T„Patient Wald“: Wie steht es um die Bäume im Stader Nachbarkreis?

Wie gut geht es dem Wald im Kreis Cuxhaven? In Hainmühlen im Großenhainer Holz geht es manchen Baumarten schlecht. Foto: Hanke
Der Wald leidet unter dem Klimawandel. Auch im Cuxland sind die Folgen zu spüren. Trockenheit, höhere Temperaturen und Schädlinge machen nicht nur den Fichten im Kreis zu schaffen. Eine Bestandsaufnahme.
Kreis Cuxhaven. Deutsche Wälder leiden nach wie vor unter Trockenheit, höheren Temperaturen und dem Borkenkäfer. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte am Montag bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts 2023, nur noch jeder fünfte Baum sei vollständig gesund.
Die Anmerkungen Özdemirs zur Zahl der kranken Bäume bestätigt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen für den Landkreis Cuxhaven. „In den zurückliegenden Jahren haben Hitze- und Trockenstress, Borkenkäferbefall sowie Windwurf in den Waldstücken im Kreis Cuxhaven durchaus zu Schäden geführt“, so Sprecher Wolfgang Ehrecke.
Die Küstenregion habe jedoch den Vorteil, dass dort mehr Regen fällt als in anderen Landesteilen - kostbares Wasser, das dem Wald zugutekommt.

Ein Bild, das auch Revierförster Tobias Loewer zunehmend Sorgen bereitet. Man kann durch die Spitzen der Fichten den Himmel sehen. Gesunde Kronen sehen anders aus. Foto: Hanke
Schäden bei einem Großteil der Baumkronen
Mehr Regen im Herbst und Winter kann dem jährlichen Waldzustandsbericht zufolge die Schäden auf Dauer aber nicht mehr kompensieren. Der Wald hat sich nach den trockenen Jahren seit 2018 nicht erholen können. Die Folge sind deutliche Schäden bei einem Großteil der Baumkronen.
Unterwegs mit Revierförster Tobias Loewer in Hainmühlen im Großenhainer Holz sind Kronenschäden bei einigen Fichten deutlich zu erkennen. „Wegen der Hitze konnten nicht mehr alle Nadeln versorgt werden, sie wurden frühzeitig abgeworfen und können kein CO2 mehr speichern“, erklärt Loewer.
Die Fichte kann mit ihren flachen Wurzeln Stürmen besonders schlecht standhalten, wie einem Sturm in 2018, dessen Folgen im Großenhainer Holz heute noch zu sehen sind. Am Wegesrand liegen tote Fichten, in denen sich der Borkenkäfer eingenistet hat. Alle sechs bis acht Wochen kontrolliert Loewer seinen Bestand nach einem Schädlingsbefall.

Der Borkenkäfer ist hier am Werk. Von dem Bohrloch aus frisst er sich durch das Holz und legt seine Eier ab. Foto: Hanke
Bei höheren Temperaturen werden Insekten zur Gefahr
Die Schäden im vom Forstamt Harsefeld bewirtschaften rund 11.500 Hektar Wald halten sich laut Loewer abgesehen von einigen „Hotspots“ noch in Grenzen. In den für die Küstenregion typischen eher kleinen Waldstücken sei man von Zuständen wie im Harz weit entfernt.
Fichten haben sich laut dem Waldzustandsbericht 2023 leicht erholt, inzwischen schwächeln vor allem Buchen und Eichen, die besonders von Kronenschäden betroffen sind.
„Einiger meiner Eichen weisen ebenfalls Kronenverlichtung auf“, sagt Loewer. In anderen Teilen Niedersachsen gebe es bereits einzelne Wälder, in denen die Eiche im größeren Umfang abstirbt. Nicht nur Trockenheit bedroht diese Baumart, auch Schädlinge, die von höheren Temperaturen profitieren, gefährden den Eichenbestand.

Revierförster Tobias Loewer erkennt an der Rinde sofort, dass der Borkenkäfer den Baum befallen hat. Um den Wald zu retten, setzt der Revierförster auf den aktiven Umbau des heimischen Waldes und die Naturverjüngung, also das ständige Aussäen von Keimlingen. Foto: Hanke
Zustand des Waldes so katastrophal wie noch nie
Aus der Sicht Loewer ist es nicht übertrieben, von einem Waldsterben in Deutschland zu sprechen. Der Zustand des Waldes sei schlimmer als in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Während des Krieges hatten die Nazis den Wald zum Teil rücksichtslos zerstört, zum Beispiel um Autobahnen zu bauen.
Nachdem der Krieg verloren war, wurde Deutschland dazu verurteilt, riesige Mengen Baumstämme an die Westmächte zu liefern, wofür große Waldflächen geschlagen worden sind.
Aber wie lässt sich das Sterben des Waldes verhindern?
In diesem Jahr sollen 250 Millionen Euro eingeplant sein, „um den Wald gegen die Klimakrise zu wappnen“, verkündete Özdemir. Dass der Klimawandel ernsthaft angegangen werden muss, findet auch der Revierförster Loewer. „Wir werden in der Zukunft nicht Wasser zu jedem einzelnen Baum tragen können, um ihn vom Sterben zu bewahren.“
Der Wald müsse aktiv umgebaut werden, je nach Standort sei eine passende Mischung aus Laub- und Nadelbäumen entscheidend. Vor allem Baumarten, die gegen den Klimawandel gewappnet sind, müssten gefördert werden. Dazu gehörten zum Beispiel die Douglasie, die Roteiche aus Amerika, oder die Weißtanne.

Hier wird die amerikanische Roteiche gepflanzt, eine Baumart, die den neuen klimatischen Bedingungen trotzen kann. Foto: Hanke