TWar es wieder der Wolf? Drei Schafe im Stader Nachbarkreis getötet
Dieses Schaf wurde in dieser Woche mit einem Kehlbiss auf einer Weide am Rande der Ortschaft Misselwarden getötet. Foto: NZ
Nach den jüngsten Vorfällen in der Region findet auch Hobbyzüchter Hans Haase drei seiner Schafe tot auf einer Weide im Kreis Cuxhaven. Er zieht Konsequenzen für seine Herde.
Wurster Nordseeküste. Gerade sind im Landkreis Cuxhaven 14 Schafe eines Halters in Steinau gerissen worden; nur wenige Tage später hat es einen Hobbyzüchter aus Dorum getroffen. Drei seiner elf Tiere habe sein Sohn am Dienstagabend tot auf der gepachteten Weide am Ortsrand von Misselwarden (Kreis Cuxhaven) entdeckt, erzählt Hans Haase, Eigentümer der Schafe.
Ausnahmegenehmigung
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Der 64-Jährige wirkt geschockt. Der Zustand, in dem die getöteten Tiere gefunden wurden, entsetzt ihn. Zum anderen erschreckt ihn, wie weit sich das Raubtier bis in die Nähe einer Siedlung vorgewagt hat. „Die Weide befindet sich gleich gegenüber von den letzten bewohnten Häusern in Misselwarden“, berichtet er.
Haase betreibt Schafhaltung als Hobby seit 35 Jahren
1990 hatte sich der gelernte Tischler mit Mitte 20 sein erstes Muttertier samt zweier Lämmer gekauft. Aus Liebhaberei, wie er sagt. „Eigentlich wollte ich als Kind schon immer ein Schaf haben und in Opas Garten unterstellen, aber der war immer dagegen.“
Später hielten er und sein Schwager zusammen bis zu 30 Tiere. Bis zum Riss vor zwei Tagen zählte seine Herde zehn weibliche und ein männliches Tier auf der Misselwardener Weide.
„Ich war schon sehr traurig und hab heimlich ein paar Tränen verdrückt, aber das ändert ja nix“, sagt Haase. Ohnehin habe er seit dem Zwischenfall kaum Zeit zum Nachdenken gehabt.
Verbliebene Herde kommt vorzeitig in den Stall
Um die anderen Tiere schnell in Sicherheit zu bringen, bereitet er am Tag nach den Rissen gemeinsam mit seiner Frau den Schafstall am Wohnhaus in Dorum vor. Das habe es noch nie gegeben, dass er die Tiere schon Mitte Oktober reingeholt habe.
„Normalerweise sind sie bis Ende November oder sogar bis Mitte Dezember draußen.“ Einen Riss habe er in fast 35 Jahren noch nie beklagen müssen. Doch nach dem blutigen Zwischenfall in dieser Woche ist Haase das Risiko zu groß.
Haase vermutet angesichts der Spuren einen Wolfsangriff
Angesichts der Kehlbisse, mit denen die Tiere getötet wurden, glaubt Haase, dass ein Wolf die Schafe gerissen hat. „Genau weiß ich das natürlich nicht“, sagt er. Auf der Weide seien die Tiere zwar eingezäunt gewesen. In einen Wolfsschutzzaun habe er aber nie investiert.
Dass auch stromführende Wolfsschutzzäune keinen 100-prozentigen Schutz bieten, musste der Steinauer Nebenerwerbslandwirt erfahren, der gerade 14 Tiere – mutmaßlich durch einen oder mehrere Wölfe – verloren hat. Auch seine Tiere standen siedlungsnah auf einer Weide.
Landkreis Cuxhaven besonders von Wolfsrissen betroffen
Der Landkreis Cuxhaven gehört zu den Regionen in Niedersachsen mit den meisten Wolfsrissen. 2024 waren es 38 Schadensfälle, die beim Wolfsbüro des NLWKN Niedersachsen gemeldet worden waren, wobei die Zahl der töteten und verletzten Nutztiere deutlich darüber lag. Auch 2025 nimmt der Landkreis Cuxhaven nach ersten Zwischenbilanzen bei den Wolfsübergriffen landesweit eine Spitzenposition ein.
Anfang dieser Woche hatte Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) erklärt, der Wolf habe sich in zahlreichen Gebieten gut entwickelt und sei wieder zu einem festen Teil der Natur geworden. Das werde auch so bleiben.
Tiere lagen tot auf der Weide
18 Schafe im Landkreis Cuxhaven gerissen
Problemwölfe entnehmen
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„Zugleich werden die Länder ab jetzt Probleme, die es vor Ort gibt, leichter lösen können“, so Schneider. Sein Ministerium arbeitet gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium an einer rechtlichen Grundlage für den Abschuss von Wölfen, die bislang streng unter Naturschutz stehen.
Unabhängig von der politischen Debatte will Hans Haase auch in Zukunft Schafe züchten: „Ich mach‘ auf eigenes Risiko weiter mit den Schafen. Wenn es keinen Zweck mehr hat, muss man halt aufhören.“
Ausnahmegenehmigung erteilt: Wolf ist zum Abschuss freigegeben
Die Cuxhavener Kreisverwaltung äußerte sich ebenfalls zu den Vorfällen: „Der Landkreis Cuxhaven sieht die derzeitige Häufung von Rissen an Nutztieren kritisch“, teilte eine Kreissprecherin des Landkreises Cuxhaven mit.
Der Landkreis und die Stadt Cuxhaven hatten den niedersächsischen Umweltminister Christian Meyer gebeten, angesichts der vermehrten Risse einen Schnellabschuss zu prüfen. Dieser Bitte wurde jetzt stattgegeben - der Wolf ist zum Abschuss abgegeben.
„Die Kreisverwaltung setzt sich seit längerer Zeit dafür ein, dass die rechtlichen Regelungen angepasst werden. Im vergangenen Jahr hat die Kreisverwaltung die Initiative der Europäischen Kommission mit angeschoben, den Schutzstatus des Wolfs von ‚streng geschützt‘ auf ‚geschützt‘ zu senken“, so die Sprecherin weiter.
So hatte Cuxhavens Landrat Thorsten Krüger (SPD) im September 2023 die EU-Kommission in einem Brief über die „vergleichsweise hohe Anzahl der Wolfsübergriffe auf Nutztiere im Landkreis Cuxhaven“ informiert.
Bundesregierung muss Entscheidung über Ausnahmeregelungen treffen
Nach der Senkung des Schutzstatus in der Berner Konvention im vergangenen Dezember können die EU-Mitgliedstaaten nun eine leichtere Bejagung oder weitergehende Ausnahmeregelungen für die Jagd beschließen. Damit liegt der Ball nun bei der Bundesregierung in Berlin.
„Bis dahin ist noch ein ordentliches Stück Weg zu gehen. Doch die Kreisverwaltung bleibt hier – auch in Richtung Land, Bund und EU – mit Nachdruck am Thema dran, damit wir endlich Lösungen bekommen“, so Cuxhavens Landrat Thorsten Krüger.
Und: Der Landkreis arbeite eng mit dem niedersächsischen Umweltminister Christian Meyer (Grüne) zusammen, damit dieser die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen aufstellen kann.
Wurden im Landkreis Cuxhaven bereits Wölfe erlegt?
In der Vergangenheit gab es im Landkreis Cuxhaven bereits Anträge für Abschussgenehmigungen. Aber: „Bisher kam es dadurch zu keiner Entnahme eines Wolfs“, so die Behördensprecherin. Sprich: Im Landkreis wurden bisher offiziell noch keine Wölfe mit einer Ausnahmegenehmigung gejagt.
Das könnte sich in Zukunft aber durchaus ändern. „Der Landkreis Cuxhaven handelt bei Nutztierrissen durch Wölfe schnellstmöglich und soweit die rechtlichen Rahmenbedingungen dies zulassen“, so die Sprecherin. „Dies gilt auch für Abschussgenehmigungen.“
Was sagen die Jäger in der Region zu den Rissen?
Auch die Jäger im Kreis Cuxhaven äußerten sich zu den jüngsten Nutztierrissen. „Wir werden zwar nicht offiziell informiert. Dennoch haben wir über Gespräche und Kontakte mitbekommen, dass der Wolf gerade im Nordkreis sehr aktiv ist“, sagte Kreisjäger Eike Lindau, der auch im Vorstand der Jägerschaft Wesermünde-Bremerhaven ist.
Der Jäger erwartet, dass die Politik nach der Absenkung des Schutzstatus des Wolfs nun ihre Hausaufgaben macht. „In der Vergangenheit hat mir da bei einigen die Ernsthaftigkeit gefehlt. Doch mittlerweile habe ich den Eindruck, dass das Problem erkannt und hoffentlich auch angegangen wird“, sagte Lindau.
Nachdem der „günstige Erhaltungszustand“ des Wolfs in Deutschland an Brüssel gemeldet wurde, sollte bei Problemen auch eine Regulierung möglich sein. „Ich glaube, dass ein Abschuss von einzelnen Wölfen kein Tabu mehr für die Politik ist“, sagte Lindau. Als Nächstes müsse nun die Bundesregierung die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen.
Kosten für Herdenschutzzäune werden vom Land übernommen
Laut Wolfsmonitoring des Landes Niedersachsen sind die meisten gerissenen Tiere nicht durch einen elektrischen Herdenschutzzaun gesichert worden. Die Kosten für die Zäune für Schafe werden zu 100 Prozent vom Land gefördert. Das bezieht sich auf die Materialkosten, nicht jedoch auf die Errichtung. Gerade für viele Hobby-Schafhalter ist der Zaunbau sehr aufwendig.