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Ermittlungen

TTierische Detektive: Mit den Spürhunden des Zolls auf Drogensuche

Der erfahrene Spürhund Bary erkennt auch feinste Spuren von Betäubungsmitteln in der Luftprobe.

Der erfahrene Spürhund Bary erkennt auch feinste Spuren von Betäubungsmitteln in der Luftprobe. Foto: Polgesek

Im Bremerhavener Überseehafen sind Zollbeamte rund um die Uhr im Einsatz, um illegale Waren aufzuspüren. Ihre Methoden reichen von Risikoanalysen bis zu modernster Röntgentechnik.

Von Maike Wessolowski Samstag, 04.10.2025, 05:50 Uhr

Bremerhaven. 90 Prozent aller Waren weltweit werden per Schiff transportiert – auch die, die gar nicht legal ins Land dürfen: Drogenschmuggel, Produktpiraterie oder Schummeln bei der Steuer – der Zoll ist den Tätern in Bremerhavens Überseehafen auf der Spur – an sieben Tagen, rund um die Uhr. Mancher Schmuggel wird am Computer entdeckt, andere an der Kaje. Wir haben verschiedene Zöllner begleitet und den Tag in fünf Stationen zusammengefasst.

In Bremerhavens Fernseh-Zollkrimi haben die Beamten Verdächtige durch die Containerschluchten im Überseehafen gejagt, gleich neben den fahrenden Van Carriern. In der Realität geht Sicherheit vor: Auch kurze Distanzen werden im Auto zurückgelegt. Ein viele Meter hoher Mast wird auf einem Anhänger mitgezogen. So werden die Fahrer der besonderen Portalhubwagen gewarnt.

Station 1: Risikoanalyse

Rauschgift, Waffen, Zigaretten. In Bremerhaven ist Kokain der Schwerpunkt. Die beste Waffe im Kampf gegen Drogenschmuggel? Das ist immer noch der Mensch – „im Zusammenspiel mit einem Mix verschiedener Hilfsmittel“, erklärt Zollsprecher Volker von Maurich* – dazu kommen wir noch.

4,4 Millionen Container werden jährlich in Bremerhaven umgeschlagen. Welche werden da auf Rauschgift kontrolliert? „Kommt er aus Südamerika, hat er gute Chancen“, so von Maurich. Wie genau die Zoll-Experten in ihrer Risikoanalyse speziell für Drogen oder Waffen vorgehen, verraten sie nicht.

Jeder Abfertigungsbeamte des Zollamts Bremerhaven kann aber auch eine Kontrolle auslösen, wenn ihm etwas auffällt. Es geht schließlich auch um Produktpiraterie oder Steuerbetrug, etwa wenn mehr Waren im Container sind als angemeldet. Denn beim Zollamt bearbeitet man grundsätzlich die steuerrechtlichen Anmeldungen für Warenein-, -aus- und -durchfuhren.

Station 2: Erfahrung, Instinkt und Vorsicht

Wenn die Container – Standard oder Tiefkühl – ausgewählt sind, schlägt die Stunde der Kontrolleinheit Grenznaher Raum. Weil man nie weiß, was kommt, ist Vorsicht geboten: Die Türen werden mit einem Gurt gesichert, damit verrutschte Ladung nicht zur Gefahr wird beim Öffnen.

Ein Zöllner zeigt ein Handyfoto einer handtellergroßen Spinne im Container – auch daran muss gedacht werden. Die Kontrolleinheit besitzt zudem auch ein tragbares Schadstoffmessgerät gegen giftige Dämpfe. Schon nasse Holzpellets können gefährliche Mengen an tödlichem Kohlenmonoxid (CO) freisetzen.

Der einfachste Weg der Kontrolle: Plomben entfernen, hereinschauen. „Oft haben die Täter keine Zeit, die Drogen werden schnell reingeworfen und müssen auch schnell wieder raus“, erklärt von Maurich.

Die simple Rip-off-Methode ist nach wie vor beliebt. Dennoch schraubt ein Kollege auch die kleinen Lüftungsöffnungen und Bedieneinheiten an der Rückseite auf: beliebte Verstecke. Auch die kleinen Fächer an der Rückseite der Kühlcontainer werden aufgeschraubt. Drogen statt Isolierung – auch das haben die Bremerhavener schon mittels Wärmebildkamera entdeckt.

Die Männer und Frauen lernen mit jedem Fund und entwickeln einen Instinkt. Warum liegt hier Isoliermaterial lose? „Da hatte der Kollege gut geschaltet“, erinnert sich ein Zöllner an einen Fund. Die Drogen waren hinter den Gummidichtungen deponiert.

Station 3: Der richtige Riecher

Rauschgiftspürhunde sind ein wichtiges Hilfsmittel beim Zoll. Bary und Lia sind heute im Dienst, und im Hinblick auf Arbeitseifer sind sie nicht zu toppen. Bis zu 20 Container sind für die Spürhunde kein Problem – schneller als eine Öffnung und Sache per Hand.

Um die Tiere zu unterstützen, hat ein Bremerhavener Zöllner eine Absauganlage konstruiert. „Der Kollege hat eine Erfindung aus den Niederlanden verfeinert“, erklärt von Maurich. Mittlerweile wird das Modell aus Bremerhaven auch in Hamburg eingesetzt – und der norwegische Zoll ist interessiert.

In bis zu drei ungeöffnete Container werden Schläuche gesteckt, die in eine kleine Metallkiste laufen. So können die Hunde schnell dreimal schnuppern und einen möglichen Verdacht anzeigen. Das passiert auch beim Fototermin – allerdings erst, als der Hundeführer die „Belohnungsprobe“ für Bary und Lia einlegt. Die Hunde haben sensible Näschen: Kollegen, die bei der Arbeit nach Kontakt mit Substanzen die Handschuhe nicht wechseln, müssen damit rechnen, dass der Hund es bemerkt.

Station 4: Die ausgefeilte Röntgentechnik

Ware zu prüfen ohne Öffnung spart Zeit. Auf einer neuen Fläche im Überseehafen ist ein millionenschweres Hilfsmittel im Einsatz. Es fährt nur 0,7 Kilometer pro Stunde elektrisch und sorgt trotzdem dafür, dass Kontrollen schneller werden. Die Rede ist von der mobilen Röntgenanlage, die seit zehn Jahren für den Zoll im Einsatz ist.

Beim Termin ist sie in der Wartung und wird durch das baugleiche Modell aus Wilhelmshaven vertreten. Innerhalb von 20 Minuten kann die Anlage zwei von vier Reihen mit je sechs Containern röntgen. Die Bilder werden sofort an die Röntgenprüfgruppe beim Zollamt Bremerhaven überstellt.

Anmeldung, Abfertigung, Check und Freigabe – das geht innerhalb von 24 Stunden, erklärt der Zöllner. Die mobile Anlage kann auch Container kontrollieren, die bereits auf Lastwagen verladen wurden.

Station 5: Erfahrung, Austausch, scharfer Blick

Röntgenprüfgruppe: Diese Zöllner haben den „Röntgenblick“ – sie erkennen Unregelmäßigkeiten auf den Bildern, die die mobile Einheit liefert. Ihre Einheit ist auch rund um die Uhr besetzt.

Wichtig ist der Austausch untereinander und auch mit anderen Gruppen in Deutschland. Die Bremerhavener Zöllner sind vernetzt und kennen auch die kuriosen Funde der Kollegen aus Hamburg, Rostock, Wilhelmshaven oder Lübeck.

Sie verraten, was sie in Bremerhaven schon entdeckt haben:

  • Im Container stehen drei Autos statt zwei, die angemeldet waren – das ist Steuerhinterziehung.
  • Umzug aus Übersee, Teil 1: Ein kleiner Panzer wurde im Container transportiert – der fällt unter das Kriegswaffenkontrollgesetz.
  • Umzug aus Übersee, Teil 2: Tiergeweihe sind auf dem Röntgenbild gut zu erkennen. Der Zoll prüft hier auf Verstöße gegen das Artenschutzgesetz.
  • Drogen im Autoreifen entdeckt – Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.
  • Etwas Eckiges in Sackware, das fällt auf! Zum Glück waren es nur Werbeprospekte.

* Aus Sicherheitsgründen werden die Identitäten der anderen Zollbeamten nicht preisgegeben.

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