Gewalt fängt nicht erst mit dem ersten Schlag an

Bis zum 10. Dezember informieren die Gleichstellungsbeauftragten anlässlich der „Orange Days“ mit Bannern, Großplakaten sowie mit Beiträgen auf Instagram und Facebook über das Thema Gewalt an Frauen und Mädchen.
Jede dritte Frau in Deutschland erlebt mindestens einmal körperliche oder sexuelle Gewalt. Jede vierte Frau sogar in ihrer Beziehung. Alle drei Tage wird eine Frau sogar von ihrem Partner getötet. „Es gibt enormen Handlungsbedarf“, sagt Stades Gleichstellungsbeauftragte Elena Knoop.
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Beleidigung, Stalking, Überwachung - häusliche Gewalt umfasst mehr als Handgreiflichkeiten. Die internationalen Aktionstage der „Orange Days“ sollen für das Thema sensibilisieren. Am 25. November startet die internationale und auch von den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Stade unterstützte Kampagne - zeitgleich mit den internationalen Aktionstagen der „Orange Days“.
„Statistisch gesehen kennen alle eine Betroffene“, sagt Elena Knoop, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Stade. Und sie räumt mit einem gängigen Vorurteil auf. Häusliche Gewalt gegen Frauen passiert „unabhängig von Bildungsstand, Alter oder sozialer Schicht“, sagt Elena Knoop.
Um das Thema stärker in die öffentliche Diskussion zu rücken, hat das Netzwerk „Häusliche Gewalt“ auch in diesem Jahr wieder zu den Orange Days aufgerufen. Zentraler Punkt dabei sind Papiertüten mit der Aufschrift „Gewalt?!... kommt nicht in die Tüte!“. Auf den Tüten sind auch die Notrufnummern für Beratungsstellen gedruckt. Damit werde auf einen Blick deutlich, „wo es Hilfe gibt“, sagt Hanne Rathjens, Leiterin des Stader Frauenhauses: „Auf diese Weise erreichen wir unzählige Betroffene.“
Netzwerk "Häusliche Gewalt" erhält mehr Unterstützung
Seit 20 Jahren gibt es das Netzwerk „Häusliche Gewalt“ im Landkreis Stade. Darin engagieren sich neben den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises sowie der Hansestädte Stade und Buxtehude auch weitere Kommunen und Beratungsstellen.
In diesem Jahr verteilt das Netzwerk 130.000 Tüten. Zehn lokale Bäckereien und zahlreiche Wochenmärkte unterstützen die Aktion. Außerdem beteiligen sich die Kantine der Stader BBS II und BBS III sowie weitere Geschäfte, Apotheken und Vereine. „Wir freuen uns sehr, dass wir so viel Unterstützung bekommen. Sie wird von Jahr zu Jahr größer“, sagt Renate Winkel von der Awo-Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt, kurz BISS. 2020 ließ das Netzwerk noch 80.000 Tüten drucken.
Es gibt lokale Hilfsangebote
Bereits 2013 startete das Netzwerk die Tüten-Aktion. Seit vorigem Jahr ist sie Teil der „Orange Days“, einer Kampagne, die weltweit auf die Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam macht. Die Kampagne läuft 16 Tage, stets vom 25. November - dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen - bis zum 10. Dezember - dem Internationalen Tag der Menschenrechte.
„Uns ist wichtig, dass die lokalen Hilfsangebote bekannt werden. Das steht im Mittelpunkt der Tüten-Aktion“, erklärt die Buxtehuder Gleichstellungsbeauftragte Gabi Schnackenberg. „Das schaffen wir mit 130.000 Tüten.“ Sie sollen Mut machen, sich Unterstützung zu holen. Zum Beispiel bei Elena Knoop. Sie ist zu erreichen beim Landkreis unter 0 41 41/ 12-1005 oder per Mail an gleichstellungsbeauftragte@landkreis-stade.de. (st)
Alle drei Tage wird eine Frau vom Partner getötet
Bis zum 10. Dezember informieren die Gleichstellungsbeauftragten anlässlich der „Orange Days“ mit Bannern, Großplakaten sowie mit Beiträgen auf Instagram und Facebook über das Thema Gewalt an Frauen und Mädchen, um so möglichst viele Menschen zu erreichen. Denn Tausende Frauen sind bundesweit von häuslicher Gewalt betroffen. Jede vierte Frau erlebt mindestens einmal Gewalt in ihrer Beziehung - das sind mehr als 12 Millionen Frauen. Und alle drei Tage wird eine Frau sogar von ihrem Partner getötet.
„Gewalt fängt nicht erst mit dem ersten Schlag an“, sagt Elena Knoop, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Stade. „Das ist vielen nicht bewusst.“ Denn häusliche Gewalt ist auch, wenn der Mann das Geld oder das Handy seiner Partnerin kontrolliert, sie beleidigt und ihr sagt, wie wenig sie oder ihre Bedürfnisse wert sind, ihre Freizeit überwacht oder ihr beispielsweise soziale Kontakte verbietet. „Oftmals geht es dabei um Macht“, sagt Elena Knoop, die ein Banner vor dem Kreishaus aufhängen wird.

Jede dritte Frau in Deutschland erlebt mindestens einmal körperliche oder sexuelle Gewalt. Foto: pixabay
Ähnliches planen ihre Mitstreiterinnen: Die Gleichstellungsbeauftragten der beiden Hansestädte Stade und Buxtehude sowie der Samtgemeinden Harsefeld, Oldendorf-Himmelpforten und Horneburg werden ebenso Banner und Plakate in ihren Kommunen aufhängen und die Social-Media-Kampagne unterstützen. „Die Notrufnummern der lokalen Beratungsstellen sowie des bundesweiten Hilfetelefons sind dabei immer zu sehen“, erklärt Daniela Subei, Horneburgs Gleichstellungsbeauftragte. „So erfahren die Frauen, wo sie sich Hilfe holen können.“
Hier gibt es Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt
- BISS – Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt, Stade: Tel. 04141-53 44 15
- Opferhilfebüro Stade unter 04141-4 03 04 30
- Lichtblick – Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt, Buxtehude: Tel. 04161-714 715
- Frauenhaus, Stade: 04141-44 123
- Weißer Ring Stade unter 0151/55 16 47 10
- Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben - 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr, anonym und kostenfrei: Tel. 08000-116 016 und Online.
- Explizit an Männer, die Gewalt erlebt haben, richtet sich das Hilfetelefon unter Tel. 0800-1239900
Aktionstag: Hilfsangebote bei häuslicher Gewalt
Die Stader Städtegruppe von „Terre des Femmes“ macht ebenfallsam 25. November auf häusliche Gewalt gegen Frauen aufmerksam. Die Gruppe lädt zu Gesprächen am Infostand am Rathaus ein. Der Verein „Terre des Femmes“ ist nach eigenen Angaben die größte Frauenrechtsorganisation Deutschlands.
Der niedersächsische Opferschutzbeauftragte Thomas Pfleiderer macht anlässlich des Aktionstags auf bestehende Hilfsangebote aufmerksam: Auf der Webseite des Landespräventionsrates Niedersachsen gibt es mit der Kampagne „Hast du das auch gehört?“ fünf einfache Tipps, was getan werden kann, wenn in der Nachbarschaft häusliche Gewalt bemerkt wird. (ahu)