TGrausame Details zum Vierfach-Mord von Scheeßel sickern durch

Beamte der Spurensicherung gehen zu einem Einfamilienhaus in der Gemeinde Scheeßel. Ein Bundeswehrsoldat steht im Verdacht, vier Menschen im Landkreis Rotenburg (Wümme) erschossen haben. Foto: Sina Schuldt/dpa
Aus Rache soll ein Soldat vier Menschen nahe Scheeßel getötet haben. Heute beginnt der Prozess. Brutale Einzelheiten wurden bereits bekannt.
Landkreis Rotenburg. Aus Hass und Rache soll der Bundeswehrsoldat in Westervesede und Brockel vier Menschen erschossen haben, die seiner Ehefrau nach der Trennung nahestanden und aus seiner Sicht für das Scheitern der Ehe verantwortlich sind. Bei dem sogenannten Stellvertreter-Femizid in der Nacht zum 1. März dieses Jahres wurden der 30 Jahre alte neue Partner der Frau, dessen 55 Jahre alte Mutter, die beste Freundin der Noch-Ehefrau und deren dreijährige Tochter mit einer Waffe getötet. Der 32-jährige Deutsche muss sich nun vor dem Landgericht Verden verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Seedorfer Fallschirmjäger Mord vor. Am Mittwoch wird die Anklageschrift verlesen, Zeugen sollen noch nicht vernommen werden. Ob der Angeklagte sich äußern wird, ist nicht bekannt.
Todesschütze soll wie in einem Häuserkampf vorgegangen sein
Der mutmaßliche Täter soll bei der Mordserie wie in einem Häuserkampf vorgegangen sein, wofür der Fallschirmjäger bei der Bundeswehr trainiert war. Mit einer Axt drang er laut Anklage in die Häuser seiner Opfer ein. In Westervesede soll der Mann den neuen Lebensgefährten seiner Ex-Partnerin und dessen Mutter erschossen haben. In dem Haus wohnten weitere Familienmitglieder.
Danach soll der Soldat wenige Kilometer weiter nach Brockel gefahren sein und dort die 33 Jahre alte Freundin seiner Noch-Ehefrau und deren dreijährige Tochter erschossen haben. Beide sollen durch einen Schuss getötet worden sein, da sich das Kind schlafend in den Armen der Mutter befunden haben soll. Erschütternde Details zum Blutbad berichtete auch die „ZEIT Online“. Demnach will der Soldat das kleine Mädchen eher zufällig erschossen haben, weil er es bei der Mutter nicht gesehen haben will. Im Haus in Brockel hat sich in der Tatnacht ein weiteres Kind aufgehalten, das ebenso wie die anderen Angehörigen im Nachbardorf verschont geblieben ist. Außerdem soll der mutmaßliche Todesschütze seine Ex, die zum Tatzeitpunkt schwanger von ihm gewesen sein soll, als Opfer in Betracht gezogen, den Plan aber nicht umgesetzt haben.
Der „ZEIT“ zufolge soll der Soldat nach dem Verbrechen eine WhatsApp an seine Kameraden mit den Worten geschickt haben: „Es war ein großer Fehler, so was einem Mann anzutun, der fast sein halbes Leben lang gelernt hat, Gewalt zu perfektionieren.“ Und: „Was hättet ihr an meiner Stelle getan?“ Obendrein soll die Polizei 25 Memes, die Adolf Hitler verherrlichen und gegen Geflüchtete hetzen, auf dem Handy des Mannes gefunden haben. Öffentlich bekannt wurde davon bisher nichts. Am Morgen nach den tödlichen Schüssen stellte er sich an der Von-Düring-Kaserne in Rotenburg.
Tödliche Schüsse
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Bericht der „ZEIT“: Ganzes Magazin auf neuen Freund der Ex entleert
Die Mutter des neuen Partners seiner Ex soll er mit zwei Schüssen getötet haben. Beim neuen Freund selbst soll er dann das ganze Magazin seines Gewehrs entleert haben, ist in dem Bericht der „ZEIT“ zu lesen.
Vor der Tat haben die Ex und ihr neuer Freund bereits Anzeige bei der Polizei erstattet, sie fühlten sich von dem Soldaten bedroht, hatten Angst. Polizisten suchen ihn daraufhin auf, halten eine Gefährderansprache. „Dabei ist für die Kollegen nicht zu erkennen gewesen, dass er so durchdreht. Er hat sich vollkommen unproblematisch und ruhig verhalten. Aus Sicht der Polizei ist nicht zu erwarten gewesen, dass so etwas passiert“, erklärt Rotenburgs Polizeisprecher Heiner van der Werp unserer Redaktion am Dienstag. Die privaten Waffen des 32-Jährigen sind nicht eingezogen worden.
Mit 17 Jahren und Schulabbruch zur Bundeswehr
Der Mann aus dem Harz soll seit 15 Jahren bei der Bundeswehr sein und seit einem Jahr zur Elitetruppe in Seedorf gehören. Er kann mit Waffen umgehen wie nur wenige in Deutschland, will die „ZEIT“ wissen. Die Staatsanwaltschaft Verden ist überzeugt, dass er diese Fähigkeiten Anfang März angewendet hat, um vier Menschen zu ermorden, bestätigt ein Sprecher unserer Redaktion am Dienstag. Über den Soldaten wird berichtet, dass er nach der Hauptschule die Berufsschule abgebrochen hat. Als er sich mit 17 Jahren bei der Bundeswehr bewirbt, muss seine Mutter dem Vorhaben zustimmen.
Bei der Bundeswehr soll er Deutsche aus dem Sudan evakuiert haben und auch sechs Monate in Mali gewesen sein.
Moralischer Beistand für die Hinterbliebenen
Die Rechtsanwälte Steffen Hörning und Helen Wienands aus Göttingen vertreten die Hinterbliebenen der Opfer. Von ihrem Anwesenheitsrecht werden die Nebenkläger nur teilweise Gebrauch machen, erklärt Helen Wienands unserer Redaktion. Die Kinder werden nicht anwesend sein und auch bei der Inaugenscheinnahme von Bildern raten sie ihren Mandaten von der Teilnahme ab. Ein Hinterbliebener wird einen Mitarbeiter des Weißen Ringes als Prozessbegleiter und moralische Unterstützung an der Seite haben, so die Rechtsanwältin. Was sich der hinterbliebene Vater und Ehemann aus Westervesede von dem Prozess verspricht, weiß sie: „Für ihn kann es ganz klar nur die Höchststrafe geben: die lebenslange Freiheitsstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, also die anschließende Sicherheitsverwahrung.“
Für den Prozess sind 35 Verhandlungstage bis März angesetzt. Der Auftakt findet am Mittwoch ab 13.30 Uhr in der Verdener Stadthalle statt. (mit dpa)