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Naturphänomene

TRiechen, tasten, schmecken: Der Entenschnabel ist ein Präzisionsinstrument

Die Stockente gründelt im Wasser.

Die Stockente gründelt im Wasser. Foto: Paulin

Riechen, Hören, Tasten, Sehen und Schmecken: Das sind die fünf Sinne, mit deren Hilfe Menschen ihre Umwelt wahrnehmen. Vogelschnäbel können noch viel mehr.

Von Wolfgang Kurtze Donnerstag, 25.12.2025, 13:55 Uhr

Landkreis. Bei Vögeln ist der Schnabel ein extrem wichtiges Organ, mit dessen Hilfe sehr viele Sinneseindrücke aufgenommen werden können. Das überrascht, denn der harte Vogelschnabel scheint auf den ersten Blick ein mechanisches Werkzeug zu sein: etwa zum Beißen, Hacken, Hämmern oder Knacken.

Aber Vogelschnäbel können viel mehr. Ein Paradebeispiel dafür, wie präzise und empfindsam mit einem Schnabel gearbeitet werden kann, ist der Schnabel einer Stockente.

Beobachten wir sie auf der Schwinge oder der Este: Bei der Suche nach Nahrung gründelt sie kopfunter im Wasser. Oft sieht sie nicht viel, denn das Wasser kann während der Nahrungssuche aufgewühlt und trüb sein. Die Stockente stört das nicht, denn auf der Oberfläche des Schnabels hat sie viele kleine Sinneskörperchen. Mit deren Hilfe kann sie innerhalb von Millisekunden schon eine Vorauswahl treffen, ob es an dieser Stelle genügend Nahrung geben könnte. Lohnt es sich, dann sammelt die Stockente mit dem Wasser eine Menge Schlamm im Schnabel, vielleicht auch Steinchen und Essbares.

Lamellen am Schnabelrand helfen zu trennen

Das können Pflanzenteile oder Wasserschnecken sein. Um das Brauchbare vom Unbrauchbaren zu trennen, helfen ihr kleinste Lamellen am Schnabelrand, durch die das Wasser und der schlammige Matsch abfließen können.

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Zurück bleibt das grobe Material. Auch hier muss sortiert werden: Die Steinchen zum Beispiel müssen raus aus dem Schnabel. Diesen Job übernehmen bei der Stockente die Rezeptoren für Tastsinn. Sie sitzen innen an der Schnabelspitze. Sie helfen, Leckerbissen wie Würmchen oder kleine Schnecken von Steinchen zu trennen.

Enten riechen mit dem Schnabel

Versuche an Stockenten zeigten: Mit Hilfe des Tastsinns können Enten blitzschnell zwischen essbaren Erbsen und Plastikkügelchen gleicher Form und Oberfläche unterscheiden. Ob nun die aufgenommene Nahrung mundet oder eklig schmeckt, wird bei Enten nicht mit Hilfe der Zunge unterschieden. Auch das erledigt der Schnabel.

Ein Vogelschnabel wie der einer Stockente ist ein hochsensibles Werkzeug. Sogar das Riechen ermöglicht er und kann das viel besser, als Wissenschaftler das lange Zeit glaubten. Dazu dienen Rezeptoren in den Schnabellöchern. Schmecken, tasten, riechen - alles das ermöglicht das Multifunktionsorgan Entenschnabel.

Watvögel stochern mit Präzisionsinstrument

Bei manchen Vögeln ist das Präzisionsinstrument noch weitaus empfindsamer. Watvögel können ihren Schnabel in den Sand stecken und erkennen dabei blitzschnell, ob sich im Sand Fressbares finden lässt: zum Beispiel Würmchen, kleine Muscheln oder Minikrebse. Die mikrokleinen Erschütterungen, die Lebewesen im Wattboden hervorrufen, werden bemerkt. Dann wird der Schnabel zielgenau auf die Nahrung gerichtet, vielleicht noch einmal und noch präziser in den Boden gesteckt - und happs, schon ist der Leckerbissen im Schlund.

Dabei müssen Watvögel nicht den gesamten Schnabel öffnen. Es reicht, die bewegliche Schnabelspitze zur Nahrungsaufnahme kurz zu weiten. Watvögel verschaffen sich mit ihrem Tastsinn ein räumliches Bild vom Boden. Schnell entscheiden sie sich, ob sie an diesem Ort zum Fressen verweilen. Oder, wenn sich nichts im Boden regt, rasch weiterzufliegen.

Buch und Serie

Was kreucht und fleucht in der Region? Wolfgang Kurtze, Vorsitzender der Lions-Naturschutz-Stiftung, schreibt über Phänomene und Kuriositäten in der Natur. Das TAGEBLATT veröffentlicht die Artikel des promovierten Biologen in loser Reihenfolge. Die erfolgreiche TAGEBLATT-Serie „Phänomene der Natur“ rückt kurzweilig Wissenswertes aus der Natur in den Mittelpunkt. Der zweite, reich illustrierte Band von Wolfgang Kurtze ist für 19,90 Euro im Buchhandel erhältlich. Herausgeber ist die Lions Stiftung Stade zur Förderung des Natur- und Umweltschutzes.

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