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Elbdeich

TNeuer Schäfer wagt sich auf Krautsand ins Wolfsgebiet

Der junge Schäfer Daniel Reuscher mit seiner Hauptherde und zwei seiner vier Herdenschutzhunde auf dem Elbdeich auf Krautsand.

Der junge Schäfer Daniel Reuscher mit seiner Hauptherde und zwei seiner vier Herdenschutzhunde auf dem Elbdeich auf Krautsand. Foto: Katja Knappe

Die Schäferfamilie Mintert aus Nordrhein-Westfalen hat 2023 nach vier Jahrzehnten mehr als 1500 Schafe vom Elbdeich abgezogen. Seit zwei Wochen gibt es einen jungen Nachfolger. Warum Daniel Reuscher das Risiko nicht scheut.

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Von Katja Knappe
Sonntag, 31.03.2024, 09:50 Uhr

Drochtersen. Daniel Reuscher kommt aus Winsen/Luhe, ist 25 Jahre jung und hat sich gerade mit seiner Schäferei - circa 500 Schafen, vier Hüte- und vier Herdenschutzhunden - selbstständig gemacht. Mit seinen Tieren wird er nun im Auftrag des Deichverbands Kehdingen-Oste bis zum Spätherbst neun Kilometer Deich auf Krautsand und Asselersand pflegen. Zwei Wochen vor Ostern brachte Daniel Reuscher das Gros seiner Herde an die Elbe. Täglich versetzt er den Elektrozaun am Elbdeich um ungefähr 400 Meter. Aktuell grasen am Deich auf Krautsand etwa 350 Alttiere und 110 am Alten Deich in Dornbusch. Eine weitere kleine Herde hält Reuscher in Winsen/Luhe.

Nach schwierigem Winter froh auf dem Elbdeich

Mit Schafen hatte Daniel Reuscher schon seit seiner Kindheit zu tun. „Mein Opa, der hielt immer zehn bis 15 Schafe.“ Um die kümmerte sich der junge Daniel stets gern. „Irgendwann hatte ich 60.“ Zunächst machte Reuscher eine Ausbildung zum Fischwirt. Doch es zog ihn zu den Schafen. Er absolvierte in Niedersachsen und Hamburg eine Ausbildung zum Schäfer, bewarb sich beim Deichverband: „Ich war ja immer in der Nähe der Elbe. Das gefällt mir gut. Hier steht schönes Futter.“ Im Herbst 2023 stockte er seine Herde auf knapp 500 Tiere auf. Die meisten seiner Tiere sind Schwarzköpfige Fleischschafe, etwa 110 Tiere sind Leineschafe, eine bedrohte Haustierrasse. „Es war ein schwieriger Winter für die Schafe wegen der vielen nassen Flächen. Aber jetzt haben wir es geschafft und sind auf dem Deich angekommen“, sagt der junge Schäfer. „Ich freue mich auf den Sommer am Elbdeich.“ Er wird dieser Tage sein Schäfer-Domizil, ein Häuschen in Assel, das vom Deichverband zur Verfügung gestellt wird, beziehen.

Deichprämie im Verband Kehdingen-Oste angehoben

Ab Januar kamen die ersten Lämmer, „die Hauptlammsaison war bei mir im Februar“, erzählt der junge Schäfer. Jedes Schaf wirft ein bis zwei Lämmer. „Ich habe jetzt um die 500 Lämmer dabei“, erzählt Reuscher. Fünf müssen mit der Flasche groß gezogen werden - die versorgt Reuschers Freundin Merle, die in Winsen/Luhe die dritte kleine Schafherde betreut. Die weiblichen Lämmer wird Reuscher behalten, um seine Herde zu vergrößern, die männlichen werden im Sommer geschlachtet. Der Preis liege zurzeit bei über drei Euro pro Kilo Lebendlamm, das sei schon etwas besser als früher.

Die Lämmer in der Herde von Schäfer Daniel Reuscher auf Krautsand kommen nicht als Osterbraten auf den Tisch. Geschlachtet wird später.

Die Lämmer in der Herde von Schäfer Daniel Reuscher auf Krautsand kommen nicht als Osterbraten auf den Tisch. Geschlachtet wird später. Foto: Knappe

Der junge Schäfer zählt vor allem auf die Deichprämie, also der Entschädigung, die Schäfer in dieser Region vom Deichverband für die Deichpflege durch die Schafe erhalten. Reuscher kalkuliert mit circa 30.000 Euro jährlich. Der Deichverband Kehdingen-Oste hat die Höhe der Entschädigungen vor zwei Wochen leicht angehoben, alle betroffenen Schäfer würden davon noch „zeitnah informiert“, sagte Deichverbands-Geschäftsführerin Stephanie Wischkony auf Anfrage. Die Flächenprämien und Unterstützungen sind bei den Deichverbänden unterschiedlich geregelt. Die Beweidung durch Schafe, die mit ihren kleinen Hufen den Boden verfestigen und die Grasnarbe kurz halten, gilt nach wie vor als beste Art der Deichbewirtschaftung und als der maschinellen Deichpflege überlegen. An den Deichen in Kehdingen und an der Oste tragen zwischen 8000 bis 10.000 Schafe zum Hochwasserschutz bei.

Herdenschutzhunde verbellen Wölfe und Radler

Tierarztkosten, Transportkosten und die Betriebshaftpflichtversicherung von 2000 Euro schlagen bei Daniel Reuscher jährlich zu Buche. Monatlich kämen noch 200 bis 250 Euro fürs Hundefutter dazu: Vier Hütehunde und vier Herdenschutzhunde sind täglich zu verköstigen. „Die brauchen Hochleistungsfutter.“ Die Herdenschutzhunde - Kreuzungen aus Pyrenäen-Berghunden - leben in und mit der Schafsherde. Sie dienen vorrangig einem Zweck: dem Schutz vor Wolfsangriffen. „Die Anschaffung der Herdenschutzhunde wurde gefördert. Die Futterkosten nicht“, sagt Reuscher. Er fühlt sich sicher: Allein das Gebell und die Präsenz der Hunde schrecke Wölfe ab.

Allerdings lässt er nur seine Hauptherde von den Herdenschutzhunden bewachen, die kleine Herde am Alten Deich nicht: „Die ist zu nah an den Häusern, das mache ich wegen der Hunde nicht.“ Die Herdenschutzhunde blieben stets hinter dem Elektro-Zaun, ihrer Reviergrenze, versichert Reuscher. „Die sind fixiert auf das Netz.“

Damit das auch so bleibe, sollten Bürger keinesfalls versuchen, die Hunde zu füttern, appelliert der Schäfer. Radler mit oder ohne Hund, die unten am Deich unterwegs sind, werden jenseits des Zaunes von den Herdenschutzhunden mit Gebell begleitet. Bei Passanten ohne Hunde würden die Herdenschutzhunde schon in einigen Wochen nicht mehr reagieren, sagt Reuscher.

Kein Osterlammbraten

Das Lamm ist im Christentum ein Symbol für Jesus Christus. Der österliche Lammbraten hat Tradition. Die Lämmer von Schäfer Daniel Reuscher auf Krautsand kommen Ostern allerdings nicht auf den Tisch: Sie erreichen erst im Juni, Juli ihr Schlachtgwicht von 45 bis 50 Kilo. Weibliche Lämmer will Reuscher behalten, um die Herde aufzustocken. Er isst selbst gerne Lammbraten von den eigenen Tieren. Rezepte kennt er nicht: „Das macht meine Oma.“

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