TTrotz 49 Taten: Boss von Internet-Betrügerbande muss nicht in Haft

Ein Zevener ist vor dem Landgericht Stade mit einem blauen Auge davongekommen. Ob das milde Urteil in Ordnung geht, da formulierte der Vorsitzende Zweifel.
Stade. Das lag vor allem an der letzten Zeugin vor dem Ende der Beweisaufnahme. Die Oberkommissarin aus Zeven fasste den Ermittlungsverlauf zusammen. Wie die Polizei erst auf einzelne Taten kam, weil es Anzeigen betrogener Kunden gab, die zwar bezahlt, aber keine Ware erhalten hatten.
Im Laufe der Monate kristallisierte sich heraus, dass eine Bande ihr Unwesen trieb. Untereinander forderten sich die fünf jungen Männer auf, neue – nichtexistierende – Waren anzubieten, Konten schnell zu räumen und erneut tätig zu werden. In ihren Chats sprachen sie von Dribbeln, so nannten sie sich die Dribbler, auch ihre Chatgruppe trug den Namen.
Tattoo verrät Gesinnung des Angeklagten
Über Dutzende von Anzeigen kam die Polizei den Tätern auf die Schliche. Im Kern der Gruppe stand der junge Mann, dem vor der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Stade der Prozess gemacht wurde. Wie die Polizistin aussagte, fiel der bei der Hausdurchsuchung extrem schlecht auf.
Ausgesprochen aggressiv, besonders den weiblichen Polizeibeamten gegenüber, zeigte er keinerlei Kooperationsbereitschaft. Im Zeugenstand wies die Oberkommissarin auf eine Tätowierung hin, die die Zahlen 1312 zeigt – als Symbol für eine Polizistenbeleidigung.
Bande hat Dutzende Kunden im Internet betrogen
Nach der Hausdurchsuchung, bei der unter anderem sechs Handys beschlagnahmt wurden, trat ein ermittlungstechnisch tragfähiges Bild zutage. Die Dribbler prellten Dutzende Kunden um Beträge zwischen 90 und 550 Euro. Das sei für die Betroffenen ein ärgerlicher Verlust, sagte Oberstaatsanwalt Kellermann in seinem Plädoyer.
Er äußerte den Eindruck, der Angeklagte sei heute einsichtig und geläutert und stellte ihm eine positive Sozialprognose aus. Die Taten liegen drei und mehr Jahre zurück. Sein Strafantrag: zwei Jahre Haft, ausgesetzt zur Bewährung.
„Ich war dumm und kann mich dafür nur entschuldigen“
In seinem letzten Wort schloss sich der Angeklagte seinem Verteidiger an. Ein Jahr und neun Monate sollten als Strafe genug sein, zumal es ein umfassendes Geständnis gab, ohne Beschönigungen. „Ich war dumm und kann mich dafür nur entschuldigen“, sagte der Angeklagte.
Landgericht Stade
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Das Geständnis und die Beteuerung, einen anderen Lebenswandel mit Arbeit und Partnerschaft zu führen, stimmten die Richter der 3. Großen Strafkammer milde. Auch habe es keine neuen Taten gegeben. Ein Jahr und 11 Monate auf Bewährung lautete ihr Urteil. Ein Monat davon gilt als verbüßt, weil die Richter das Verfahren wegen schwerwiegenderer anderer Fälle auf die lange Bank geschoben hatten.
Taten laienhaft ausgeführt
Die 49 Taten werteten die Richter als minderschweren Fall, zumal sie laienhaft, fast stümperhaft ausgeführt worden waren, wie der Vorsitzende, Richter Haase, anmerkte.
Daher sei das Gebaren nicht als Bandenkriminalität im eigentlichen Sinne zu werten. In der Urteilsbegründung hob der Vorsitzende das unterschiedliche Verhalten des jungen Mannes gegenüber der Polizei und nun im Gerichtssaal hervor. Er hoffe, dass sich der Lebenswandel tatsächlich geändert habe.
Bewährungshelfer steht Verurteiltem zur Seite
Auf den Verurteilten kommt dennoch eine Menge als Strafe und Wiedergutmachung zu. Der angerichtete Schaden von 13.500 Euro muss anteilig beglichen werden, die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ soll 3000 Euro überwiesen bekommen und die Kosten des Verfahrens hat der Verurteilte zu tragen.
Die Richter stellten zudem einen Bewährungshelfer zur Seite und machten deutlich, dass eine Bewährung bei Vergehen widerrufen wird. Da reicht es schon, wenn eine Rate einfach so nicht bezahlt wird.