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Flugzeugbau

TParadox: Gute Verkaufserfolge werden für Airbus zum Problem

Auch im Airbus-Werk in Finkenwerder läuft die Produktion auf Hochtouren.

Auch im Airbus-Werk in Finkenwerder läuft die Produktion auf Hochtouren. Foto: Marcus Brandt/dpa

Jetzt ist es bestätigt: Airbus muss seine Jahresziele korrigieren. Die Aktie des Flugzeugbauers stürzt ab. Was bedeuten das jetzt für die Beschäftigten in Finkenwerder?

Von Wolfgang Stephan Freitag, 28.06.2024, 07:16 Uhr

Finkenwerder. Airbus leidet unter dem eigenen Erfolg. Seit Monaten war die Welt beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern in Ordnung, während es beim US-Konkurrenten stetig bergab ging. Boeing steckt wegen der inzwischen monatelangen Pannenserie seiner Modelle 737 Max 8 und Max 9 in der größten Krise seiner Geschichte.

Im jahrelangen Konkurrenzkampf hatten die Europäer schon vor einem Jahr die Amerikaner abgehängt. Während Boeing im Jahr 2023 nur noch 1.456 Flugzeug-Bestellungen verzeichnen konnte, wurden bei Airbus 2.094 Flugzeuge bestellt.

Der Auftragsbestand lag zum Jahresbeginn bei 8.598 Fliegern, damit ist die Produktion in allen Werken rund um den Globus für mindestens zehn Jahre ausgelastet. Besonders die Bestellungen für die Jets der Airbus A320neo-Familie hatten im vergangenen Jahr ein Rekordniveau erreicht. Das wird jetzt zum Problem.

In der Konsequenz zog Airbus die Schrauben in der Produktion immer weiter an. Offizielle Produktionsraten nennen die Manager zwar nur ungefähr, doch Konzern-Betriebsratschefs Holger Junge sprach im Mai von „ca. 60 Maschinen“, die derzeit in den Werken Hamburg, Toulouse, Tianjin (China) und Mobile (USA) produziert werden.

Airbus: Die Gründe für die Korrektur der Ziele

Etwa die Hälfte davon wird in Finkenwerder endmontiert, derzeit arbeiten am Standort an der Elbe 18.000 Festangestellte, so viel wie noch nie zuvor. Die Produktionsrate sollte insgesamt bis 2026 auf 75 Flieger pro Monat steigen. Doch diese Zielzahl wird jetzt um ein Jahr auf 2027 verschoben.

„Bei Verkehrsflugzeugen hat Airbus mit anhaltenden spezifischen Problemen in der Lieferkette zu kämpfen, vor allem bei Triebwerken, Flugzeugstrukturen und Kabinenausstattung“, so die offizielle Verlautbarung von Airbus.

Primär die Probleme bei den beiden Triebwerkslieferanten für die A320-Flieger, sind der Grund für die das korrigierte Jahresziel: Statt der geplanten 800 sollen in diesem Jahr nur 770 Flugzeuge ausgeliefert werden. Auch die Gewinnprognose wurde gesenkt.

Probleme mit Triebwerkslieferanten

Vor allem der Triebwerkshersteller Pratt & Whitney, der etwa die Hälfte aller Airbus-Flieger ausrüstet, macht den Europäern Sorgen, denn der US-Lieferant hatte im Herbst vergangenen Jahres einen Rückruf gestartet, weil möglicherweise ein schadhaftes Pulvermetall verbaut worden sein könnte. 3.000 Triebwerke mussten und müssen überprüft werden.

Aber auch der zweite Hersteller, das französisch-amerikanische Unternehmen CFM, steckt jetzt hinter den Problemen, denn nach Insider-Informationen wollen die CFM-Manager die Triebwerkslieferungen an Airbus nicht signifikant erhöhen, um den Konkurrenten Boeing nicht zu verärgern.

Was bedeutet die korrigierten Ziele für die Beschäftigten?

Auswirkungen für die Arbeitnehmer sind nach Aussagen der Airbus-Verantwortlichen nicht zu erwarten, die Produktion ist völlig ausgelastet, ob zum Jahresende 30 Flieger weniger ausgeliefert werden, spielt dabei keine Rolle. „In der Produktion werden wir sicherlich weiter einstellen, aber nicht mehr in derselben Problematik“, hatte Christian Scherer, der zweite Mann in der Konzernspitze, in einem Abendblatt-Interview in der vergangenen Woche gesagt. In Kenntnis der aktuellen Lage, die er so skizziert hatte: „In Einzelfällen kann es vorkommen, dass uns Motoren für die Auslieferungen neuer, fertiggestellter Flieger fehlen.“

An den Börsen kamen die korrigierten Airbus-Ziele nicht gut an, die Aktie rutsche kräftig ins Minus, zumal die Gewinnprognose auch noch gesenkt wurde: Statt bis zu sieben Milliarden Euro Überschuss (vor Steuern und Zinsen) im laufenden Geschäftsjahr sollen nur noch etwa 5,5 Milliarden Euro Gewinn erwartet werden. Auch ein Luxus-Problem. (mkr)

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