TWarum Fachkräftemangel für Dachtechnik Spangenberg kein Problem ist

Das Team von Spangenberg in Bargstedt. Fünfte von rechts im roten Shirt ist Ines Spangenberg. Foto: Fotostudio Augenblicke
Dachtechnik Spangenberg ist ein kleines Unternehmen in Bargstedt. Was Chefin Ines Spangenberg auf die Beine stellt, um ihr Personal bei Laune zu halten, ist umso erstaunlicher.
Stade. „Ich habe ein megageiles Team.“ Wer so überzeugt von den Kolleginnen und Kollegen reden kann, wie Ines Spangenberg, darf sich wohl glücklich schätzen. Aber die Chefin tut auch viel dafür, dass sich die Belegschaft weiterentwickelt und wohlfühlt im Betrieb. Das, was Spangenberg dabei von ihren Leuten verlangt, ist nicht jedes Handwerkers Sache.
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Das TAGEBLATT hat in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Landkreis Stade GmbH eine kleine Serie zum Themenkomplex Fachkräftemangel aufgesetzt. Neben Spangenberg gehören dazu Bäcker Schrader mit Sitz in Apensen und Mittelstädt-Haus in Himmelpforten. Sie berichten, wie sie ihr Personal pflegen und ans Haus binden.
Soft Skills im Handwerk - wie passt das zusammen?
Das Team ist überschaubar, Spangenberg würde sagen klein, aber fein. Acht Dachdecker-Gesellen gehören dazu, ein Meister, zwei Auszubildende. Ines‘ Mann ist mit eingestiegen in den Betrieb, dazu kommt noch die Chefsekretärin. „Nur volle Fachkompetenz“, sagt Spangenberg. Für kleine Handwerksbetriebe ungewohnt: Spangenberg setzt neben dem Fachlichen auf Soft Skills, also auf die weichen Kompetenzen.

Schwindelfrei sollte man sein: Dachdeckermeister Torben Viets und Vorarbeiter Mirko Natzke haben damit kein Problem. Foto: Spangenberg
Kommunikation untereinander, Respekt und Verständnis füreinander, das Wie und nicht nur das Was, das stellt die Chefin immer wieder in den Mittelpunkt. Das sei gewöhnungsbedürftig, zahle sich aber mit der Zeit aus.
Das kleine Unternehmen nutzt dabei Hilfen vom Bund wie das Inqa-Coaching, von der EU aus dem europäischen Sozialfonds, oder regionale Plattformen wie „besser hier“. Bei Inqa, der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ des Bundesarbeitsministeriums, wird kleinen Betrieben geholfen, sich den schnell wandelnden Anforderungen der Zeit zu stellen in Fragen der Digitalisierung oder zum Beispiel beim Einsatz von KI.
Motivationsfragen und die Sag-es-Formel
Gemeinsam erarbeitet das Team aber auch Fragen nach der Motivation der eigenen Arbeit. Was ist der innere Antrieb, was bin ich eigentlich für ein Typ. Und was ist mein Kollege für einer? Spangenbergs Mitarbeiter werden also auch menschlich geschult. Zum Beispiel lernen sie, die Sag-es-Formel anzuwenden, also Probleme anzusprechen, vielleicht sogar Gefühle, um dann gemeinsam zu überlegen: Wie kriegen wir das hin. Sollten sich Kollegen über andere beschweren, sagt die Chefin schon mal gerne: „Klärt euren Ringelpietz bitte selber, ich bin nicht eure Mutter.“
Im Team wird nicht nur Zwischenmenschliches geklärt, sondern selbstredend auch Fachliches. Wie gehen wir neue Projekte an, welches neues Werkzeug benötigen wir? Mitdenken gehört bei Spangenberg zum Job. Sie kann sich dabei darauf verlassen, dass ihr Team „Bock auf Neues“ hat, bei Innovationen mitgeht, und sei es nur der digitale Stundenzettel.
Kommunikation ist ein großes Thema. Jeder Tag beginnt mit einem Kaffee und Klönschnack im Betrieb. Jede Woche endet am Freitag mit der Info-Runde. Lief was schief in der Woche, was können wir aus den Fehlern lernen, wo können wir Abläufe optimieren? Welche neuen Aufträge stehen an, gibt es neue Vorschriften, neue Technik? Das alles wird protokolliert und an alle verschickt. Keiner kann sagen: Das habe ich nicht gewusst.
Check: Passen die neuen Kollegen zu den Spangenberg-Werten?
Ines Spangenberg führt mit jedem Mitarbeiter einmal im Jahr ein Personalgespräch, nimmt sich dafür ein, zwei Stunden Zeit. Alle sind per Du, das ist keine Überraschung. Neue Kollegen werden gecheckt, ob sie ins Team passen, ob er oder sie die Spangenberg-Werte teilen.
Dazu gesellen sich weitere Vorteile: Eine eigene Physiotherapeutin steht zur Verfügung, eine Zusatzrente ist obligatorisch, Verdienst über Tarif auch. Die Kollegen werden komplett ausgestattet - für Sommer-, Winter- oder Regenwetter. Getränke und Kaffee stehen bereit. Neueste Errungenschaft wird eine in Norddeutschland einzusetzende Kreditkarte (Givee) sein, eine steuerfreie Sachbezugskarte, wie es offiziell heißt, als digitaler Benefit.
Die Bemühungen fruchten, sagt Ines Spangenberg.: „Die Kollegen bleiben über viele Jahre.“ Sie ist von in ihrem System so überzeugt, dass sie sich vorstellen könnte, als Beraterin auch andere Handwerksbetriebe von dieser Vorgehensweise zu überzeugen.
Wie Firmen ihre Fachkräfte an sich binden können, ist auch Thema bei der Fachkräftekonferenz des Fachkräftebündnisses Elbe-Weser am 8. Mai in Ritterhude. Die dreistündige Veranstaltung beginnt um 10 Uhr. Anmeldungen laufen über die Website www.fkbew.de bis zum 23. April.