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Wirtschaft

TStandort Stade: Wie die Stadt ihre Wirtschaft pflegt

Blick auf den Chemie-Park mit dem Stader Seehafen: Links die Baustelle für das LNGH-Terminal, rechts die beiden Anleger für Dow und AOS.

Blick auf den Chemie-Park mit dem Stader Seehafen: Links die Baustelle für das LNGH-Terminal, rechts die beiden Anleger für Dow und AOS. Foto: Martin Elsen

Wo anfangen und wo aufhören? Die Aufgaben der städtischen Wirtschaftsförderung in Stade sind vielfältig - und in vielen Bereichen erfolgreich. Wer und was stecken dahinter?

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Von Lars Strüning
Donnerstag, 24.07.2025, 11:50 Uhr

Stade. Bestes Beispiel für die sehr konkrete Arbeit der Wirtschaftsförderer ist der jüngste Coup. In Stade-Ottenbeck entsteht ein neues Wasserstoff-Forschungszentrum von bundesweiter Bedeutung. Der Standort wurde auch deswegen ausgesucht, weil es im dortigen CFK-Nord bereits eine bestehende, integrativ agierende Forschung gibt.

In Stade trift CFK- auf Wasserstoff-Forschung

So arbeiten das Fraunhofer Institut, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die CFK-Forschungskooperation der Unis Hannover, Braunschweig und Clausthal seit Jahren eng zusammen, um Leichtbaustoffe für die Flugzeugfertigung weiter zu entwickeln. Jetzt trifft CFK auf Wasserstoff. Eine neue Herausforderung für alle Beteiligten.

Füllen das neue Wasserstoff-Forschungszentrum beim CFK Nord in Ottenbeck mit Leben (von links): Carsten Schmidt, Dirk Niermann, Sven Torstrick-von der Lieth, Jenne Wendt, Saskia Deckenbach und Thomas Friedrichs.

Füllen das neue Wasserstoff-Forschungszentrum beim CFK Nord in Ottenbeck mit Leben (von links): Carsten Schmidt, Dirk Niermann, Sven Torstrick-von der Lieth, Jenne Wendt, Saskia Deckenbach und Thomas Friedrichs. Foto: Strüning

Die Stader Spezialität: Es soll an Tanks für Wasserstoff geforscht werden, sowohl für die Luft- als auch für die Schifffahrt. Unis, DLR und Fraunhofer arbeiten bereits seit Jahren an dem Projekt. Jetzt gibt es durch die Bundesmittel, die durch die EU refinanziert werden, neuen Schwung und neue Möglichkeiten. Das Projekt läuft unter dem Titel H2AM (Hanseatic Hydrogen Center for Aviation and Maritime).

23,8 Millionen Euro will Berlin gen Stade überweisen. Insgesamt hat die Regierung dem Norden 72 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Die Summe teilt sich Stade als einzige niedersächsische Stadt mit Hamburg und Bremen/Bremerhaven. Gut neun Millionen Euro wird das neue Gebäude in direkter Nachbarschaft und in Ergänzung zum CFK-Nord kosten. Es wird betrieben von der Projektentwicklung (PE) Stade, wie die Wirtschaftsförderung eine Tochter der Stadt.

Bundesweites Zentrum entsteht in Stade-Ottenbeck

PE-Geschäftsführer ist Thomas Friedrichs. Jenne Wendt von der Wirtschaftsförderung der Stadt kümmert sich um die Ausstattung und die Abwicklung der Zuschüsse. Das geschieht in enger Zusammenarbeit mit der Kollegin Saskia Deckenbach. Sie hat den Antrag zur Wasserstoffforschung initiiert und von Anfang an begleitet - mit großem Erfolg. Der ursprüngliche Antrag wurde Anfang 2021 gestellt. PE Stade vermietet die Halle an die einzelnen Forschungsinstitute.

Es entsteht eine neue, zehn Meter hohe Forschungshalle mit Laboren, Schwerlastkran, Druckluft, klimatisierten Bereichen und mobiler Absaugung. Arbeiten unter Vakuum wird möglich sein. Geboten werden auch Büroräume und ein OpenLab zum Wissenstransfer für Schülerinnen und Schüler oder Studierende aus dem Mint-Bereich. Die neue Halle soll im ersten Quartal 2028 in Betrieb gehen.

Das neue Wasserstoffforschungszentrum ist ein Leuchtturm für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und knüpft perfekt an die Entwicklung an, die mit der Eröffnung des CFK-Forschungszentrums Nord vor 15 Jahren seinen Lauf nahm. Heute zählt das CFK Nord zum größten europäischen Forschungszentrum in Sachen Leichtbaustoffe, demnächst erweitert um das Thema Wasserstoff als Energieträger der Zukunft. Das alles geschieht in direkter Nachbarschaft zum Stader Airbuswerk mit seinen 1500 Mitarbeitern und 30 Zulieferfirmen.

Flugzeugbau, Chemie und viele kleine Betriebe

Flugzeugbau und Forschung im Süden sowie die Chemie-Industrie auf Bützflethersand im Nordosten prägen die wirtschaftliche Lage der Stadt.

Die städtische Wirtschaftsförderung kümmert sich aber nicht nur um die großen Player. Auch und gerade die kleinen und mittleren Unternehmen werden unterstützt. Daran arbeiten sechs Kräfte in der kleinen Außenstelle der Stadtverwaltung in der Schiffertorsstraße.

Matthias Bunzel ist seit Oktober 2022 der Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft. Er kam von der Maritimen Landschaft Unterelbe (MLU). Bunzel kümmert sich um Zukunftstechnologien und um die Gewerbeflächenentwicklung. Wo können sich Firmen ansiedeln bei Interesse, welche Flächen hat die Stadt im Bestand? Die Antworten fasst er gerade für Rat und Stadtverwaltung in einem Konzept zusammen.

Im Blick hat er dabei die neuen Gewerbeflächen an der Ecke Freiburger Straße/Obstmarschenweg, wo mal die A26 gen Kehdingen hinführen soll. Dort sind Flächen für den ChemCoastPark Stade reserviert. Hier sollen sich Zulieferbetriebe für die Großindustrie in Sachen Chemie und Energie niederlassen. „Diese Flächen brauchen wir dringend“, sagt Bunzel.

Eines seiner Themen ist die Fachkräfteentwicklung und -sicherung für die Betriebe. Er will zeigen: So attraktiv ist der Standort Stade mit seiner Altstadt, seinem Bildungs-, Einkaufs- und Kulturangebot, mit seiner Lage von Natur umgeben und Hamburg doch so nah. Berufsorientierung fängt bei ihm in der Schule an, so unterstützt er die Initiative Praxisbotschafter, bei der Menschen aus der Praxis den Unterricht mitgestalten. Beispiel: Wenn in Biologie das Thema Auge besprochen wird, kommt ein Optiker dazu.

Enge Abstimmung mit Buxtehude und Landkreis

Torsten Kramer ist ein Urgestein der Stadtverwaltung, Bunzels Vertreter und seit 2006 bei der Wirtschaftsförderung. Seit 1989 arbeitet er für die Stadt Stade, heute auch noch als Standesbeamter. Kramer selbst sagt Ja zum Mittelstand. Ob Handwerk oder Einzelhandel, Kramer kümmert sich als Mittelstandslotse um die Pflege und Entwicklung der bestehenden Betriebe und um die Ansiedlung neuer.

Die Wirtschaftsförderung versteht sich dabei als Vermittler zwischen Wirtschaft und Stadtverwaltung, aber auch als Möglichmacher und Netzwerker. „Wir bieten das Rundum-sorglos-Paket“, sagt Kramer. Der Austausch mit den Wirtschaftsförderern vom Landkreis und aus Buxtehude gehört dabei ebenso dazu wie lebendige Kontakte zu IHK und Handwerkskammer oder zur Süderelbe AG.

Bundesminister Volker Wissing höchstpersönlich übergibt die Förderurkunde an Dr. Dirk Niermann, Vorsitzender des Vereins Lightwight for Hydrogen Stade. Rechts neben ihm stehen Saskia Deckenbach und Jenne Wendt von der Stader Wirtschaftsförderung. Auch Thomas Friedrichs (zweite Reihe Mitte) war mit in Berlin.

Bundesminister Volker Wissing höchstpersönlich übergibt die Förderurkunde an Dr. Dirk Niermann, Vorsitzender des Vereins Lightwight for Hydrogen Stade. Rechts neben ihm stehen Saskia Deckenbach und Jenne Wendt von der Stader Wirtschaftsförderung. Auch Thomas Friedrichs (zweite Reihe Mitte) war mit in Berlin. Foto: Susanne Meinecke/BWI Hamburg

Als Gründungscoach sind Kramer die Existenzgründer besonders wichtig. Er berät, checkt die Ideen und kümmert sich um die passende Immobilie. Zu seinen Aufgaben gehört der Breitband-Ausbau plus die Mobilfunkversorgung in der Stadt. Stades Glück: Die Telekom suchte sich nach Bewerbung durch die Wirtschaftsförderung die Stadt aus für ein bundesweites Pilotprojekt. 60 Prozent der Anschlüsse, so Kramer, seien heute mit Glasfaser versorgt. Nicht zuletzt: Er ist im Team zuständig für das Projekt Landgang, das mit Perspektive junge Ärzte in die Region locken soll.

Wunsch: Mehr Akzeptanz für die Chemie-Industrie

Saskia Deckenbach ist seit 2018 Mitglied der Wirtschaftsförderung. Sie hat den Masterabschluss in Wirtschaftsgeografie und kümmert sich um den Chemie-Park an der Elbe - in enger Abstimmung mit Stephan Engel vom Landkreis. Ihr Ansatz: Dialog zwischen den Unternehmen und mehr Akzeptanz der Chemie mit ihrer gesamten Wertschöpfungskette in der Bevölkerung. Als Initiatorin des Forschungsprojekts Wasserstoff sorgt sie für den Brückenschluss zwischen Chemie-Industrie und CFK-Valley. Die Transformation ist hier in vollem Gange.

Eng arbeitet sie mit dem Technologie-Zentrum Elbe-Weser (TZEW) zusammen, das als Dienstleister TZEW - gerade auch kleine - Unternehmen mit Experten aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Technologieanbietern vernetzt, um praxisnahe Lösungen zu entwickeln mit dem Ziel, die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Mehr aus dem Chemiepark

Jenne Wendt ist noch vergleichsweise neu in der Wirtschaftsförderung, kümmert sich um Zuschüsse von verschiedensten Ebenen und um erneuerbare Energien. Sie bringt den Innovations- und Wissenschaftspool in der Metropolregion Hamburg zusammen, kümmert sich um Stade PowerLink. Das ist vor dem Hintergrund des Projekts IWP zustande gekommen, dem Innovations- und Wirtschaftspark für erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff. Weil davon die ganze Region profitieren könnte, haben sich die Wirtschaftsförderer aus Stade, Buxtehude und dem Landkreis zum „Stade PowerLink“ zusammengeschlossen.

Sophie Hohmeister gehört als ehemalige City-Managerin noch in Mutterzeit zum Team. Sie hat die Job-Kampagne auf dem Schirm, die sie von Stade Marketing übernommen hat. „Komm doch rüber“ heißt die und soll auf Stade als guten Ort zum Leben und Arbeiten aufmerksam machen. Apropos Stade Marketing, ebenfalls eine Tochter der Stadt: Mit ihr zusammen wird die Innenstadt bespielt, ob ein Dialog mit allen Beteiligten oder ganz neu der Pop-up-Store für kulturelle Zwecke.

Das Team um Matthias Bunzel sieht sich in der Pflicht zu liefern. Wirtschaftsförderung ist eine freiwillige Aufgabe, die sich die Stadt was kosten lässt. Das müssen Ergebnisse her. Und das Team liefert.

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Einwohner: 48.674; Fläche: Stadtgebiet 11.003 ha; Sozialversicherungs-

pflichtig Beschäftigte: 26.794 (30.06.2021); Ein- /Auspendler: 17.076 / 8463

Unternehmen: ca. 4500 gemeldete Betriebe.

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