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TWarum sich ein Industrie-Angestellter aus Ahlerstedt mit Bauern solidarisiert

Siegfried Brunkhorst steht mit seinem Trecker mitten in Zeven auf dem Platz vor dem Kino, um mit Bürgern ins Gespräch zu kommen.

Siegfried Brunkhorst steht mit seinem Trecker mitten in Zeven auf dem Platz vor dem Kino, um mit Bürgern ins Gespräch zu kommen. Foto: Hilken

Nicht den Verkehr blockieren, sondern über Landwirtschaft reden: Das bietet Siegfried Brunkhorst anlässlich der Bauernproteste allen Passanten auf dem Platz vor Polizei und Bäckerei in Zeven an. Dafür hat der Industrie-Angestellte gute Gründe.

Von Lutz Hilken Dienstag, 09.01.2024, 14:50 Uhr

Ahlerstedt/Zeven. „Nimm Platz und wir reden“, heißt es auf einem Tisch im Freien. Daneben sitzt Siegfried Brunkhorst aus Oersdorf bei Ahlerstedt und möchte mit Bürgern in Zeven ins Gespräch kommen. Anlass sind die Bauernproteste. Dabei ist der 56-Jährige gar kein Landwirt, sondern mit seinem Traktor nach Zeven gekommen, um sich zu solidarisieren. „Ich will einfach nur dabei sein, weil es schade ist, was sich im ländlichen Raum entwickelt“, sagt er.

In Zeven möchte er als Stimme aus der Bevölkerung wahrgenommen werden. Auf eine Art und Weise, die das Gespräch in den Mittelpunkt rückt, um einen Beitrag zum Bauernprotest zu leisten. So fährt er am frühen Morgen 18 Kilometer mit seinem John Deere nach Zeven, stellt sich neben Polizeistation und Bäckerei und lädt ein zum Gespräch.

Friedlich demonstrieren und Bauern Respekt zollen

Eine zufällig vorbeikommende junge Frau fragt ihn, was er hier mache. So schildert er seine Idee vom spontanen Zusammenkommen verschiedener Bürger, um Landwirte zu motivieren: „Leute, macht weiter so, tolle Idee, kämpft für die Sache. Power to the Bauer.“ Seine Gesprächspartnerin bekundet, Landwirte „haben viel Respekt verdient“. Dafür wolle sie gerne friedlich mitdemonstrieren.

„Nimm Platz und wir reden“: Siegfried Brunkhorst bietet Passanten anlässlich der Bauernproteste Gespräche mitten in Zeven an.

„Nimm Platz und wir reden“: Siegfried Brunkhorst bietet Passanten anlässlich der Bauernproteste Gespräche mitten in Zeven an. Foto: Hilken

Was Siegfried Brunkhorst den Menschen vermitteln möchte? Dass sie kritisch hinterfragen und sich mit den Fakten zur Landwirtschaft beschäftigen. Und er wünscht sich eine positivere Berichterstattung über den Agrarsektor: „Wir haben in Deutschland eine ganz tolle Landwirtschaft, die effektiv arbeitet und Lebensmittel zu einem sehr hohen Standard herstellt.“ Das sei nicht in jedem Land so. Trotzdem werde die Landwirtschaft „kaputt gemacht“.

Protestler fühlt sich Landwirten verbunden

Der Protestler räumt ein, dass er als Angestellter eines Industrie-Unternehmens „nicht alles weiß, mit welchen Problemen die Landwirte zu tun haben“. Er fühle sich ihnen jedoch verbunden: „Mich macht es traurig, dass die Landwirtschaft so mit Füßen getreten wird.“ Mit Blick auf Umweltauflagen verstehe er, dass die Natur geschützt werden müsse. „Aber auch unsere Landwirte, damit wir sie nicht verlieren“.

Siegfried Brunkhorst ist selbst auf einem Hof groß geworden. Das Treckerfahren ist als Hobby geblieben. Dabei ärgert er sich, dass zum 1. Juli die Gewichtsgrenze für die Maut-Gebühr auf 3,5 Tonnen heruntergesetzt werden soll. „Das würde bedeuten, in der nächsten Stufe wäre mein Traktor mautpflichtig. Das ist mein persönlicher Unmut.“ Das Nächste sei das Sonntagsfahrverbot, unkt er. „Wir zerstören damit ein Kulturgut“, womit er Oldtimertreffen mit alten Traktoren meint. Die dürften in Zukunft mit schwarzen Kennzeichen kein landwirtschaftliches Gerät mehr dahinter hängen.

Bürger zeigt Flagge und will Verständnis wecken

So zeigt er Solidarität mit Traktor und Flatterband, will niemanden bedrängen oder jemandem schaden. „Aber es ist einfach die Zeit, um etwas zu machen, und das möglichst friedlich. Nichts zu tun, ist diese Woche und heute falsch.“

Der Oersdorfer weiß, dass Landwirte mit mehr Problemen als dem geplanten Wegfall der Agrardiesel-Subvention zu tun haben. „Lasst die Bauern zufrieden, die wollen einfach nur ihre Lebensmittel zu einem vernünftigen Preis verkaufen, mit dem Aufwand, den sie betrieben haben.“ Es gelte, Lösungen zu finden und Lebensmittelproduzenten als systemrelevant zu betrachten. Sein persönliches Ziel: „Ich wünsche mir, dass ich mindestens einen Menschen soweit abhole, dass er anders über die Landwirtschaft denkt.“

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