TTatort Hofladen: Schummler und Diebe gefährden das Vertrauensprinzip

Beim Hof Peters in Blumenthal gibt es in der Holzhütte am Straßenrand sogar Eis. Wer eins möchte, muss aber klingeln, denn Yvonne Peters schließt die Eistruhe inzwischen ab. Foto: Richter
Frische Eier, Erdbeeren und vieles mehr: Auf den SB-Hofladen ist Verlass. Doch das Vertrauensprinzip von nehmen und bezahlen bekommt im Kreis Stade Risse.
Landkreis. Die Straße der Hofläden in Blumenthal führt an Wäldchen, Pferdeweiden und Bauernhöfen entlang. Auch ohne Supermarkt um die Ecke gibt es hier viele Einkaufsmöglichkeiten. Schilder weisen den Weg zu frischen Eiern, selbstgesiedeter Seife und vielem mehr. Oft ist der Hofladen am Straßenrand eine kleine Hütte mit Selbstbedienung und Vertrauenskasse.
Die Kinder sind ehrlicher
So auch beim Hof Peters, wo es in der Holzhütte sogar Eis gibt. Wer eins möchte, muss aber klingeln, denn Yvonne Peters schließt die Eistruhe inzwischen ab. „Viele denken, dass es die Kinder sind, die das einfach so mitnehmen. Aber die Kinder sind ehrlich“, sagt sie. Woher sie das weiß? Kameraüberwachung ist in den kleinen SB-Hofläden inzwischen Standard.

In der Hofladen-Hütte von Yvonne Peters. Foto: Richter
Angefangen hat Familie Peters wegen der Freilandeier von ihren eigenen Hühnern. Inzwischen sind auch andere Produkte dazugekommen: Apfelsaftsäcke im Karton, Sellerie, Erdbeeren, Süßkartoffeln - sogar alkoholfreie Erfrischungsgetränke gibt es. Geöffnet ist von morgens bis abends an sieben Tagen in der Woche. Neben der Metallkassette mit Einwurfschlitz gibt es einen Klingelknopf und ein Willkommens-Schild mit Telefonnummer für alle, die Fragen oder kein passendes Kleingeld haben.
Die Tricks der Schummel-Käufer
Manche runden beim Bezahlen auf. Doch es gibt auch oft Menschen, die 2,5 Kilo Kartoffeln bezahlen und 5 Kilo mitnehmen oder aus dem Nachbarkörbchen ein paar Erdbeeren mehr ins eigene legen. Der nächste beschwert sich dann, dass so wenige drin sind, berichtet Yvonne Peters. Trotzdem mag sie ihren Job: „Viele sind ja ehrlich. Ich habe hier oft sehr nette Gespräche und freue mich, dass viele Kinder kommen.“
Die einer Nachbarin in der Nähe gehören auch dazu. „Es ist schön, dass sie einfach selbst losgehen und bei Yvonne einkaufen gehen können“, sagt Katrin Hinners. Sie hat seit Neuestem auch einen Stand an der Straße, einen Bauwagen, an dem Flohmarkt steht. Als sie vor ein paar Jahren herzogen, übernahmen sie einen alten Hof samt Inventar.

Katrin Hinners hat seit Neuestem auch einen Stand an der Straße, einen Bauwagen, an dem Flohmarkt steht. Foto: Richter
Altes Porzellan und andere Dinge stehen im Bauwagen in Regalen neben Schuhen und Kleidung, aus der die Kinder herausgewachsen sind. Die haben ihre eigene Ecke, in der sie Spielzeug und Ü-Eier-Inhalt anbieten. Bisher funktioniere die Vertrauenskasse gut, sowohl bar als auch digital: „Ich habe gerade meine erste PayPal-Zahlung bekommen. Drei Euro mit der Anmerkung: Danke für die kleinen Pralinenteller.“
Einbrüche verderben die Öffnungszeiten
Doch selbst Blumenthal ist nicht Bullerbü: Ein Stück weiter, im Holzhäuschen des Hofs Steiner, der im Automaten unter anderem Fleisch von den eigenen Duroc-Schweinen anbietet, wurde schon zwei Mal die Geldkassette aufgebrochen, im Herbst letzten Jahres der Automat.
„Früher war sieben Tage die Woche 24 Stunden geöffnet. Jetzt schließen wir um 21 Uhr zu“, sagt Sebastian Steiner. Er findet das schade - nicht nur für sich, auch für die Kunden. Dass Geldkassetten oder Automaten aufgebrochen wurden, um an Bargeld zu kommen, wurde im Kreis Stade seit dem 1. Januar 2023 etwa ein Dutzend mal zur Anzeige gebracht. Doppelt so oft kamen Anzeigen, weil nicht oder zu wenig gezahlt wurde, berichtet die Polizeiinspektion Stade auf Nachfrage.
Einbruch-Serie
T Betreiber sind ratlos: Hofladen-Diebe werden immer dreister
Ralf Ehlers in Hollern-Twielenfleth hat schon zwei Aufbruchversuche registriert. Dabei hat er den SB-Verkaufswagen in der Hollernstraße erst seit ein paar Monaten. Im Herzen des Alten Landes, wo Erdbeeren und die ersten Kirschen locken, halten tagsüber oft Touristen und Einheimische, um Obst, Kartoffeln und andere regionale Spezialitäten mitzunehmen.
Wenn in der Vertrauenskasse Falschgeld liegt
Die Preise stehen dran, das Geld werfen die Kunden in die Kasse. Leider nicht alle: „Wir hatten schon Falschgeld drin. Und manchmal stimmt die Summe nicht“, berichtet Ehlers, der den seit über 100 Jahren bestehenden Familienbetrieb in Hollern-Twielenfleth führt. Sein Hauptgeschäft ist der Obstversand. Doch als er durch einen Zufall an den Verkaufswagen kam, beschloss er, es mal mit der Vertrauenskasse auszuprobieren.

Ralf Ehlers an seinem Stand. Er berichtet über seine Erfahrungen mit der Kasse: „Wir hatten schon Falschgeld drin. Und manchmal stimmt die Summe nicht“, Foto: Richter
„Ein Stück gute, heile Welt. Vielleicht etwas blauäugig“, sagt der Altländer. Aber er will es noch eine Weile probieren. Schließlich spare das auch eine Kraft, die sonst vor Ort sein müsste. Der Wagen ist kameraüberwacht. Aber noch besser findet Ralf Ehlers seine aufmerksamen Nachbarn, die ihn anrufen, wenn ihnen etwas Merkwürdiges auffällt.
Die beiden versuchten Aufbrüche hat er nicht angezeigt, sondern als Dumme-Jungen-Streiche verbucht. Und er hat auch Nettes erlebt: „Einer hat einen Zettel mit Handynummer reingelegt, auf dem stand, dass er nicht genug Geld dabei hatte, aber am nächsten Tag wiederkommt. So war es dann auch.“

Die Holzhütte von Familie Peters am Straßenrand in Blumenthal. Foto: Richter
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