TPlatz zehn: Wie dramatisch ist die Lage beim Buxtehuder SV?

Der BSV hat Personalprobleme: Nach dem Karriereende von Kalia Klomp stand zuletzt keine gelernte Spielmacherin im Kader. Foto: Jan Iso Jürgens/IsoluxX Fotografie (Archiv)
Ohne gelernte Spielmacherin und ohne Auswärtspunkte: Der Handball-Erstligist Buxtehuder SV steht ungewöhnlich weit unten in der Tabelle. Wohin steuert der Verein in seiner 35. Bundesliga-Saison?
Buxtehude. „Es war ein sehr schlechter Tag für uns“, sagte Trainer Dirk Leun nach dem 18:29-Debakel vor etwas mehr als einem Monat in Blomberg, der dritten Niederlage im vierten Spiel. Manager Peter Prior war nach dem Auftritt besorgt. Der BSV im Krisenmodus?
Einen Monat später sitzt Prior in der Geschäftsstelle in der Viverstraße und zieht eine gemischte Bilanz. Acht Spiele sind absolviert - der BSV steht zur derzeitigen WM-Pause auf Rang zehn, hat drei Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze. „Natürlich kann man sich wundern, dass Buxtehude so weit unten steht. Aber wir wussten, dass es nicht einfach wird“, sagt Prior.
Der Manager blickt auf die einzelnen Spiele. Drei Heimsiege stechen dabei heraus sowie vier nicht ganz unerwartete Auswärtsniederlagen. In Oldenburg und Blomberg ging der BSV unter, Prior ärgerte sich über die Auftritte. In Metzingen sah es schon besser aus, am Samstag beim Thüringer HC war man chancenlos.
„Wir sind einigermaßen im Soll“, sagt Prior. Dass es auswärts noch nicht zu einem Punkt reichte, sei nicht dem Trainer anzulasten, sondern der personellen Situation geschuldet. Dirk Leun, seit 2008 im Amt, sitzt fest im Sattel.
BSV peilt Platz im gesicherten Mittelfeld an
Manager und Trainer haben genug Erfahrung, mit solchen Situationen umzugehen. Aber sie wissen auch, dass diese Saison keine normale ist. Am Ende werden drei Mannschaften absteigen, weil die Liga verkleinert wird. Und in Buxtehude will man auch im 36. Jahr nach dem Aufstieg erstklassig sein. Der Verein strebt das gesicherte Mittelfeld an.
Doch das wird nicht einfach. Denn wie in der Vorsaison hat der BSV eine ganze Reihe von Ausfällen zu beklagen. Abwehrspezialistin Liv Süchting ist an Krebs erkrankt. Durch das Karriereende von Kalia Klomp (Rückenprobleme) während der laufenden Saison hatte der BSV in den letzten Wochen keine gelernte Spielmacherin im Kader.
Denn auch die Rückkehr von Sinah Hagen nach einer schweren Knieverletzung verzögerte sich zuletzt immer wieder. Mit ihrem Comeback ist nach der WM-Pause zu rechnen - und noch später mit ihren Positionskolleginnen Maja Schönefeld und Mia Lakenmacher, die sich beide einen Kreuzbandriss zugezogen hatten. Und wie in der Vorbereitung fehlte in den letzten beiden Spielen auch Trainer Dirk Leun aufgrund einer Erkrankung.

BSV-Manager Peter Prior. Foto: Jan Iso Jürgens/IsoluxX Fotografie (Archiv)
BSV setzt auf die eigene Jugend
Personelle Verstärkungen für den Rest der Saison schließt Prior schon aus finanziellen Gründen aus. „Das Budget ist ausgereizt und ich habe Vertrauen in unsere Mannschaft“, sagt er. Im Notfall muss der BSV also improvisieren, wie zuletzt, als Linksaußen Cara Reiche zur Spielmacherin umfunktioniert wurde. Der Vertrag mit der Niederländerin Kalia Klomp soll demnächst wohl aufgelöst werden.
Doch wie wird der dezimierte Kader die Belastung verkraften? Und wenn weitere Spielerinnen ausfallen? Prior sieht das nicht so dramatisch. „Wir haben keine Spielerin, die in der Nationalmannschaft total beansprucht wird, und wir sind weder im Pokal noch international vertreten.“ Und dann ist da ja noch die eigene Jugend.
Der BSV leistet seit Jahren ausgezeichnete Nachwuchsarbeit, hat Handballerinnen wie Emily Bölk und Annika Lott zu Nationalspielerinnen gemacht. Im sogenannten Juniorteam, das die A-Jugend-Bundesliga- und Drittliga-Mannschaft speist, stehen einige Talente, die bereits mit dem Bundesliga-Team trainieren. Erst am Wochenende gaben Lilli Frey und Lea Liebetrau wegen des Personalmangels ihr Bundesliga-Debüt gegen den Thüringer HC.
Wie sich der Verein künftig behaupten will
Doch der Konkurrenzdruck in der Liga und im Rennen um die größten Talente nimmt zu. „Das ist natürlich gut für den Frauenhandball“, sagt Prior. Allerdings will der BSV, der vor einigen Jahren noch um die Meisterschaft mitspielte, den Anschluss nicht verlieren.
Helfen sollen einige kostspielige Projekte wie das Wohnheim für die Talente, das im kommenden Jahr bezogen wird, oder die neue Sporthalle, die 2025 fertiggestellt sein soll und nach den Vorstellungen des Vereins um einen zwei Millionen Euro teuren Anbau für die Handballerinnen erweitert werden soll. „Wenn man das alles zusammennimmt, hat man hier exzellente Bedingungen“, sagt Prior.
Und wo steht der BSV in fünf Jahren? „Ich hoffe, dass ich dann nur noch von außen zuschaue und dass es eine gute Infrastruktur gibt, damit sich der Handball hier gut und stabil entwickeln kann“, sagt Prior, der das Rentenalter bereits erreicht hat. Wann er aufhören wird, steht aber noch nicht fest.