Nach Sylter Skandal-Video: Ausländerfeindliche Gesänge an Otterndorfer Schule

Die auf Sylt gegrölten rassistischen Parolen sorgten bundesweit für Schlagzeilen. Jetzt wurde die Polizei zu einer Otterndorfer Schule alarmiert: Dort haben Jugendliche ebenfalls lauthals ausländerfeindliche Lieder gesungen.
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Otterndorf. Schüler einer Otterndorfer Schulklasse hatten am Dienstagmittag gegen 12.30 Uhr die Polizei alarmiert, berichtet der Sprecher der Polizeiinspektion Cuxhaven, Stephan Hertz.
Sie meldeten den Beamten, dass mehrere Personen am ZOB des Schulzentrums lautstark Gesänge mit ausländerfeindlichem Hintergrund von sich gaben. „Auch die von anderen Vorfällen in ganz Deutschland bekannte Zeile ‚Deutschland den Deutschen, Ausländer raus‘ wurde hierbei mehrfach kundgetan“, sagt Hertz.
TAGEBLATT-Kolumne
T Grölten Buxtehuder Gymnasiasten rassistischen „Ohrwurm“?
Die Polizisten trafen vor Ort eine Gruppe von knapp zehn Jugendlichen und jungen Erwachsenen an. Die jungen Männer und Frauen waren zwischen 15 und 19 Jahre alt.
„Mindestens eine Person, ein 16-jähriger Jugendlicher, gab zu, den entsprechenden Ausdruck gesungen zu haben“, teilt der Cuxhavener Polizeisprecher mit. Weitere Personen hätten eine Beteiligung zumindest teilweise abgestritten oder wurden als Zeugen polizeilich erfasst.
Die Polizei hat gegen die Jugendlichen Strafverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet und bereits vor Ort eindringliche Gespräche mit allen Beteiligten geführt.
Werden die rassistischen Gesänge gefilmt?
„Ob der Vorfall durch die Personengruppe gefilmt und bereits ins Internet gestellt beziehungsweise über die sozialen Medien verbreitet worden ist, kann zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden“, so Stephan Hertz.
Eine starke Sensibilisierung, offene Aufklärungsarbeit, aber auch der klare Hinweis auf strafbares Verhalten seien gesamtheitliche Aufgaben aller beteiligten Institutionen und Behörden, sagt Michael Hasselmann, Leiter der Polizeiinspektion Cuxhaven.
„Schulen und Schulträger sowie Präventionsangebote, z. B. durch die Polizei, aber auch strafrechtliche Ermittlungen und gegebenenfalls juristische Konsequenzen müssen dazu führen, dass derartiges Verhalten konsequent unterbunden wird“, so Hasselmann weiter.
Gleichzeitig müsse es die vorrangige Aufgabe sein, gerade Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Tragweite eines solchen Verhaltens bewusst zu machen.
Rassismus-Eklat auf Sylt
Am Donnerstag war ein Video viral gegangen, auf dem zu sehen und zu hören ist, wie junge Menschen zur Melodie des mehr als 20 Jahre alten Party-Hits „L‘amour toujours“ von Gigi D‘Agostino rassistische Parolen grölen.
Scheinbar völlig ungeniert und ausgelassen singen sie „Deutschland den Deutschen - Ausländer raus!“. Ein Mann macht eine Geste, die an den Hitlergruß denken lässt. Von den Umstehenden scheint sich niemand daran zu stören.
Das Video sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Der Staatsschutz ermittelt. Mindestens zwei der Identifizierten verloren ihren Job.
Doch Sylt ist kein Einzelfall. Schon in den vergangenen Monaten gab es immer wieder Vorfälle, bei denen zu dem Lied Nazi-Parolen gerufen wurden. Gerade in Niedersachsen wurden in den vergangenen Tagen immer mehr Fälle von rassistischen Gesängen zu „L‘amour toujours“ bekannt.
Auf Sportplätzen und Schützenfesten, und bei Großveranstaltungen wie dem Hamburger Schlagermove wurden ähnliche Parolen gegrölt. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen.
Erste Veranstalter reagieren bereits: Wegen Umdichtungen mit rechtsextremen Textzeilen wollen die Veranstalter des Oktoberfests das Lied „L‘amour toujours“ vorsichtshalber gar nicht erst spielen.
Rassistische Parolen auf dem Winterball der Halepaghen-Schule
Wie im Januar bekannt wurde, werden auch im Landkreis Stade rechtsextreme Parolen zu dem Lied „L‘amour toujours“ von Gigi D‘Agostino skandiert. Auf dem Winterball der Halepaghen-Schule im Fährhaus Kirschenland sang eine Gruppe lautstark „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“.
Rechtsextremismus
Schickeria-Schock auf Sylt – Rassismus-Eklat um Partyvideo
Der Staatsschutz bei der Polizeiinspektion Stade ermittelte wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Mittlerweile wurde das Verfahren jedoch eingestellt.
Schulleiterin Bettina Fees-McCue distanzierte ihre Schule damals gegenüber dem TAGEBLATT „in aller Deutlichkeit von derartigen verfassungsfeindlichen Handlungen“. (set/dpa)