TSurfpark-Urteil: So reagieren Stadt Stade, Landkreis und BUND

So soll es nach Wünschen der Investoren einmal aussehen: Der Surfpark im Süden der Stadt hat eine Größenordnung von 10 Hektar. Foto: Surfgarten
Die Stadt Stade gibt sich selbstkritisch, der Landkreis will helfen und der BUND übt Kritik am Oberverwaltungsgericht: So ist die Lage nach der Urteilsbegründung zum Surfpark-Stopp.
Stade. Die Stellungnahme des Gerichts fiel eindeutig aus. Drei Punkte im Bebauungsplan der Stadt wurden moniert; zwei scheinen leicht heilbar zu sein durch einen neu aufzulegenden Bebauungsplan. Im dritten liegt Sprengkraft. Die Realisierung des Surfparks wird sich auf jeden Fall deutlich verzögern.
Zwei leichte Aufgaben und ein Knackpunkt
Dass die Bebauung komplett von anzupflanzenden grünen Gehölzen umgeben sein muss, um den Eingriff ins Landschaftsbild zu minimieren, sollte von Stadt und Investoren ohne großen Aufwand umzusetzen sein. Auch dass die Stadt vergessen hat, ausdrücklich die Ansiedlung von Bordellen im kleinen Gewerbegebiet am Surfpark zu verbieten, ist schnell zu verändern. Schwieriger wird es beim Knackpunkt der OVG-Kritik, bei dem auch der Landkreis Stade ins Spiel kommt.

Auf dem Surfpark-Gelände in Stade-Süd ruhen die Bauarbeiten. Foto: Richter
Der Surfpark-Bebauungsplan der Stadt passt nicht zum übergeordneten Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises, der in diesem Gebiet - wiederum auf Wunsch der Stadt - die Ansiedlung von großflächiger Industrie vorsieht. Die Stadt will jetzt beim Landkreis ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren beantragen, um den vom Gericht bemängelten Verstoß zu beheben. Das teilt die Stadt auf TAGEBLATT-Anfrage mit.
Neuer Bebauungsplan: Rat muss noch mal ran
Ferner werde ein Heilungsverfahren in Gang gesetzt, um mit einem überarbeiteten Bebauungsplan die unzureichende Berücksichtigung des Eingriffs in das Landschaftsbild wie auch die widersprüchlichen Aussagen zum Ausschluss von Bordellen zu korrigieren, so die Stadtverwaltung. Dieser überarbeitete Entwurf werde dann erneut nach Beteiligung von Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange durch den Rat beschlossen und mittels Bekanntmachung zur Rechtskraft gebracht werden.
Bauprojekt
T Surfpark-Urteil: Pyrrhussieg oder Sieg der Vernunft?
Wichtig dabei, vor allem auch für die Investoren: Wie lange dauert das alles? Da die Stadt von der Unterstützung des Landkreises hinsichtlich der förmlichen Zielabweichung abhängig sei, könne sie keine konkrete zeitliche Aussage treffen. Der Landkreis habe aber Unterstützung in dieser Hinsicht zugesagt, „so dass wir derzeit davon ausgehen, in den kommenden Monaten die notwendigen Schritte durchführen zu können“.
Der Landkreis selbst wartet derzeit darauf, dass die Stadt auf ihn zugeht. Die Unterstützung des Landrats ist ihr sicher. „Persönlich setze ich darauf, dass das Projekt Surfpark nach den vom Gericht angemahnten Nachbesserungen in der Bauleitplanung realisiert werden kann“, sagte kürzlich Kai Seefried. Für das Freizeitangebot in der Region, als touristischen Anziehungspunkt, aber auch in seiner überregionalen Wirkung halte der Landrat den geplanten Surfpark für ein „tolles Projekt“.
Landkreis gibt sich in der Bewertung vorsichtig
Wie das Begehren rein rechtlich zu bewerten ist, ist derzeit noch offen. Der Landkreis gibt sich da vorsichtig. Nach erster Lesung der Urteilsbegründung bestehe seitens des Landkreises zunächst noch weiterer Klärungsbedarf, inwieweit ein Zielabweichungsverfahren das beste Mittel zum Heilen des vom Gericht festgestellten Verstoßes gegen Ziele der Raumordnung ist, teilte Landkreissprecher Daniel Beneke mit. Hierzu werde es in nächster Zeit Gespräche mit der Hansestadt Stade geben. Erst danach könne seitens des Landkreises detailliert Position bezogen werden. Beneke, ganz im Sinne des Landrats: „Natürlich unterstützt der Landkreis die Bestrebungen der Stadt, die auf eine Heilung des B-Plan-Verfahrens abzielen.“
Erfreulich sei, so die Stadt, dass das Gericht hervorhebt, dass im Hinblick auf den Arten- und den Klimaschutz keine Bedenken bestehen. Die Tragweite dieser Feststellung reiche insbesondere mit Blick auf den Klimaschutz weit über den hier behandelten Bebauungsplan hinaus: Klimaschutz habe nicht von vornherein Vorrang vor anderen Gesichtspunkten. Auch stehe die Stadt nicht in der Pflicht, konkrete Zahlen zu Emissionen in der Bauplanung zu nennen. Dies entbehre einer gesetzlichen Grundlage.
Stadt selbstkritisch: „Müssen Fehler minimieren“
Diese obergerichtliche Feststellung sei für alle planenden Gemeinden von großer Bedeutung. Trotzdem, so eine Lehre der Stadt aus dem Gerichtsurteil, „müssen wir die Fehlervermeidung weiter optimieren“. Redaktionelle Fehler, wie vorliegend im Fall des Umgangs mit Bordellen geschehen, dürften nicht unentdeckt bleiben, merkt die Verwaltung selbstkritisch an. Gleichwohl ließen sich auch vor dem Hintergrund des Umfangs und der Komplexität der Planung Fehler nicht immer vollständig vermeiden.
Oberverwaltungsgericht
T Surfpark-Urteil: So unterschiedlich fallen die Reaktionen aus
Der BUND wertet die Begründung zum Richterspruch als „vollen Erfolg“, auch wenn das Oberverwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung die Themen Klima- und Artenschutz anders bewertet als noch das Verwaltungsgericht Stade. „Es wird für die Stadt Stade nicht leicht sein, die gravierenden Mängel zu beheben“, teilt Heiner Baumgarten als Kreisvorsitzender des BUND mit.
Für die Investoren, die Brüder Podbielski aus dem Alten Land, stelle sich die Frage, ob die Standortentscheidung richtig war und ob angesichts auch der Kritik vom Verwaltungsgericht Stade ein solches Projekt zeitgemäß und zukunftsfähig sei, so Baumgarten weiter.
Er deutet die ausführliche Begründung des Gericht zum Urteil folgendermaßen: „Mein Eindruck aus der mündlichen Verhandlung ist, dass dem Gericht ausreichend Argumente zur Verfügung standen, den Plan für unwirksam zu erklären, ohne sich vertiefend mit den komplexen und komplizierten Themen Klimaschutz und Artenschutz befassen zu müssen.“ Das OVG habe sich darauf beschränkt, nur die lokalklimatischen Aspekte zu betrachten und nicht die darüber hinausgehenden Wirkungen des Projektes.
„Sichtweise des Gerichts können wir nicht teilen“
Beim Artenschutz habe sich das Gericht darauf zurückgezogen, dass es sehr unterschiedliche fachliche Aussagen zu geeigneten Ersatzlebensräumen für die Feldlerche gebe und eine Bewertung der Abwägung im B-Plan-Verfahren unterliege. Baumgarten übt sich in Justizschelte: „Diese Sichtweise des Gerichts können wir angesichts des Klimawandels und fortschreitenden Artensterbens beziehungsweise der Sicherung der Biodiversität natürlich nicht teilen.“
Der BUND begrüße aber die klare Entscheidung des OVG, das den vom Stader Verwaltungsgericht verfügten Baustopp bestätigte, wenn auch mit anderer Begründung. Baumgartens Fazit: „Damit ist auf unbestimmte Zeit eine Wiederaufnahme der Bautätigkeiten aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage verschoben.“