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Frauenrechte

TFlughafenentführung und Femizid in Horneburg: Orange Days gegen Häusliche Gewalt

Die Orange Days beginnen: Soroptimist-Club, Gleichstellungsbüro und BSV setzen am Buxtehuder Fleth ein farbenfrohes Zeichen gegen Gewalt an Frauen.

Die Orange Days beginnen: Soroptimist-Club, Gleichstellungsbüro und BSV setzen am Buxtehuder Fleth ein farbenfrohes Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Foto: Anping Richter

Ein Mann tötet seine Ex-Partnerin in Horneburg, ein anderer entführt seine Tochter aus Stade und legt den Hamburger Flughafen lahm: Solche Fälle erregen Aufsehen. Doch viel öfter gibt es häusliche Gewalt im Verborgenen. Die Orange Days klären auf.

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Von Anping Richter
Freitag, 24.11.2023, 15:40 Uhr

Landkreis. Spektakuläre Fälle wie der Horneburger Femizid oder die Flughafenentführung rücken den öffentlichen Fokus für Augenblicke auf ein Problem, das sonst viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt: häusliche Gewalt. Um das zu ändern, wurden die Orange Days ins Leben gerufen: Zwischen dem 25. November, dem weltweiten Tag der Vereinten Nationen gegen Gewalt an Frauen, und dem 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, sollen sie das Thema sichtbar machen. Dazu gibt es im Kreis Stade mehrere Aktionen.

Knallorange Schirme über das Buxtehuder Fleth

Die BSV-Bundesligahandballerin Teresa von Prittwitz hat ihre Wurfkraft für die Orange Days eingesetzt: Sie warf die Seil über das Buxtehuder Fleth, an denen jetzt 60 knallorange Schirme hängen. Der Hingucker ist auf Initiative des Soroptimist-Clubs und des Gleichstellungsbüros entstanden. Orange sind auch 130.000 Papiertüten, die in 18 Bäckereien und auf Wochenmärkten im Kreis Stade verteilt werden, außerdem in Schulen, Geschäften, Apotheken und Vereinen, bei der Stader Tafel und der Diakonie Buxtehude und Stade. Auf den Tüten stehen Notrufnummern der Beratungsstellen und der Slogan „Gewalt gegen Frauen? Kommt nicht in die Tüte!“
BSV-Bundesligaspielerin Teresa von Prittwitz, Polizistin Meike Hesebeck und Timm Hubert vom BSV hängen Schirme auf.

BSV-Bundesligaspielerin Teresa von Prittwitz, Polizistin Meike Hesebeck und Timm Hubert vom BSV hängen Schirme auf. Foto: Anping Richter

„Die Aktion wird jedes Jahr größer“, freut sich Elena Knoop, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises. Organisiert wird sie vom Netzwerk gegen häusliche Gewalt, zu dem die hautpamtlichen Gleichstellungsbeauftragten, die AWO-Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt (BISS), das Frauenhaus, die AWO-Beratungsstelle Lichtblick, der Kinderschutzbund, die Polizei, Jugendämter und Justiz gehören. „Die Tüten kommen direkt zu den Frauen nach Hause. So erreichen wir unzählige Betroffene, denen wir Mut machen wollen, sich Unterstützung zu holen“, erklärt Hanne Rathjens, Leiterin des Stader Frauenhauses.

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Plakat-Kampagne begleitet die Tüten-Aktion

Orange ist auch die Hauptfarbe der Plakate und Banner einer Plakatkampagne der Gleichstellungsbeauftragten. m Kreishaus, am Mehrgenerationenhaus in Horneburg und am Rathaus der Hansestadt Stade, in Buxtehude am Fleth und an der Ecke Poststraße/Hansestraße, in Himmelpforten am Bahnhof und in Harsefeld an den Ortseingängen.

Die Gleichstellungsbeauftragten mit einem der Plakate, die an vielen Orten im Kreis aufgehängt werden.

Die Gleichstellungsbeauftragten mit einem der Plakate, die an vielen Orten im Kreis aufgehängt werden. Foto: Gleichstellungsbüro LK Stade

Jede vierte Frau erlebt mindestens ein Mal in ihrem Leben Gewalt in ihrer Beziehung - das sind mehr als zwölf Millionen Frauen. „Gewalt fängt nicht erst mit dem ersten Schlag an. Das ist vielen nicht bewusst“, sagen die Initiatorinnen. Häusliche Gewalt sei auch, wenn der Mann das Geld oder das Handy seiner Partnerin kontrolliert, sie beleidigt, ihre Freizeit überwacht oder ihr soziale Kontakte verbietet. Oft gehe es dabei um Macht.

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Frauenhausplätze: Im Kreis Stade ist Besserung in Sicht

Nach wie vor fehlt es an Frauenhausplätzen. Laut einer Untersuchung des Vereins Frauenhauskoordinierung suchten 2022 insgesamt 6444 Frauen und 7460 Kinder Schutz in den 179 beteiligten Einrichtungen. Zu diesen gehört das Stader Frauenhaus: Es nahm 33 Frauen und 36 Kinder auf. 93 Frauen bekamen keinen Platz, weil alles belegt war. Die Auslastung: 97,42 Prozent. Im Jahr 2023 hat das Stader Frauenhaus bisher 32 Frauen und 39 Kinder aufgenommen, 129 Frauen bekamen keinen Platz mehr. Die Auslastung lag bei 97,96 Prozent. Hochgerechnet auf rund 400 Frauenhäuser in Deutschland ist davon auszugehen, dass 2022 rund 14.400 Frauen und 16.670 Kinder Schutz dort fanden. Der Bedarf wäre viel größer: Laut Verein Frauenhauskoordinierung fehlen 14.000 Plätze.

Im Kreis Stade soll sich die Lage bald verbessern: Im ersten Halbjahr 2024 wird in Stade ein neues Schutz- und Beratungszentrum für Frauen in Betrieb genommen. „Dadurch bekommen wir neun zusätzliche Plätze für von Gewalt betroffene oder bedrohte Frauen und ihre Kinder. Mit dann insgesamt 14 Plätzen haben wir das Angebot um fast 200 Prozent erweitert“, sagt Hanne Rathjens. Zum Zentrum gehört eine Frauengewaltberatungsstelle, eine Mitarbeiterin startet schon im Januar 2024.

In Buxtehude sollen zwei Schutzwohnungen Anfang des Jahres ihre Arbeit aufnehmen, berichtet die Gleichstellungsbeauftragte Gabi Schnackenberg. Wenn es die Gefahrensituation erlaube, bieten sie nicht nur wohnortnahen Schutz. Sie setzen vor Ort auch das Thema. Das könne Frauen ermutigen, den Weg aus einer gewalttätigen Partnerschaft zu gehen. Damit sich etwas ändert, muss auch an anderen Stellschrauben gedreht werden, sagt Schnackenberg. Eine davon ist es, die Gemeinschaft aufzuklären, was in Buxtehude künftig das STOP-Projekt (Stadtteile ohne Partnergewalt) leisten soll. Eine weitere Stellschraube wäre ein Hilfsangebot für gewalttätige Partner zum Schutz der Frauen und Kinder.

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Bei den Orange Days machen die orangen Tüten des Netzwerks gegen häusliche Gewalt auf  das Tabu-Thema aufmerksam.

Mitglieder des Netzwerks gegen häusliche Gewalt mit orangen Tüten mit der Aufschrift „Gewalt?! ...kommt nicht in die Tüte!“ anlässlich der Orange Days. Foto: Netzwerk gegen häusliche Gewalt

Hier gibt es Hilfe:

  • Stader Frauenhaus: 04141/ 44123
  • AWO-Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt (BISS): 04141/ 534415
  • AWO-Beratungsstelle Lichtblick gegen sexuelle Gewalt: 04161/ 714715
  • Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 116 016
Online-Hilfe und Beratung in 18 Sprachen gibt es hier.
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