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TSchiedsrichter Bahr wieder mehr auf Bezirksebene im Einsatz – mit neuer Regel

Schiedsrichter Felix Bahr holte sich Stades Kapitän Luca Dammann nach dessen Foul an Hedendorfs Sören Hüttmann zum Gespräch heran.

Schiedsrichter Felix Bahr holte sich Stades Kapitän Luca Dammann nach dessen Foul an Hedendorfs Sören Hüttmann zum Gespräch heran. Foto: Bröhan

Die Regel, dass nur der Kapitän einer Mannschaft mit dem Schiedsrichter reden darf, wurde eingeführt. Wie klappt die Umsetzung? Das Bezirkspokalspiel in Hedendorf hatte einen erfahrenen Schiri, der erst in der zweiten Hälfte „Spaß“ hatte.

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Von Jan Bröhan
Sonntag, 21.07.2024, 21:04 Uhr

Landkreis. Felix Bahr leitete in dem Bezirkspokalspiel zwischen den VSV Hedendorf/Neukloster und dem VfL Güldenstern Stade sein erstes Spiel mit der neuen Regel, dass nur noch die Kapitäne mit dem Schiedsrichter sprechen dürfen.

Diese Regel wurde bei der EM erstmals eingesetzt, als gut befunden, und nun auch vom DFB übernommen. „Es wird eine Frage der Umsetzung sein“, sagte der erfahrene Bahr vor dem Spiel. Die Spieler werden sich daran erst gewöhnen müssen.

Er glaube nicht, dass sich sofort etwas an der Umgangsweise verändern beziehungsweise verbessern werde. So Bahrs Einschätzung vor dem Derby.

Die große Mehrheit an der Basis begrüßt die neue Regel, die bei der EM vor allem die kritisierten Rudelbildungen um den Schiedsrichter verhinderten. Es werden für den Amateurbereich aber Zweifel formuliert. Wie werden sich Kreisklassen-Kicker darauf einlassen? Wie setzen es eher unerfahrene Schiedsrichter um?

Das Derby nimmt aus Schiri-Sicht erst in Hälfte zwei Fahrt auf

In der torlosen ersten Halbzeit zwischen den beiden Topteams der kommenden Bezirksligasaison muss Bahr kaum seine Pfeife benutzen. Zweikämpfe werden bei viel Ballgeschiebe kaum geführt. Wenn es zu leichten Foulspielen kommt, nimmt der Übeltäter dies hin und trottet davon.

Nach etwa 30 Minuten will sich Stades Stürmer Fynn Linzer nach einem geahndeten Foul von ihm beschweren. Bahr geht energisch auf ihn zu, sagt: „Hör auf mit dem Scheiß.“ Seine Gestik, er breitet beide Arme gestreckt nach außen aus, bedeutet Linzer zusätzlich, still zu sein.

Der Stürmer sagt nichts und geht kopfschüttelnd weg. „Im Kreis kennt man sich, die Spieler kennen mich“, sagt Bahr, „aber ein 18-jähriger Schiedsrichter, der gerade in den Bezirk aufgestiegen ist, kann so etwas nicht sagen.“

Nach einem Foul von Stades Kapitän Luca Dammann an Hedendorfs Sören Hüttmann beordert Bahr den davongeeilten Dammann zu sich und dem am Boden liegenden Hüttmann. Der Schiedsrichter und die Spieler sprechen miteinander. Dann hilft Dammann Hüttmann auf die Beine. Mehr war für Bahr nicht zu tun.

Die Spieler wurden informiert und sensibilisiert

„Die zweite Hälfte hat dann wesentlich mehr Spaß gemacht“, sagt Bahr. Er möchte bei einem Einsatz auch agieren können, ein Spiel in die richtige Bahn leiten. Das Duell wird vor allem nach der 1:0-Führung für Gastgeber Hedendorf hitziger und hektischer. Bahr zeigt drei Gelbe Karten. Auch von Außen, nicht von den Trainern, werden Fouls lautstark kommentiert, Karten gefordert. „Das blende ich komplett aus“, sagt Bahr.

Er muss jetzt mehr sprechen, mehr Fouls ahnden, einmal muss er zwei Streithähne auseinanderbringen. Insgesamt ist das Spiel aus Schiedsrichter-Sicht aber harmlos, vor allem für einen so erfahrenen Schiri. „Man musste die neue Regel gar nicht erwähnen oder hat sie nicht gemerkt“, sagt Bahr.

VSV-Trainer Björn Stobbe hatte seine Mannschaft vor dem Spiel noch einmal explizit auf die neue Regel hingewiesen. Nachdem die offizielle Information vom Verband an die Vereine gegangen war, scherzten die Hedendorfer, dass sie eigentlich Sören Hüttmann zum Kapitän machen müssten.

Stades Trainer Matthias Quadt hatte vor dem Spiel nichts mehr zur neuen Regel gesagt. Die Mannschaften wurden schon vor einer Woche darauf hingewiesen. Stobbe und Quadt begrüßen die Umsetzung. „Dann können sich alle mehr auf den Fußball konzentrieren“, sagt Quadt

Die ganz große Bühne musste er vor dieser Saison verlassen

Felix Bahr hat sechs Jahre lang in der Regionalliga Nord gepfiffen. 2018 war er mit 23 Jahren aufgestiegen. Zwei, drei Jahre leiten Schiedsrichter in der Regel Spiele in einer Liga, um dann weiter aufsteigen zu können. Bahr sagte schon damals, dass die Regionalliga sehr wahrscheinlich das Ende der Fahnenstange für ihn sei. „Ich hätte mit Glück noch als Assistent in die 3. Liga aufsteigen können“, sagt er.

Daraus wurde nichts. Vor dieser Saison hat er erfahren, dass er zu den Streichkandidaten in der Regionalliga gehört. „Im ersten Moment war ich natürlich enttäuscht, aber ich habe das ziemlich schnell erwachsen hingenommen“, sagt der 29-Jährige. Der NFV stellte 20 Schiedsrichter in der Regionalliga Nord. Zu viele. „Wir kamen im Schnitt nur auf acht Einsätze“, so Bahr. Das sei zu wenig.

Deshalb wurden sechs Plätze nun gestrichen. Vier Schiedsrichter hörten sowieso auf, zwei wurden gestrichen. Bahr gehört dazu. Auch altersbedingt, weil er keine Aufstiegschance mehr hat.

Ein Schiri muss es bis mindestens 28 Jahre in die Bundesliga schaffen, will er beispielsweise vom DFB für die Fifa-Liste gemeldet werden.

Dafür darf man nicht älter als 32 Jahre sein. „Es wird in dem System sehr aufs Alter geachtet“, sagt Bahr. Ein 23-Jähriger steige mit einem schlechteren Notenschnitt eher auf als ein 29-Jähriger.

Für ihn beginnt ein neuer Lebensabschnitt

Bevor Bahr in die Regionalliga aufgestiegen war, leitete er vier Jahre lang Oberligaspiele. Das wird er jetzt noch eine Weile machen. In naher Zukunft sieht er sich dann als Assistent auch wieder in der Regionalliga, weil er junge Kollegen mit seiner Erfahrung unterstützen will, so der Schiedsrichter der SV Ahlerstedt/Ottendorf.

Privat verändert sich bei ihm in diesem Jahr ebenso viel, deshalb war der sportliche Rückschritt auch gar nicht so wild. Er heiratet im August. Er macht seinen Meister im Obstbau. Er übernimmt einen Hof. Es steht also eine Art neuer Lebensabschnitt an.

Die sechs Jahre in der Regionalliga seien eine „geile Zeit“ gewesen. „Große Kulissen, namhafte Vereine, Ex-Profis“, zählt Bahr auf. Das habe ihn schon noch einmal geprägt und in seiner Persönlichkeit weiter entwickelt.

Das Testspiel zwischen D/A und dem HSV war kürzlich noch einmal ein Highlight für Felix Bahr.

Das Testspiel zwischen D/A und dem HSV war kürzlich noch einmal ein Highlight für Felix Bahr.

„Die erfahrenen Spieler wissen, wie das Geschäft läuft, kennen alle psychologischen Tricks – sich auf der Ebene durchzusetzen, ist eine andere Nummer“, sagt Bahr. Als HSV-Fan erlebte er gerade noch ein Highlight, als er das Testspiel zwischen D/A und dem HSV leiten durfte.

Jetzt wird Bahr wieder verstärkt auf Bezirksebene unterwegs sein. In seinen Spielen wird es selten zu großen Aufregern kommen. Die Spieler kennen ihn - und die neue Regel.

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