TUkraine-Krieg: Wie Hilfe aus dem Kreis Stade Leben retten kann

Vizekonsul Boris Drogomyretskyi, Grischa Kaflowsky, Sascha Kaflowsky, Landrat Thorsten Krüger (Cuxhaven) und Landrat Kai Seefried (von links) mit der ukrainischen Flagge. Foto: Vasel
„Es war die Hölle auf Erden“: Sascha Kaflowsky schildert ungeschminkt vom Leid im Krieg. Bewegt übergab der Ex-Frontsoldat die Flagge seiner Brigade. Und er hat eine Botschaft.
Landkreis. Tief bewegt verfolgen der ukrainische Geschäftsmann Grischa Kaflowsky und sein Sohn Sascha die letzten Vorbereitungen vor dem Start des 6. Hilfskonvois des Landkreises Stade. Grischa Kaflowsky sichert die Verteilung des Hilfsmaterials in seiner Heimat.
Sein Sohn Sascha hat die bislang schwersten und verlustreichsten Gefechte des Kriegs in Bachmut überlebt. „Es war die Hölle auf Erden. Ich habe meine Angst in Bachmut verloren“, sagt Sascha Kaflowsky. Viele seiner Kameraden starben.
Neue Sorgen nach Trump-Forderungen
Im Februar 2022 hatte der IT-Experte sich als Freiwilliger für den Kriegsdienst gemeldet, zunächst im Kiewer Regierungsviertel, später in Bachmut und Charkiw unmittelbar an der Front. Nach mehreren schweren Verletzungen und monatelangen Behandlungen durfte er die Armee verlassen.
Dass US-Präsident Donald Trump in der Debatte um einen Waffenstillstand oder Frieden bereits signalisiert habe, dass Kaflowskys Land große Teile der Ost-Ukraine an Russland übergeben soll, erfülle ihn nicht nur mit Sorge: „Das war wie ein Messerstich in den Rücken. Wofür kämpfen wir?“

Die Landräte Kai Seefried und Thorsten Krüger hören zu. Vizekonsul Boris Drogomyretskyi vom Generalkonsulat der Ukraine dankt den 39 Freiwilligen vor der Abfahrt des 6. Ukraine-Hilfstransports in Stade (von links). Foto: Vasel
Westen weiß nicht, wie Putin tickt
Vielen im Westen sei nicht bewusst, wie der russische Präsident Wladimir Putin ticke. Er sehe sich als Erbe des Sowjet-Diktators Josef Stalin. Kaflowsky verweist auf die jüngste Umbenennung des Flughafens Wolgograd in Stalingrad. Das sei eine klare Botschaft und Drohung. Denn von 1932 bis 1934 ließ Stalin 3,9 Millionen Menschen töten, knapp 13 Prozent der damaligen ukrainischen Bevölkerung.
Stalin setzte Hunger nach der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft als Waffe ein. Er erzwang damit hohe Getreideabgaben, sodass 1932 eine große Hungersnot ausbrach. Der Holodomor - auf deutsch Mord durch Hunger - ist heute ein wichtiger Aspekt der nationalen Erinnerungskultur in der neuen Ukraine geworden.

Die Hilfe kommt an: Ein Fahrzeug aus der Samtgemeinde Horneburg ist in einer Feuerwehr von Tschabany in Kiew im Einsatz. Foto: Feuerwehr
Die Grausamkeit habe sich nicht verändert. „Auch Putin achtet unser Leben nicht“, sagt Sascha Kaflowsky. Ukrainische Soldaten würden nach der Gefangennahme von den Russen getötet oder gefoltert. Auch das Leben von Zivilisten sei nichts wert.
Täglich würden nicht-militärische Ziele auch bei ihm zu Hause in Kiew bombardiert. Und der Umgang mit der Journalistin Wiktorija Roschtschyna, sie recherchierte zu Putins Foltergefängnissen in der Ostukraine, offenbare laut Sascha Kaflowsky die Unmenschlichkeit: „Bei der Übergabe ihrer von Folterspuren gezeichneten Leiche fehlten Augen und Gehirn.“
Die gute Nachricht
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Ukrainer übergeben Flagge als Dank an Landrat
Der Krieg sei grausam. Und er verändere sich. Mittlerweile seien Kampfdrohnen die Hauptwaffe. „Damit erzielen wir 70 Prozent unserer Treffer“, so Sascha Kaflowsky. Er leitete eine Drohneneinheit.
Der Ukrainer warnt: Wenn Putin seinen Willen bekomme, werde er sich bestätigt fühlen. Der nächste Angriffskrieg im Baltikum wäre vorprogrammiert. Es dürfe kein Friedensdiktat seitens der USA und Russlands geben.

Sascha Kaflowsky übergab eine Flagge seiner Drohnen-Brigade mit Unterschriften seiner Kameraden an Landrat Kai Seefried (links), hinten ist Grischa Kaflowsky zu sehen. Foto: Vasel
Bewegt übergab Sascha Kaflowsky als Dank für die Hilfe aus dem Landkreis Stade eine ukrainische Flagge mit Unterschriften seiner Kameraden. Sie seien berührt vom Engagement. Für die Ukrainer sei der Konvoi ein „Zeichen der Menschlichkeit und der Solidarität“, sagte der ukrainische Vizekonsul Boris Drogomyretskyi bei der Verabschiedung der 39 Helfer. Diese Hilfsaktion zeige, dass sein unter der russischen Aggression leidendes Land „treue und aufrichtige Freunde“ habe. Die Freiwilligen seien alle „Helden“.

Gruppenbild vor der Abfahrt: Etwa 1200 Kilometer pro Strecke legt der Hilfskonvoi mit den 20 Fahrzeugen und 39 Freiwilligen zurück. Foto: Vasel
Humanitäre Hilfe ist aktiver Einsatz für den Frieden
In der Ukraine, war sich der Diplomat mit den Landräten Kai Seefried (Stade) und Thorsten Krüger (Cuxhaven) einig, werden auch die Demokratie und die Freiheit in der Europäischen Union verteidigt.
Dreieinhalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges sei ein Frieden noch immer nicht in Sicht. Seefried: „Unser sechster Konvoi, der bislang größte, soll ein Zeichen der Hoffnung sein.“

Das ausrangierte Tanklöschfahrzeug von der Feuerwehr Issendorf verlässt die FTZ in Stade auf dem Weg in die Ukraine. Foto: Vasel
Mit der Lieferung aus Stade würden vor allem Ärzte, Sanitäter und Feuerwehrleute unterstützt, die täglich Übermenschliches leisten. Seefried: „Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um das Leid der Zivilbevölkerung zu lindern.“
So gehen medizinisches Equipment und zehn Fahrzeuge, vor allem für Feuerwehr und Rettungsdienst, in die Ukraine - wie ein ausrangiertes Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr Issendorf, ein Tragkraftspritzenfahrzeug der Feuerwehr Heinbockel und ein Krankentransportwagen des Rettungsdienstes Cuxland. Die Ukrainische Ärztevereinigung in Deutschland schickte Ultraschallgerät und Monitore mit, so Dr. Sergej Popovic.

Auch das ausrangierte Tragkraftspritzenfahrzeug von der Feuerwehr Heinbockel geht ins Kriegsgebiet. Foto: Vasel
Anteilnahme weiterhin groß
Die anhaltende Spendenbereitschaft zeige, dass viele Menschen weiter Anteil nehmen an Leiden und Kampf der Ukrainer. Seefried und Krüger dankten den 39 Freiwilligen, die den Hilfskonvoi an die polnisch-ukrainische Grenze bei Radymno begleiten.
DLRG, Feuerwehr, Johanniter-Unfallhilfe und DRK unterstützen die Aktion mit Einsatzkräften und Begleitfahrzeugen - koordiniert vom Leiter der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle des Landkreises Stade, Wilfried Sprekels. Hilfsgüter im Wert von 200.000 Euro werden in der Ukraine verteilt. Die humanitäre Hilfe sei laut Seefried „ein aktiver Einsatz für den Frieden“.
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