbildung soll jetzt in den Feuerwehren selbst stattfinden.

„Ich erwarte, dass dieses Ehrenamt auf der Landesebene die Anerkennung findet, die es verdient“, sagte Seefried. Wieder einmal sei ein „Abwälzen von Landesaufgaben auf die kommunale Ebene und auf das Ehrenamt“ zu beklagen.

Zu wenig Angebote bei den Landesfeuerwehrschulen

Auch der Kreisbrandmeister übte Kritik. Die Reform der Ausbildung sei „hemdsärmlig“, die erhoffte Verbesserung sei „nicht eingetreten“. Es gebe weiter zu wenig Angebote bei den Landesfeuerwehrschulen, dabei hätte es durch das Streichen der Truppführer-Lehrgänge eine Kapazität von 6000 zusätzlichen Teilnehmertagen geben müssen. Außerdem gebe es keine bedarfsgerechten Angebote. Beispiel: Elf Lehrgänge für Technische Hilfeleistung stehen den Feuerwehren im Kreis Stade durch den Verteilungsschlüssel des Landes („blinde Zuweisungen“) zu, der tatsächliche Bedarf liegt bei 111.

Brandmeister: Kreisbrandmeister Peter Winter (rechts) gratuliert Ralf Lütjen (Oldendorf) und Jonas Schuldt (Apensen) zur Beförderung (von rechts).

Brandmeister: Kreisbrandmeister Peter Winter (rechts) gratuliert Ralf Lütjen (Oldendorf) und Jonas Schuldt (Apensen) zur Beförderung (von rechts). Foto: Vasel

Doch es komme noch schlimmer, so Winter: Lehrgänge für Geräte- und Atemschutzgerätebeauftragte, Absturzsicherung, Atemschutznotfalltraining und Hochwasserschutz („trotz Katastrophen wie im Ahrtal“) und Elektromobilität werden 2024 überhaupt nicht angeboten. Hinzu komme: Das Land setze verstärkt auf „Online-Module“ - etwa bei der Bekämpfung von Vegetationsbränden.

„Löschen lernen ohne Praxis, wie soll das gehen“, fragte der Kreisbrandmeister rhetorisch. Ohne gut ausgebildete Feuerwehrmitglieder gebe es auch keinen guten Katastrophenschutz, so Winter. Es gehe auch um die Gesundheit, sprich mehr Sicherheit beim Einsatz durch gute Ausbildung der Freiwilligen, so Seefried. Die CDU-Kreistagsfraktion will im Dezember eine Resolution zu dem Thema „Ausbildungsnotstand in den Landesfeuerwehrschulen“ einbringen.

3216 Einsätze haben die 92 Feuerwehren seit dem 1. November 2022 absolviert, das sind im Schnitt achteinhalb pro Tag. Winter kündigte an, nach dem Ablauf seiner Amtszeit im Sommer 2025 ausscheiden zu wollen.

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