TSt. Pauli und Real Madrid: Das Geschäft mit den Fußballschulen

Zusammenhalt: In den Camps geht es auch um soziale Werte. Foto: FC St. Pauli Rabauken
Fußballschulen boomen: Real Madrid, St. Pauli und regionale Vereine bieten Camps an, doch geht es dabei wirklich nur um Förderung der Kinder - oder mehr ums Geschäft?
Landkreis. Fußballschulen schießen wie Pilze aus dem Boden. Programme wie die „Fundación Real Madrid Clinics“ bringen das Training der Königlichen nach Deutschland. St. Paulis Rabauken Fußballschule verfolgt einen anderen Ansatz. Die SV Drochtersen/Assel mischt auch mit. Alles für die Kinder - oder doch nicht?
Ein Hauch von Real Madrid
Bei dem Angebot von Real Madrid stehen die spanischen Königlichen drauf und es steckt ein Konzept von Stefan Kohfahl aus Buchholz an der Nordheide drin.
Seit 2014 arbeitet der Sportwissenschaftler mit Real zusammen und leitet das von der Klub-Stiftung geförderte Fußballschul-Programm.
Kinder tauchen dabei für einige Tage in den Profi-Alltag ein und lernen die Trainingsmethoden der Nachwuchsakademie kennen.

Die Real Madrid Clinics kommt im August nach Kehdingen (Archivbild). Foto: Real Madrid Clinics
Die Fußballschule findet in sieben Ländern statt, mit über 350 Camps und mehr als 15.000 Teilnehmern jährlich. Die besten Talente dürfen in Madrid vorspielen.
St. Pauli: Förderung mit Spiel und Spaß
Der FC St. Pauli betreibt mit über 13.000 Teilnehmern jährlich Deutschlands größte Fußballschule. Die Rabauken, die weitere Freizeitangebote für Kinder haben, sehen ihre Camps aber nicht als Scouting-Plattform.

Der FC St. Pauli will Rabauken-Feeling schaffen. Foto: FC St. Pauli Rabauken
Sie setzen auf Spaß und spielerisches Training statt auf Leistungsauswahl: Ballkontrolle, Dribbling, Schusstechnik und Zweikampf werden kindgerecht vermittelt. „Wir wollen Begeisterung für den Sport wecken“, sagt Michel Welke, Sportlicher Leiter.
Niedriger sechsstelliger Gewinn
Das Angebot von Real Madrid und St. Pauli ist auf den ersten Blick teuer: Fünf Tage kosten 329 Euro bei Real und 199 Euro bei den Kiezkickern. Der Umsatz liegt bei knapp 5 Millionen Euro bzw. über 2,5 Millionen Euro.
Nach Abzug der Kosten bleibt aber wenig Gewinn. Jedes Kind erhält ein Trikot-Set mit Wunschdruck, Trinkflasche und Turnbeutel, Essen und Trinken sind inklusive. Für die Schulen fallen zudem Anreise, Trainingsmaterial und Personalkosten an. Bei den Rabauken arbeiten acht feste Angestellte, 20 Bundesfreiwilligendienstler und lizenzierte Trainer.

Darum geht es: Für die Kinder stehen fünf Tage Spiel und Spaß im Vordergrund. Foto: FC St. Pauli Rabauken
„Der Gewinn liegt im niedrigen sechsstelligen Bereich“, sagt Jan-Oliver Hetze. Der Buxtehuder ist Leiter Kinder- und Jugendmarketing und hatte die Rabauken-Fußballschule 2007 gegründet.
Bei Real Madrid fließen Überschüsse an eine Stiftung des Vereins, teilnehmende Amateurvereine erhalten zudem eine kleine Provision.
Kritik an den Fußballschulen
Warum betreiben die Profivereine dann Fußballschulen? Sie wollen sympathisch wirken und ihre Marke stärken. „Uns geht es natürlich auch darum, die braun-weiße Fahne deutschlandweit zu schwenken“, sagt Hetze.
Kritiker bemängeln, dass Fußballschulen ein Instrument zur Markenbindung seien und lokale Vereine zu kurz kämen. Michel Welke hält dagegen. „Es geht primär um die Kinder und ein Fußballcamp ist auch Werbung für den Amateurverein“, so der 38-Jährige.
MTV Hammah langjähriger Partner
Auch die Erfahrungen der Amateure zeigen, dass Fußballschulen der Profi-Klubs keine reinen Geldmaschinen oder Marketingtricks sind, sondern für Kinder und Vereine Angebote mit echtem Mehrwert bieten. „Die Kinder und Eltern wissen, dass Hammah ein Teil davon ist und finden es gut, dass der Verein immer wieder ein Camp anbietet“, so Michael Breuer vom MTV Hammah, der seit fast zehn Jahren Rabauken-Partner ist.
In Hammah fand das Camp Anfang Juli statt, der JFV Buxtehude ist im Oktober Gastgeber. Die HSV-Fußballschule ist ab dem 14. Juli beim ASC Cranz-Estebrügge.
Fußballschulen organisieren fast alles
Die Fußballschulen übernehmen fast die komplette Organisation für die Amateurvereine. „Wir müssen nur das Event bewerben“, sagt Bianca Wist vom FC Wischhafen/Dornbusch.
Im August kommt die Real Madrid-Schule nach Kehdingen. Sie bot an, dass FC-Trainer hospitieren - Wist lehnte ab: „Die Kinder sollen mit neuen Trainern arbeiten.“ Eine bekannte Bezugsperson könnte für die Kinder aber auch hilfreich sein.
Austausch zwischen Konkurrenten
Hetze, Welke und ihr Team sind erfahren in der Organisation - im Sommer laufen bis zu 15 Camps parallel. Durch den regelmäßigen Austausch mit anderen Profi-Teams profitieren alle voneinander. „Selbst wir und der HSV haben da einen guten Austausch“, sagt Welke mit einem Augenzwinkern.
Alleinstellungsmerkmal
Auch die SV Drochtersen/Assel organisiert ein Fußballcamp hingegen - wenn auch „nur“ einmal im Jahr. Die Organisation für das Camp in der ersten Ferienwoche übernahm Sportdirektor Sören Behrmann gemeinsam mit Jürgen von Allwörden.
Fußball-Regionalliga
Das Auftaktprogramm für D/A – Vizemeister ist erster Heimspiel-Gegner
Ihnen missfiel vor einigen Jahren, dass andere Anbieter jugendliche Trainer einsetzten, und sie dachten sich, dass sie das besser und gleichzeitig ein Alleinstellungsmerkmal schaffen können.
Die Kinder verbringen die Woche hautnah mit ihren regionalen Idolen. Regionalliga-Trainer Oliver Ioannou und Spieler wie Nico von der Reith leiten die Einheiten. „Wo gibt es das sonst? Uns ist wichtig, dass die Regionalliga-Spieler nahbar sind“, so Behrmann.
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