TWas Stader über Risiken und Nebenwirkungen von LNG wissen wollen

Blick auf die Elbe durch eine Spundwand auf der Baustelle des LNG-Terminals in Stade. Foto: Focke Strangmann/dpa
Das LNG-Beschleunigungsgesetz macht’s möglich: Das landseitige Stader LNG-Terminal ist genehmigt, ohne Erörterungstermin für Bürger und ihre Einwände. Unmöglich fanden das BUND und Deutsche Umwelthilfe. Sie luden selbst zur „alternativen Erörterung“.
Stade. Umweltminister Christian Meyer hat die Genehmigung für das landseitige LNG-Terminal vor einer Woche freudig verkündet. Für James Hiatt ist es aber eine Hiobsbotschaft. Sie wird ihm vor gut 50 Zuhörern in der Seminarturnhalle überbracht, wo er live per Video zugeschaltet ist. Der US-Amerikaner fürchtet, dass ein großer Teil des LNG aus seiner Heimat kommen wird: Fracking-Gas aus Louisiana. An die Adresse von Umweltminister Christian Meyer sagt er: „Ich verstehe nicht, wie Sie als Mitglied einer grünen Partei denken können, dass fossiles Gas aus der Erde zu holen, eine Lösung für uns sein kann.“
Behörde weist Fracking-Gas-Einwände zurück
Hiatts Anhörung ist Teil des „alternativen Erörterungstermins“ in der Seminarturnhalle, bei dem Experten aus Wissenschaft und Umweltverbänden am Dienstag Bürgern über Risiken und Auswirkungen des LNG-Terminals Rede und Antwort standen.
13 Privatpersonen und sechs Vereine haben Einwendungen erhoben. Einen Erörterungstermin hielt die Behörde nicht für nötig. Die Einwände der US-Amerikaner wurden sogar abgewiesen: Die angeführten Beeinträchtigungen seien nicht der Stader Anlage zuzuordnen.
James Hiatt hat eine globalere Sicht: „Das ist schwer zu sehen, wenn man so weit weg von dort ist, wo die Schäden entstehen. Aber glaubt mir: Sie werden auch Euch erreichen.“ Es gehe um kurzfristige Profite auf Kosten aller Lebewesen auf dem Planeten.
Hiatt weiß, dass der Vorhabenträger HEH (Hanseatic Energy Hub) mit EnBW eine Kapazitätsbuchung für den Import von sechs Milliarden Kubikmetern LNG pro Jahr vereinbart hat. EnBW wiederum hat mit Venture Global in Louisiana einen langfristigen Abnahmevertrag. Eines von sieben Kindern, die um die Fracking-Stätten leben, werde Krebs bekommen, sagte die ebenfalls zugeschaltete Roishetta Ozane, Umweltaktivistin und Mutter von sieben Kindern: „Es bricht mir das Herz.“
Energieversorgung
T Stader LNG-Terminal genehmigt - Kritiker gegen Fracking-Gas
Jetzt bleiben nur noch Widerspruch und Klage
Das LNG-Beschleunigungsgesetz hat das Tempo sehr erhöht: Das feste Terminal ist genehmigt, die Planfeststellungsunterlagen liegen noch bis 16. November im Stader Rathaus aus. Laut Christian Quittek, Leiter des Gewerbeaufsichtsamts in Lüneburg, sind es 16 Leitz-Ordner.
Laut Quittek war das landseitige Terminal schon in Bearbeitung, als das schwimmende LNG-Terminal ins Spiel kam. Dieses könnte womöglich noch in 2023 an den Start gehen. Noch ist es nicht genehmigt, doch die Einwende-Frist ist am 1. November verstrichen. Den 300 Millionen Euro teuren Hafenbau will die Niedersächsische Hafengesellschaft N-Ports am 16. Dezember einweihen.
Wie Vertreter von Deutscher Umwelthilfe (DUH) und BUND Niedersachsen sagten, bleibt ihnen nur noch die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen oder zu klagen. Sie wollen sie wahrnehmen.

Bürger diskutieren beim „alternativen Erörterungstermin" von BUND und DUH in der Seminarturnhalle an einem der Thementische mit Experten über LNG. Foto: Anping Richter
Bei einer LNG-Freisetzung mit Folge-Brand müssen 13 Feuerwehrleute einsatzbereit sein. Bei Bränden auf See ist die Feuerwehr Stade zuständig, die Berufsfeuerwehr Cuxhaven ist mit zu alarmieren.
BUND fürchtet Auswirkungen auf den Lebensraum Elbe
Für die LNG-Tanker braucht das Hafenbecken genug Tiefe:14 Meter müssen garantiert werden, sagt Heiner Baumgarten vom BUND. Wie bei der Elbvertiefung sei dafür ständiges Baggern notwendig. Das gefährde den Lebensraum Elbe: Schadstoffe, die in Sedimenten festgelegt waren, werden aufgeschwemmt, Nebenarme des Flusses verschlicken stärker, mehr Schwebstoffe schaden den Fischen.
Dass das Ganze zur Sicherung der Energieversorgung überhaupt sein muss, bezweifelt Fabian Präger von der Technischen Universität Berlin. Der Erstautor einer entsprechenden Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sagt: „Jetzt, wo die Gasspeicher voll und die Preise gesunken sind, müsste man alles noch mal überdenken.“ LNG-Gas sei teuer, eine Umrüstung der Anlage auf Wasserstoff kaum möglich. Dass sie ohne sehr hohen Aufwand für Ammoniak umgerüstet werden könnte, bezweifelt er.
Wie die Industrie am Standort Stade denn versorgt werden soll? Präger rät den Unternehmen, in eigenen Windparks preisgünstige Energie zu erzeugen und darüber Wasserstoff zu produzieren: „In zehn Jahren wird man darüber lachen, dass man 2023 darauf kam, etwas für fossile Energie zu bauen, das jetzt eine gestrandete Investition ist.“
Hier die Genehmigung des landseitigen LNG-Terminals zum Nachlesen.