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Olympische Spiele

TSo feierten Experten aus der Region deutsche Medaillen

Was sagen die Experten aus der Region zum Abschneiden der Deutschen bei Olympia? Zum Beispiel zur Medaille der Staffel-Frauen.

Was sagen die Experten aus der Region zum Abschneiden der Deutschen bei Olympia? Zum Beispiel zur Medaille der Staffel-Frauen. Foto: Sven Hoppe/dpa

Die Olympischen Spiele in Paris begeisterten. Die deutschen Medaillensieger sowieso. Ob im Basketball, Springreiten oder in der Leichtathletik - die hiesigen Experten fieberten mit und waren begeistert. Ein Fazit.

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Von Lars Wertgen,
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Von Jan Bröhan,
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Von Daniel Berlin
Dienstag, 13.08.2024, 05:50 Uhr

Leichtathletik

Vier Medaillen sprangen für die deutschen Athleten in einer der Kernsportarten der Olympischen Spiele heraus. Die Trainingsbedingungen in der deutschen Leichtathletik werden seit Jahrzehnten kritisch gesehen.

Die Stader Leichtathleten waren begeistert von der Ästhetik, Dynamik und Schnelligkeit bei Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye.

Die Stader Leichtathleten waren begeistert von der Ästhetik, Dynamik und Schnelligkeit bei Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye. Foto: Michael Kappeler/dpa

„Das Trainingssystem und das System der Rekrutierung ist in anderen Nationen wesentlich besser“, sagt Guido Clostermann, Trainer beim VfL Stade.

Könnten die deutschen Athleten auch ohne wirtschaftliche Sorgen und unter besseren Bedingungen trainieren, würden sie auch mehr Erfolge erzielen, so Clostermann.

Guido Clostermann.

Guido Clostermann. Foto: Archiv

Die vier Erfolge sehen er und sein Trainerkollege Friedhelm Hoefer aber sehr positiv. Begeistert sind sie von Yemisi Ogunleye, die Gold im Kugelstoßen geholt hat. „Die Mischung aus Qualität und Gläubigkeit, worauf ihr Vertrauen beruht, ist toll“, sagt Clostermann.

Hoefer erfreute sich sehr an ihrem Gospelsong bei der Pressekonferenz: „Beeindruckend.“ Auch, dass sie die Ästhetik, Dynamik und Schnelligkeit in den Wettkampf zurückgebracht hat. „Ihre Drehstoßtechnik müssen wir unseren Athletinnen auch beibringen“, sagt Hoefer.

Friedhelm Hoefer.

Friedhelm Hoefer. Foto: Stephan

„Ein Highlight“ sei Bronze für die weibliche 4x100m Staffel gewesen. „Das ist ein eingespieltes Team und da hat alles gepasst“, sagt Clostermann. Die Einzelzeiten der Gegnerinnen seien besser, so Hoefer, aber Gina Lückenkemper und Co. haben ein „grandioses Rennen“ abgeliefert.

Weitsprung-Königin Malaika Mihambo holte Silber unter schwierigen Umständen. „Corona ist eine fiese Geschichte“, sagt Hoefer über ihre Vorerkrankung. Das habe sicherlich entscheidende Zentimeter gekostet. Er und Clostermann finden es „großartig“, wie sie alles versucht hat und noch abgeliefert hat.

Zehnkämpfer Leo Neugebauer verpasste nach Führung am zweiten Wettkampftag Gold und holte Silber. „Ich bin mir sicher, er wollte Gold, er hat aber am zweiten Tag nüchtern betrachtet zu viele Punkte verloren“, so Hoefer.

Er hätte nicht gedacht, dass Neugebauer noch verliert. Hoefer und Clostermann bescheinigen dem Goldsieger „einen Ausnahmetag“, an dem er „über sich hinausgewachsen ist“.

Springreiten

Deutschland ist eine Nation der Reiter. Sie polieren in Paris abermals den deutschen Medaillenspiegel auf und liegen in der ewigen Olympia-Tabelle des Reitsports weit vorne. Deutschland gewann bislang 100 Medaillen; dahinter folgt weit abgeschlagen Schweden (45).

„Das war ein Gänsehaut-Moment“, sagt René Dittmer über Gold von Springreiter Christian Kukuk.

„Das war ein Gänsehaut-Moment“, sagt René Dittmer über Gold von Springreiter Christian Kukuk. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Kurioserweise gab es trotz der vielen Erfolge eine lange Durststrecke: Seit 1996 gewann kein Deutscher im Springreiten Gold. Christian Kukuk und sein Schimmel Checker siegten in Versailles.

„Das war ein Gänsehaut-Moment“, sagt René Dittmer, Springreiter des RV Harsefeld. Dittmer schaute sich das Finale an, als er zwischen beruflichen Terminen ein paar freie Minuten hatte.

Für den Experten kommt der Erfolg nicht überraschend. „Christian Kukuk ist die ganze letzte Zeit konstant gut geritten und sein Pferd war in einer super Form.“

Das Selbstvertrauen des Duos zahlte sich im entscheidenden Stechen aus. Kukuk musste als Erster starten, was eher ein Nachteil ist. „Er hat die Konkurrenz aber mit seinem fehlerfreien und schnellen Lauf unter Druck gesetzt-“ Aus dem Nachteil wurde ein Vorteil. Steve Guerdat und Maikel van der Vleuten patzten.

Rene Dittmer.

Rene Dittmer. Foto: Fehlbus

Das Kukuk-Gold war für die Reiter der Abschluss erfolgreicher Sommerspiele. „Unser Sport hat vor Olympia durch die britische Dressurreiterin schlechte Schlagzeilen gemacht. Zum Glück konnten wir zeigen, was für ein schöner Sport es eigentlich ist“, so Dittmer.

Triathlon

Jan Frodeno gewann 2008 in Peking die letzte deutsche Gold-Medaille im Triathlon. In Paris brüllte die Sport-Legende als Co-Kommentator des ZDF Laura Lindemann zur Gold in der Mixed Staffel. „Da hat man Gänsehaut bekommen“, so Jonas Elfers.

Jonas Elfers.

Jonas Elfers. Foto: Privat

Der Stader Triathlet fieberte ab 8 Uhr morgens mit und weiß, wie sich Lindemann auf der Zielgerade gefühlt hat: „Da brennen Lunge und Beine. Im Ziel lässt das Adrenalin dann aber jede Anstrengung erst einmal vergessen.“

Elfers hatte dem deutschen Team um Tim Hellwig, Lasse Lührs, Lisa Tertsch und Laura Lindemann im Vorfeld Medaillenchancen ausgerechnet. „Insbesondere Lisa und Laura sind diese Saison gut drauf“, so Elfers.

Basketball

Der Basketball-Ableger 3x3 zählt zu den jüngsten olympischen Disziplinen. Erstmals qualifizierten sich die deutschen Damen. Vor den Augen von NBA-Legende Dirk Nowitzki gewannen Svenja Brunckhorst, Sonja Greinacher, Elisa Mevius und Marie Reichert sensationell gegen Spanien.

3x3-Basketball ist unvorhersehbar: Das mag vor allem der Stader Trainer Joan Rallo Fernández.

3x3-Basketball ist unvorhersehbar: Das mag vor allem der Stader Trainer Joan Rallo Fernández. Foto: Sina Schuldt/dpa

Für Joan Rallo Fernández war es ein dramatisches Endspiel. Der Trainer des Basketball-Regionalligisten VfL Stade ist Spanier, aber auch mit dem deutschen 3x3-Disziplinchef Matthias Weber aus Stade befreundet. „In meiner Brust schlugen zwei Herzen. Ich habe mich sehr für Matthias gefreut“, so Fernández.

Joan Rallo Fernández.

Joan Rallo Fernández. Foto: Struwe

Das Finale war typisch für die Sportart. Deutschland führte 3:0, lag plötzlich 6:10 hinten und gewann 17:16. „3x3 ist wie ein monkey with two pistols“, so Fernández. Er meint: 3x3 ist unvorhersehbar. Jederzeit kann sich das Blatt wenden. Spannung garantiert.

Der Spanier schaute die Olympischen Spiele intensiv im Fernsehen, hörte sie aber auch im spanischen Radio. „Ich habe viele Sportarten verfolgt, die man sonst nicht sieht - am liebsten Turnen. Das genieße ich an Olympia.“

Handball

Der ehemalige Handballer Andreas Neitzel erlebte die Olympischen Spiele selbst im Trikot der Handball-Nationalmannschaft der DDR. 1988 ging der Kreisläufer in Seoul auf Torejagd und belegte mit seinem Team Rang sieben.

Neitzel, der für Dynamo Berlin und den VfL Fredenbeck hochklassig spielte, arbeitet heute als Immobilienmakler in Stade und verfolgte die Spiele in Paris ausgiebig vor dem Fernseher. Vor allem das Finale der deutschen Handballer gegen Dänemark.

Kai Häfner beendete bei Olympia erfolgreich seine Karriere in der Nationalmannschaft.

Kai Häfner beendete bei Olympia erfolgreich seine Karriere in der Nationalmannschaft. Foto: Tom Weller/dpa

„Silber ist ein fantastisches Ergebnis“, sagt Neitzel. Aber bei der 26:39-Niederlage im Endspiel schien es ihm, als habe jemand bei den Deutschen „den Stecker gezogen“. „Physisch und psychisch waren die Deutschen leer“, sagt Neitzel.

Vielleicht, so der Ex-Nationalspieler, „weil sie schon erreicht haben, was ihnen niemand zugetraut hatte“. Neitzel sagt der deutschen Mannschaft eine große Zukunft voraus.

Andreas Neitzel.

Andreas Neitzel. Foto: Privat

Bei so vielem olympischen Sport dachte Neitzel oft an seine Zeit in Seoul zurück. An die Kanadier, die im olympischen Dorf gleich neben der Unterkunft der Handballer ihre Nationalflagge verbrannten, weil sich nach dem Sprint-Duell zwischen Carl Lewis und Ben Johnson herausstellte, dass der Kandadier Johnson gedopt hatte.

Oder an Hürdenläufer Edwin Moses, den er in der Mensa beim Essen traf. Oder an die Plaza in Seoul, „auf der die Athleten gemeinsam gefeiert und geweint“ haben.

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