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TLandwirte demonstrieren in Niedersachsen: Treckerkolonnen sorgen für Stau in Stade

Die Landwirte aus dem Kreis Stade protestierten am Montag gegen die geplante Streichung der Agrardieselvergütung und der Kfz-Steuer-Befreiung.

Die Landwirte aus dem Kreis Stade protestierten am Montag gegen die geplante Streichung der Agrardieselvergütung und der Kfz-Steuer-Befreiung. Foto: Vasel

Der Berufsverkehr in Stade staute sich erheblich am Mittwochmorgen. Unzählige Trecker fuhren als Protestaktion durch die Altstadt. Auch in anderen Teilen Niedersachsens machten Landwirte ihrem Unmut Luft. Eine Autobahn musste gesperrt werden.

Von Redaktion Mittwoch, 20.12.2023, 13:44 Uhr

Unzählige Trecker fuhren am Montagmorgen durch Stade. Der Verkehr auf der Ringstraße und in der Altstadt staute sich. Zum Beispiel am Kreisel an der Schiffertorsstraße, hier drehte eine Treckerkolonne mehrere Runden. Auch die Einfallstraßen wurden von den Traktoren vereinnahmt - mitten im morgendlichen Berufsverkehr.

Zeitweise staute sich der Verkehr an der B73 vom Kreisverkehr Ottenbeck bis zurück zum Gewerbegebiet Wiepenkathen, Höhe Burger Drive. Ein größerer Treck stand an der Thuner Straße/Bremervörder Straße (Krankenhausabfahrt). An der Schwingebrücke machten mehrere Trecker an den Seitenstreifen der B73 Halt und sorgten für stockenden Verkehr.

Am Montag hatten Treckerkolonnen bereits den Verkehr auf der B75 und B73 in Hamburg und dem Landkreis Harburg lahmgelegt. Jetzt sorgen Landwirte aus dem Kreis Stade für Chaos im Stader Berufsverkehr.

Am Montag hatten Treckerkolonnen bereits den Verkehr auf der B75 und B73 in Hamburg und dem Landkreis Harburg lahmgelegt. Jetzt sorgen Landwirte aus dem Kreis Stade für Chaos im Stader Berufsverkehr. Foto: Vasel

Der Übergang zur A26 war vorsorglich von der Polizei am Kreisel Ottenbeck abgeriegelt worden, um zu verhindern, dass die Landmaschinen auf die Autobahn fahren.

Trecker-Kolonnen als Protestaktion

Mit dieser Aktion schließen sich die Bauern aus dem Kreis Stade den bundesweiten Protesten gegen die geplante Streichung von Steuervergünstigungen für Landwirte an. Am Montag hatte der Bauernverband zu einer Demonstration vor dem Brandenburger Tor aufgerufen, auch aus Niedersachsen waren etliche Landwirte dem Aufruf gefolgt. Unter ihnen knapp 60 Obstbauern aus dem Alten Land.

Die Trecker fuhren durch die Stader Innenstadt.

Die Trecker fuhren durch die Stader Innenstadt. Foto: Vasel

Die Landwirte fordern, dass die Streichung der Agrardieselvergütung und der Kfz-Steuer-Befreiung zurückgenommen wird. Der Vorsitzende der Landesfachgruppe Obstbau, Claus Schliecker aus Guderhandviertel, hatte gegenüber dem TAGEBLATT bereits einen „heißen Winter mit Protesten“ ab dem 8. Januar auch im Landkreis Stade angekündigt, sollten die Pläne nicht fallengelassen werden.

Treckerkolonnen sorgten für Stau in Stade.

Treckerkolonnen sorgten für Stau in Stade. Foto: Vasel


Auch in anderen Teilen Niedersachsens brachten Landwirte den Verkehr zum Erliegen.

Protest der Landwirte: Autobahn muss gesperrt werden

Mit etwa 20 Traktoren und anderen Fahrzeugen haben Landwirte in der Nacht zu Mittwoch auf der Autobahn 28 Richtung Oldenburg gegen die Agrardiesel-Pläne der Bundesregierung demonstriert. Die Autobahnpolizei Oldenburg richtete wegen des langsam fahrenden Konvois vorübergehend eine Vollsperrung ein und leitete den Verkehr von der Anschlussstelle Neuenkruge im Landkreis Ammerland ab, wie ein Polizeisprecher mitteilte.

Die Polizei hielt den Protestzug danach an und vereinbarte mit dem Versammlungsleiter der Landwirte eine Route durch die Oldenburger Innenstadt. Nachdem die schweren Fahrzeuge die Autobahn verlassen hatten, hob die Polizei die Vollsperrung auf, der Protestzug fuhr durch die Innenstadt und traf sich nach Mitternacht zu einer Abschlusskundgebung.

B75 und B73 durch Trecker blockiert

Bereits am Montag hatten sich in vielen Regionen Niedersachsens Landwirte mit ihren Traktoren zu Demonstrationsfahrten gegen die Agrardiesel-Pläne der Bundesregierung zusammengefunden. So kamen in den Landkreisen Lüneburg und Uelzen nach Polizeiangaben seit dem Morgen mehr als 100 Landwirte mit ihren Treckern zu Protestfahrten und Demonstrationen. Auch der Landkreis Harburg sei betroffen gewesen. Auf dem Weg zur Demo blockierten Trecker am Montagmorgen die Bremer Straße (B75) und die Cuxhavener Straße (B73).

Im Landkreis Lüneburg kam den Angaben zufolge am Morgen der Verkehr auf der Bundesstraße 216 für zwei Stunden zum Stillstand. Zwei Dutzend Traktoren aus dem Bereich Harburg fuhren auf der Autobahn 39 auf beiden Fahrstreifen in Richtung Lüneburg. Die Polizei habe den Konvoi nach hinten abgesichert, hieß es. Es seien auch Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden, weil Traktoren wegen ihrer geringen Höchstgeschwindigkeit in der Regel nicht auf Autobahnen fahren dürfen.

Im Landkreis Uelzen war der Schwerpunkt der Bauernproteste die Bundesstraße 4, wo seit dem frühen Morgen bis zu 50 Landwirtschaftszugmaschinen unterwegs waren und zum Teil den Verkehr deutlich behinderten. In Einzelfällen seien Verfahren wegen Nötigung gegen Landwirte eingeleitet worden, hieß es von der Polizei.

An der B73 verlangsamten Trecker am Mittwoch den morgendlichen Berufsverkehr in Richtung Stade.

An der B73 verlangsamten Trecker am Mittwoch den morgendlichen Berufsverkehr in Richtung Stade. Foto: Vasel

In Osnabrück fuhren am Mittag 40 Traktoren und vier Autos im Konvoi langsam durch die Innenstadt. Die Polizei habe den Treckerumzug begleitet, dadurch sei der Verkehr behindert worden. Auch in Bohmte im Landkreis Osnabrück hätten einige Landwirte mit ihren Fahrzeugen demonstriert, hieß es. Blockaden habe es aber nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher.

Im ostfriesischen Wiesmoor (Landkreis Aurich) kamen auf der dortigen Hauptstraße zur Mittagszeit laut Polizei Landwirte mit zehn Traktoren zusammen. Der Verkehr sei behindert worden. „Ob Ordnungswidrigkeiten vorliegen, wird noch geprüft“, sagte eine Polizeisprecherin.

Tausende Landwirte bei Kundgebung des Bauernverbands in Berlin

In Berlin hatte der Deutsche Bauernverband unter dem Motto „Zu viel ist zu viel“ zu einer Kundgebung am Brandenburger Tor aufgerufen. Laut Landesbauernverband Landvolk reisten dazu auch aus Niedersachsen mehr als 2000 Landwirtinnen und Landwirte mit Zügen, Bussen und Autos an. Daneben seien 400 Trecker mit ein bis zwei Landwirten an Bord aufgebrochen. Bereits am Sonntag waren Bauern aus verschiedenen Landesteilen Niedersachsens in Richtung Hauptstadt gestartet.

Der Deutsche Bauernverband verlangte von der Ampel-Regierung eine Rücknahme der Pläne, Regelungen zum Agrardiesel und zur Kfz-Steuerbefreiung abzuschaffen. Damit will die Ampel Einsparungen im Bundeshaushalt erreichen. Landwirte befürchten zusätzliche finanzielle Belastungen.

Haushaltspaket: Özdemir will Belastung der Landwirte entschärfen

Bundesagrarminister Cem Özdemir äußerte vor den Landwirten in Berlin Verständnis über den Unmut wegen der vorgesehenen Streichung von Steuervergünstigungen für die Landwirtschaft. „Ich weiß, dass Sie mit einer Riesenwut hier nach Berlin gekommen sind“, sagte der Grünen-Politiker bei der Kundgebung. Es sei klar, dass nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts mehr gespart werden müsse - aber eben nicht überproportional in der Landwirtschaft. „Ich halte nichts von den Streichungen in diesem Umfang“, bekräftigte Özdemir. „Deshalb kämpfe ich im Kabinett dafür, dass es in dieser Härte nicht kommt.“

Im ZDF-“heute journal“ kündigte Özdemir am Montagabend an, zumindest eine der beiden geplanten finanziellen Belastungen für die Landwirte aus dem Haushaltspaket wieder zurückzunehmen. Konkret nannte Özdemir die beiden Beschlüsse, dass zum einen die Energiesteuer für Traktoren-Diesel künftig nicht mehr an die Betriebe zurückerstattet werden soll und zum anderen land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge nicht mehr von der Kfz-Steuer befreit sein sollen. Mit den Plänen würde die Branche pro Jahr mit einer Milliarde Euro zusätzlich belastet. Problematisch findet Özdemir auch, dass es für die Landwirte derzeit keine Alternative zum Diesel gebe: „Die schweren Landmaschinen lassen sich nicht anders betanken.“

Landwirte befürchten Wettbewerbsnachteile

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bekräftigte seine Kritik an den Ampelplänen zum Wegfall des Agrardiesels. Er sei mit diesem Teil des Ampel-Kompromisses nicht zufrieden, sagte Weil der „Nordwest-Zeitung“. „Ein Umstieg auf Schlepper mit Elektro-Antrieb ist schlicht noch nicht möglich. Die Landwirtschaft befindet sich zudem in einem harten internationalen Wettbewerb. Ein kurzfristiger Wegfall der Vergünstigungen wäre ein spürbarer Wettbewerbsnachteil.“

Durch die Energiesteuer verliere ein durchschnittlicher Betrieb etwa 10 000 Euro, sagte der Präsident des Landvolks, Holger Hennies. „Für viele Betriebe ist das ein Signal, schlechter gestellt zu werden als unsere europäischen Nachbarn.“ Die Regierung habe bislang viele Lösungen für die Landwirtschaft nicht auf den Weg gebracht, sei es in der Tierhaltung oder dem Düngerecht. Die Landwirte hätten geliefert und wirklich etwas geleistet, aber die Politik schlage den Landwirten nochmals richtig ins Gesicht. Den Äußerungen von Özdemir müssten nun Taten folgen, forderte Hennies. Sollte es keine ernsthaften Angebote geben, würden weitere Aktionen folgen.

Bisher können sich Höfe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen. Zudem sind land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit. (bv/set/dpa)

Die Landwirte aus dem Kreis Stade protestierten am Montag gegen die geplante Streichung der Agrardieselvergütung und der Kfz-Steuer-Befreiung.

Die Landwirte aus dem Kreis Stade protestierten am Montag gegen die geplante Streichung der Agrardieselvergütung und der Kfz-Steuer-Befreiung. Foto: Vasel

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