TParty-Hit rassistisch missbraucht: Verbot von „L’amour toujours“ auch im Landkreis Stade?

Der Veranstalter des Elbstrandfestivals auf Krautsand ordnet an, dass der Song nicht gespielt wird. Foto: Umland
Auf dem Münchner Oktoberfest ist der Song „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino verboten. Der Hit, in dem es eigentlich um die Liebe geht, wird derzeit von Rassisten für ihre Parolen missbraucht. So gehen Veranstalter in der Region mit dem Song um.
Landkreis. Auf Sylt grölen junge Menschen zu „L‘amour toujours“ die Zeilen „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“. Bei mindestens einem Schützenfest in Niedersachsen kam es zu einem ähnlichen Vorfall. Der Staatsschutz ermittelt. Der hessische Musikverlag, der die Rechte an dem Lied hat, hat laut Medienberichten Strafanzeige erstattet.

Die Terrasse des Clubs Pony in Kampen auf Sylt. Hier hatten Party-Gäste zu Pfingsten rassistische Lieder gegrölt. Foto: Lea Sarah Albert/dpa
Gigi D’Agostinos Song mutiert in Deutschland zur rassistischen Hass-Hymne. Wie gehen die Veranstalter im Landkreis Stade mit den aktuellen Entwicklungen um? Unterschiedlich, von liberal bis konsequent.
Kein „L’amour toujours“-Verbot in Stade
Beim Altstadtfest in Stade zum Beispiel könnte der Song gespielt werden. „Wir werden das nicht verbieten“, sagt Dr. Andreas Schäfer als Geschäftsführer von Stade Marketing. Die städtische Gesellschaft organisiert die große Fete, die vom 14. bis zum 16. Juni in der City über die Bühne geht.

Altstadtfest in Stade am Fischmarkt: Was die Songauswahl angeht, fährt der Veranstalter die liberale Linie. Foto: Stade Marketing
„Ein Generalverbot finde ich schwierig“, sagt Schäfer. Er fährt lieber die liberale Linie. „Wir haben auch nicht das Publikum dafür.“ Wenn es doch zu Verfehlungen komme, seien die Ordner angewiesen, sofort einzuschreiten.
„In Buxtehude hat Rassismus keinen Platz“
In Buxtehude steht am kommenden Wochenende eine große Veranstaltungssause am Hafen an. „Die DJs werden bei Hanse Ahoi dieses Lied nicht spielen“, hat die Stadtverwaltung entschieden. Buxtehude sei eine weltoffene Stadt. Rassismus habe hier keinen Platz. „Dieses Lied ist mittlerweile zu oft zweckentfremdet worden. Außerdem ist davon auszugehen, dass DJs dieses Lied derzeit ohnehin nicht spielen“, heißt es zur Begründung

Die Veranstalter des Buxtehuder Altstadtfestes: „Zum Glück ist Buxtehude eher bunt.“ Foto: Weselmann
Mit Blick auf Großveranstaltungen wie das kurz bevorstehende Altstadtfest am zweiten Juni-Wochenende und das Weinfest im August will der Buxtehuder Altstadtverein vorbeugen. „Menschenverachtende Texte haben bei uns keinen Platz. Deshalb werden wir alle DJs noch einmal gezielt darauf aufmerksam machen, dass wir ‚L’amour toujours‘ hier nicht gespielt haben wollen“, erklärt Veranstaltungsmanager Nick Reinartz. „Zum Glück ist Buxtehude eher bunt und unser Publikum eigentlich anders drauf“, so seine Erfahrung.
Nicht erst seit dem Bekanntwerden der aktuellen Vorfälle ist Reinartz als Programmplaner sensibilisiert für das Thema. So steht in den Künstlerverträgen für die Reihe Straßenkunst auf dem Petri-Platz, die in Kooperation mit dem Kleinkunst-Igel veranstaltet wird, beispielsweise explizit: „Der Künstler ist in der Gestaltung seines Programms frei, ausgeschlossen sind rassistische und volksverhetzende Inhalte.“
Elbstrandfestival mit konsequenter Ansage
Auch Tim Sieb, Veranstalter der Elbstrandfestivals auf Krautsand und in Otterndorf, sorgt vor: „Ich werde anordnen, dass der Titel ‚L’amour toujours‘ bei uns nicht gespielt wird“, sagt er. Auch wenn der Titel selbst unproblematisch sei, „ich möchte vermeiden, dass irgendjemand da aufspringt und rechte Parolen dazu singt“.

Der Veranstalter des Elbstrandfestivals auf Krautsand ordnet an, dass der Song nicht gespielt wird. Foto: Umland
Als der Song vor längerer Zeit erstmals in die Schlagzeilen geriet, hatte Hendrik Teetz, Chef vom Studio 21 und der Eventfirma Party & more in Buxtehude, noch anders entschieden. Denn eigentlich sei „L’amour toujours“ eine riesengroße Hymne und das Publikum in seiner Diskothek überhaupt nicht so gepolt.
„Aber in Zukunft muss man das Lied aus meiner Sicht wenigstens vorübergehend weglassen“, macht er klar. Nachdem es so viral gegangen und damit omnipräsent sei, könnten einem die Nazi-Parolen schnell in den Kopf kommen und das wolle er auf gar keinen Fall. „Hoffentlich kann man das Lied irgendwann wieder spielen, ohne diese furchtbare Assoziation dabei.“
Garage: Toller Klassiker jetzt negativ behaftet
Die Betreiber der Buxtehuder Garage sehen das genauso. „Bis zu der Veröffentlichung des Sylt-Videos war das Lied ein vielversprechender Partyklassiker, den wir regelmäßig auf unserem Partyfloor gespielt haben. Seit dem Vorfall spielen wir den Song bis auf Weiteres nicht mehr“, so die Stellungnahme von Denise Kutlesa vom Garage-Team.
Und weiter: „Wir möchten nicht mit solchen Taten, die aktuell mit dem Lied behaftet sind, in Verbindung gebracht werden und wollen auf keinen Fall Gäste animieren, ihre eigenen Gesänge zu der Melodie zu erfinden. Wir finden es sehr schade, dass dieser tolle Klassiker nun so negativ behaftet ist.“
Winterball: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren ein
Mindestens ein Fall, bei dem ein Lied für rassistische Hetze missbraucht wurde, ist aus dem Landkreis Stade bekannt. Bei dem von Halepaghen-Schülern organisierten Winterball im Fährhaus Kirschenland hatte eine Gruppe am 5. Januar - kurz nach Mitternacht - „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gesungen. Der Staatsschutz bei der Polizeiinspektion Stade leitete Ermittlungen ein - wegen des Verdachts der Volksverhetzung.
TAGEBLATT-Kolumne
T Grölten Buxtehuder Gymnasiasten rassistischen „Ohrwurm“?
Die Schule arbeitete die Geschichte intern auf, in einem Rundbrief unterstrich die Schulleitung die freiheitlich-demokratische Grundhaltung des Gymnasiums mit Schülern aus 24 Nationen. Zwischenzeitlich habe die Staatsanwaltschaft Stade das Verfahren eingestellt. „Es konnte kein Täter ermittelt werden“, sagt Polizeisprecher Rainer Bohmbach.
Junge Leute singen Parolen in Otterndorf
Zuletzt leitete die Polizei Strafverfahren wegen Volksverhetzung ein, als am Dienstag vor einer Schule in Otterndorf etwa zehn Menschen zwischen 15 und 19 Jahren „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gesungen haben sollen.

Verbot des Liedes bei Schützenfesten? Das wurde von den Verantwortlichen beim Dachverband der Schützenvereine noch nicht diskutiert.
„Aufgrund der Aktualität“ konnte der Präsident des Bezirksschützenverbandes Stade, Jan Steffens, am Dienstag noch nicht sagen, ob ein Verbot des Liedes von Gigi D’Agostino in den Vereinen diskutiert wird oder ob Veranstalter mit ihren Bands reden. „Aber die Sensibilisierung ist grundsätzlich da“, sagt Steffens. Er hofft, dass die Schützenvereine skandalfrei bleiben. (db/sh/ing/bv/fen)
Wir finden es sehr schade, dass dieser tolle Klassiker nun so negativ behaftet ist
Denise Kutlesa vom Garage-Team