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Landgericht Stade

T92-Jähriger ausgeraubt: Urteil gefallen – aber wo ist die Beute?

Vor dem Landgericht Stade fiel jetzt im Raubprozess das Urteil gegen eine 33-jährige Bremerin.

Vor dem Landgericht Stade fiel jetzt im Raubprozess das Urteil gegen eine 33-jährige Bremerin. Foto: Landgericht

Eine 33-Jährige bringt den Senior aus Hechthausen um ein riesiges Vermögen. Bargeld und Gold bleiben spurlos verschwunden. Die Angeklagte gibt sich in Stade als Opfer.

Von Christian Mangels Dienstag, 18.02.2025, 12:10 Uhr

Stade/Hechthausen. Niedergeschlagen, aber höflich lächelnd, saß die Angeklagte neben ihrem Verteidiger, während das Landgericht Stade am Montagmittag sein Urteil verkündete: Weil sie einen 92-jährigen Rentner aus Hechthausen ausgeraubt hat, muss die 33-jährige Bremerin für zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Das Gericht blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten gefordert hatte.

Das Gericht ist sich sicher, dass die Angeklagte im März 2023 als „Abholerin“ für ein Betrüger-System gearbeitet hat, das telefonisch als falsche Polizisten auftritt und gezielt Senioren mit Schocknachrichten um deren Wertsachen bringt. Die abgeholte Beute hatte in diesem Fall einen beachtlichen Wert: 90.000 Euro in bar und zwei Kilogramm Gold im Wert von mehr als 110.000 Euro sind aus dem Haus des Rentners verschwunden und bis heute nicht wieder aufgetaucht.

Das fünfköpfige Gericht aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffen sah es als erwiesen an, dass die angeklagte Bremerin dem Rentner die Wertsachen abgenommen und ihn - wahrscheinlich durch Zuhalten der Tür - eingesperrt hat. Es habe ein Gerangel gegeben. Ob die Frau den 92-Jährigen auch geschlagen hat, ließ sich nicht zweifelsfrei klären. Das Gericht nahm der Angeklagten nicht ab, dass sie die Tat komplett „ferngesteuert“, telefonisch gelenkt von ihrem Auftraggeber, begangen hat. Es habe mehrfach die Möglichkeit gegeben, abzubrechen.

Beteiligung an der Tat von Beginn an eingeräumt

Die 33-jährige Frau hatte ihre Beteiligung an der Tat von Beginn an eingeräumt. Nach ihren Angaben seien ihr 1000 Euro für die „Abholung“ der Wertsachen über den Nachrichtendienst Telegram angeboten worden. Der unbekannte Auftraggeber habe telefonisch Druck aufgebaut und ihr mit Gewalt gedroht, wenn sie den Auftrag nicht ausführen würde.

Die Tasche mit den Wertsachen habe sie aus Panik in einem Wald abgesetzt, statt sie - wie vereinbart - in Bremen abzuliefern. Daraufhin habe der Auftraggeber sie bei der echten Polizei verraten. Die 1000 Euro habe sie nie erhalten.

Verteidiger beschreibt Mandantin als „naive Persönlichkeit“

Über ihren Anwalt hat die Bremerin, die Bauingenieurwesen studiert hat, bereits eine Schadenswiedergutmachung in Höhe von 10.000 Euro an das Opfer gezahlt. Ihr Verteidiger beschrieb seine Mandantin als naive Persönlichkeit, auf die man aufgrund ihrer Leichtgläubigkeit eigentlich Jugendstrafrecht anwenden müsse. „Sie ist eine unbescholtene Bürgerin, die in etwas hineingeraten ist, was dann völlig aus dem Ruder gelaufen ist.“

Der Verteidiger plädierte für einen „minder schweren Fall“ des Raubes, hielt eine Bewährungsstrafe für angemessen und beantragte, von der Einziehung des Taterlangten abzusehen. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht und ordnete die Einziehung von 180.538 Euro an. Eine Bewährungsstrafe hielten die Richter aufgrund des hohen Schadens und der psychischen Folgen für das 92-jährige Opfer für nicht vertretbar.

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