Häusliche Gewalt: Nachbarn in Buxtehude sollen hinschauen

Häusliche Gewalt hat viele Formen. In Buxtehude soll ein neues Projekt dafür sorgen, dass es gar nicht erst zu Gewalt kommt (Symbolbild). Foto: Fabian Sommer/dpa
In Stade gibt es bald mehr Frauenhaus-Plätze, in Buxtehude sollen Schutzräume für von Gewalt betroffene Frauen entstehen. Zusätzlich soll es in Buxtehude ein Projekt gegen Gewalt geben - bevor sie passiert. Dabei spielt die Nachbarschaft eine wichtige Rolle.
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Die Stadt Buxtehude hat ein Rahmenkonzept zum Thema „Häusliche Gewalt“ entwickelt, bestehend aus drei Säulen. Die Schutzräume sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit im landkreisweiten Netzwerk gegen häusliche Gewalt sind zwei davon, die dritte: das Projekt „StoP: Stadtteile ohne Partnergewalt“. Es soll das Thema öffentlich machen, dafür sorgen, dass man darüber spricht.
Das Konzept wurde von Prof. Dr. Sabine Stövesand, Professorin für Soziale Arbeit in Hamburg, entwickelt und versteht sich als Ergänzung zur Frauenhausarbeit. Es setzt präventiv an, das heißt, nicht erst dann, wenn die Gewalt stattgefunden hat. Dabei spielt der Sozialraum, in dem die Betroffenen leben, eine große Rolle.
Der erste wichtige Schritt für das Projekt ist getan
Denn nicht selten gibt es Personen im Umfeld, die von Gewalt in Partnerschaften wissen, oder sie erahnen, und nicht wissen, wie sie handeln sollen. Das „StoP“-Projekt habe zum Ziel, „das Lebensumfeld aus der Verhaltensunsicherheit und Unwissenheit heraus zu lösen und Handlungsoptionen nutzbar zu machen, um die Gewalt zu stoppen“, heißt es im Rahmenkonzept.
Ein erster wichtiger Schritt ist für die Stadt Buxtehude getan: Es wurde eine Mitarbeiterin gefunden, die sich um das Projekt kümmern wird. Sie wird im Herbst die Weiterbildung zur „StoP“-Projektmanagerin machen, sagt Andrea Lange-Reichardt, Leiterin der zuständigen Fachgruppe Jugend und Familie. Ihre Arbeit aufnehmen wird die neue Mitarbeiterin im Sozialraum 1a, der etwa die Altländer Straße und die Sagekuhle umfasst.
So soll das Projekt konkret betroffenen Frauen helfen
„Stadtteile ohne Partnergewalt“ ist als Projekt in acht Schritten aufgebaut, die teilweise auch parallel verlaufen und sich wiederholen. So die Theorie. Erst einmal wird sich die neue Mitarbeiterin im Stadtteil zurechtfinden und Akteure, die es dort schon gibt, kennenlernen. Häusliche Gewalt ist ein sehr sensibles Thema. Vertrauen vor Ort zu schaffen, ist wichtig und wird dauern. „‘StoP‘ benötigt ein bis zwei Jahre, um etabliert zu werden“, erklärt Lange-Reichardt.
Das Projekt sieht etwa vor, nachbarschaftliche Aktionsgruppen aufzubauen, die sich mit dem Thema beschäftigen und selbst Aktionen planen und umsetzen, aber auch individuelle Beratungen gehören dazu - und gegebenenfalls, dass von Gewalt betroffene Frauen schnell Sicherheit im Schutzraum finden. Von den Erfahrungswerten, die gesammelt werden, soll der Politik regelmäßig berichtet werden, sagt Lange-Reichardt.
Männer werden ausdrücklich mit einbezogen
Das „StoP“-Konzept wird bereits in den Städten Hamburg, Berlin, Braunschweig, Dresden, Glinde, Oldenburg und Osnabrück angewandt. Zudem wurde das Konzept vom Niedersächsischen Landespräventionsrat im Jahr 2021 als wirksame Vorgehensweise deklariert. Beim „StoP“-Konzept werden Männer ausdrücklich in die Arbeit mit einbezogen. „Als Verbündete, als Nachbarn, als Familienväter mit Vorbildfunktion, mit einer Haltung für ein gewaltfreies Miteinander“, heißt es im „StoP“-Konzept.
Das Angebot der Schutzräume in Buxtehude kann voraussichtlich im kommenden Jahr starten (das TAGEBLATT berichtete). Die Stadt Buxtehude hat eine geeignete Mitarbeiterin gefunden, die sich um die Schutzräume kümmern wird. Zwei Wohnungen werden es sein; die Fachgruppe Soziales, Wohnen und Senioren der Stadt hat diese bereits angemietet.
Das Thema ist aktueller denn je. Die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt ist in Deutschland zuletzt stark gestiegen. Auch im Landkreis Stade ist die Zahl weiterhin hoch, wie das Netzwerk gegen häusliche Gewalt jüngst berichtet hatte.