Zähl Pixel
Seniorenheime

TPflegekrise: Noch eine Insolvenz im Landkreis Stade

Der Pflegedienst Stadt & Land wird vom DRK übernommen und zieht an den Hofacker um.

Der Pflegedienst Stadt & Land wird vom DRK übernommen und zieht an den Hofacker um. Foto: Richter

Die Krise fordert weitere Opfer: Der Pflegedienst Stadt und Land Stade GmbH ist insolvent. Während es für den Standort in der Hansestadt bereits eine Lösung gibt, laufen für die Einrichtung in Fredenbeck die Gespräche. Was bekannt ist.

author
Von Anping Richter
Donnerstag, 22.02.2024, 05:55 Uhr

Landkreis. Karin Corleis, Geschäftsführerin der Stadt und Land Stade GmbH, war zum 1. Dezember 2023 in ein vorläufiges Insolvenzverfahren gegangen. Zum 1. Februar 2024 wurde daraus ein richtiges Insolvenzverfahren. Betroffen sind davon die Bewohner und Mitarbeiter des ambulanten Pflegedienstes, dessen Zentrale bisher am Lerchenweg in Stade sitzt, und Bewohner und Mitarbeiter des früheren Convivo-Wohnparks in Fredenbeck.

Von der Insolvenz nicht betroffen ist die Pflegedienst Stadt und Land GmbH K. Corleis in Drochtersen: Dort geht laut Karin Corleis alles weiter wie gehabt. Doch auch für die Standorte Stade und Fredenbeck sieht es danach aus, dass es trotz der Insolvenz gut ausgehen könnte.

Verantwortlicher Insolvenzverwalter ist der Rechtsanwalt Dr. Gideon Böhm, der wie berichtet auch für das laufende Insolvenzverfahren des Stader Johannisheims zuständig ist. Er hält sich bedeckt und sagt, dass er „noch Verkaufsverhandlungen mit mehreren Parteien zur Übernahme der Betriebe in Stade und Fredenbeck“ führe. Bislang werden die Betriebe im Rahmen des Insolvenzverfahrens fortgeführt. Vorgesehen sei die Übertragung der Betriebe zum 1. März 2024.

In Stade übernimmt das DRK den Pflegedienst

In Stade ist klar, wie es weitergehen soll: Wie Uwe Lütjen, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands, auf Nachfrage bestätigt, übernimmt das DRK die etwa 20 Mitarbeiter des Pflegedienstes, sofern sie das wünschen, und mit ihnen auch den Stamm der Patienten. Diese sollen am Donnerstag darüber informiert werden. Sevgi Palaz, die Betriebsratsvorsitzende des Pflegedienstes, sagt: „Ich bin froh, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben und wir die Möglichkeit haben, als ganze Mannschaft weiterzuarbeiten und uns weiter um unsere Patienten zu kümmern.“

Es geht beim Pflegedienst um 80 bis 100 Patienten, weitere 200 Personen, die halbjährlich beraten werden sowie mehr als 200 Johanniter-Hausnotrufpatienten. Das bisherige Domizil am Lerchenweg, das von der Wohnstätte vermietet wird, wird der Pflegedienst räumen und auf das DRK-Gelände Am Hofacker umziehen und ihre Touren von dort aus abfahren. Wie Lütjen berichtet, haben sich die Mitarbeiter dort in der Kantine bereits mit ihren neuen Kollegen bekanntgemacht. Auch er sieht es als sehr positiv, dass die Betreuer mit ihrem Bezug zu den Patienten des Pflegedienstes bleiben können.

Fredenbecker Investor kommt Karin Corleis entgegen

Auch für den Wohnpark in Fredenbeck zeichnet sich eine Lösung ab. Wie Karin Corleis berichtet, ist mit der AIF Capital Group, dem Investmentfonds, der die Immobilie besitzt und managt, vereinbart worden, dass Corleis nicht mehr für Leerstand zahlen muss, sondern eine Nutzungsvereinbarung nur für die Räume abschließen kann, die sie tatsächlich auch nutzt. Noch sei der Vertrag nicht unterschrieben, aber es bestehe allerseits guter Wille.

Nach der Insolvenz von Stadt & Land könnte es für die Bewohner der Wohnanlage in Fredenbeck ab 1. März nahtlos weitergehen - mit neuer Firma und gleicher Leitung.

Nach der Insolvenz von Stadt & Land könnte es für die Bewohner der Wohnanlage in Fredenbeck ab 1. März nahtlos weitergehen - mit neuer Firma und gleicher Leitung. Foto: Martin Elsen www.nord-luftbilder

Unter diesen Bedingungen könne sie weitermachen und diesen Betriebsteil übernehmen - mit einer neuen Firma, der Pflegedienst Fredenbeck GmbH.

Laut Corleis haben Pflegedienste zurzeit ein Refinanzierungsproblem: „Hier wird viel gearbeitet, aber am Ende bleibt nichts übrig.“ Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (BPA), bei dem auch Corleis organisiert ist, sieht das Problem bundesweit und erklärt es so: Die Betriebskosten seien gestiegen, aufgrund von Energiekosten und Inflation sowie steigenden Personalkosten. So müssen Pflegekräfte seit September 2022 nach Tarif bezahlt werden.

Warum die Pflege Refinanzierungsprobleme hat

Auch der Mindestlohn schlägt zu Buche, beispielsweise bei Reinigungskräften. Dabei seien die Sachleistungsansprüche der Pflegebedürftigen gleich geblieben. Da zudem nicht alle Leistungen in der Pflege refinanziert werden und auch die Patienten wegen steigender Preise oft knapper bei Kasse sind, verzichten sie häufiger auf Leistungen, die sie selbst bezahlen müssen. Hinzu kommt der Personalmangel. „Die Fachkräfte können wir uns nicht backen“, sagt Karin Corleis.

Dabei waren Seniorenanlagen bis vor Kurzem noch ein Konzept, das viel Rendite versprach. Doch auch Investoren wie die AIF Capital Group merken, dass es schwieriger wird. Von den aktuell 78 Wohnungen im Betreuten Wohnen in Fredenbeck seien zurzeit nur 37 vermietet, von den fünf Wohngemeinschaften im Wohnpark zweieinhalb. Doch Corleis ist zuversichtlich, dass es bald mehr werden - dank eines neuen Konzepts. „Junges Wohnen“ heißt es und soll jungen Menschen mit Unterstützungsbedarf und Pflegegrad die Möglichkeit bieten, in einer WG mit anderen zu wohnen. Sie sei bereits mit einigen im Gespräch: „Es gibt Interessenten, die gerne einziehen würden.“

Weitere Themen

Weitere Artikel