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TWas alles im Stader Technologiezentrum des Handwerks steckt

Das Luftfoto zeigt die Ausmaße des Ausbildungszentrums der Handwerkskammer in Stade.

Das Luftfoto zeigt die Ausmaße des Ausbildungszentrums der Handwerkskammer in Stade. Foto: Handwerkskammer

Das Technologiezentrum des Handwerks in Stade-Ottenbeck schleust im Jahr mehr als 8500 junge Handwerker durch - angehende Gesellen und Meister. Ein Besuch.

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Von Lars Strüning
Dienstag, 05.08.2025, 11:55 Uhr

Stade. Die Dimensionen sind beeindruckend. Das fängt mit dem weitläufigen Gelände und der großzügigen Gebäudestruktur an, geht über eine hochmoderne Ausstattung bis hin zu hohen Ausbildungszahlen. Das Technologiezentrum (TZH) der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade mit ihren knapp 30.000 Betrieben ist ein häufig verkannter Wirtschaftsfaktor in der Stadt.

Handwerk ärgert sich über Stades Bettensteuer

Umso mehr hat sich deren Hauptgeschäftsführer Matthias Steffen, der in Wiepenkathen wohnt, über die neue Übernachtungssteuer geärgert, die seit dem 1. Juli in Stade gilt. Vier Prozent müssen Hoteliers und Co. in der Stadt auf ihren Übernachtungspreis aufschlagen. „Das macht die Ausbildung für die Betriebe nur teurer“, sagt Steffen.

Immerhin zählt Stephanie Albrecht als Leiterin des Gästehauses, das früher Internat hieß, pro Jahr in Stade 23.000 Übernachtungen - bei einer Auslastung der 145 Betten von 90 Prozent. Wenn das Gästehaus überbucht ist, gehen die Handwerker auch schon mal ins Hotel; wie in Corona-Zeiten, als die Kammer ganze Hotels dazugebucht hat, um weiterhin Ausbildung zu ermöglichen.

Stephanie Albrecht leitet die Gästehäuser der Handwerkskammer - auch das in Stade. Die Zimmer wurden vor kurzem neu eingerichtet.

Stephanie Albrecht leitet die Gästehäuser der Handwerkskammer - auch das in Stade. Die Zimmer wurden vor kurzem neu eingerichtet. Foto: Strüning

Das Stader TZH ist eines von vier Ausbildungszentren der Handwerkskammer neben den Standorten in Braunschweig, Lüneburg und Königslutter. Hier werden Gesellen ausgebildet, angehende Meister auf ihre Prüfung vorbereitet oder Lehrgänge zu neuesten technologischen Entwicklungen abgehalten.

Stade - in der Ausbildung ganz weit vorn

Stade, so Matthias Steffen, sei in der Lehrlingsausbildung das größte TZH der Kammer, die flächenmäßig wiederum die größte in Deutschland ist. Offiziell nennt sich dieser Teil des dualen Ausbildungssystems „überbetriebliche Lehrlingsunterweisung“.

Im Gästehaus finden die Lehrlinge auch Sportangebote wie diesen gut ausgestatteten Fitnessraum vor.

Im Gästehaus finden die Lehrlinge auch Sportangebote wie diesen gut ausgestatteten Fitnessraum vor. Foto: Strüning

Je nach Beruf absolvieren die jungen Menschen zwischen drei und zehn Wochen hier im Laufe der Lehre. Über die Inhalte bestimmen die Tarifparteien, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Um mit den neuesten Entwicklungen Schritt zu halten, ist die Kammer gefordert. Sie lässt sich die Ausbildung ordentlich was kosten. In den vergangenen zehn Jahren, so Steffen, seien 30 Millionen Euro allein in den Standort Stade gepumpt worden.

Das Bistro im Gästehaus: Hier können die Handwerker auch am Abend gemeinsame Zeit verbringen.

Das Bistro im Gästehaus: Hier können die Handwerker auch am Abend gemeinsame Zeit verbringen. Foto: Strüning

Ein Großteil davon stammt von der öffentlichen Hand, also Bund und Land. Ob E-Autos oder satellitengesteuerte Landmaschinen - Werkstatt und Anschauungsobjekte müssen dem aktuellen Stand des Marktes entsprechen. Das Gleiche gilt fürs Gästehaus, wenn es attraktiv sein soll. Gerade wurde es modernisiert.

Das bietet das neue Gästehaus den Handwerkern

Aus Vierbettzimmern wurden im mehrstöckigen Bau an der Rudolf-Diesel-Straße Zwei-Bett-Räume mit eigenem Bad, alles in heller Anmutung. Großzügige Fitnessräume und ein Bistro wurden eingerichtet. Draußen steht ein Basketballfeld zur Verfügung. Handwerker und Handwerkerinnen sollen sich wohlfühlen, wenn sie in der Woche von Montag bis Freitag ausgebildet werden. Deswegen gibt es auch dort, wo früher etagenweise Klo und Bad untergebracht waren, jetzt Aufenthaltsräume mit Kicker und TV.

Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade: Matthias Steffen.

Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade: Matthias Steffen. Foto: Fotostudio Sascha Gramann

Die großzügige Mensa bietet knapp 200 Plätze, die zu Veranstaltungen wie Freisprechungsfeiern genutzt wird. Die eigene Großküche bietet Vollverpflegung an. Das moderne Ambiente und die top ausgestatteten Werkstätten sollen zeigen: Handwerk bietet anspruchsvolle Berufe. Viele, so Steffen, hätten ein falsches, weil antiquiertes Bild. Steffen: „Die Berufe entwickeln sich ständig weiter.“

Mit führend ist das TZH im Bereich Sanitär, Heizung und Klimatechnik. In Stade wurde ein Kompetenzzentrum für innovative Gebäudetechnik eingerichtet mit Meisterschule - und großem Einzugsbereich. Hier spielen Holzhackschnitzel ebenso eine Rolle wie Pellets, PV-Anlagen, Wärmepumpen, Lüftungstechnik, der Einsatz von Windenergie oder der Gasbrenner. Gut vertreten sind in Stade auch Baugewerke, ob Zimmerer, Maler oder Maurer. Sie bauen im Jahr zu Ausbildungszwecken 40 Einfamilienhäuser auf - und tragen sie wieder ab.

Bäcker gehen nach Stade - Tischler nach Lüneburg

Die Parkett- und Bodenleger werden für den gesamten norddeutschen Raum in Stade aus- und weitergebildet. Der Konzentrationsprozess schreitet voran. Schlachter oder Bäcker sind Berufszweige, die nur noch schwer Nachwuchs finden. Die wenigen, die sich ausbilden lassen, werden zusammengezogen.

Die Bäcker zum Beispiel treffen sich in Stade. Tischler werden jetzt in Lüneburg unterrichtet. Die Zentralisierung sichere die Qualität, so Steffen, und spare der Kammer Geld.

TZH-Leiter Jürgen Knoll koordiniert all die Anfragen und Termine. Große Unternehmen wie Airbus, Dow oder AOS nutzen die weitläufigen Werkstatträume zum Beispiel für Gasschweißer-Lehrgänge. Stark nachgefragt sind auch die voll eingerichteten EDV- und Büroplätze, wovon das TZH 100 vorhält.

Jürgen Knoll leitet das Technologiezentrum in Stade. Hier steht er in der Kfz-Werkstatt.

Jürgen Knoll leitet das Technologiezentrum in Stade. Hier steht er in der Kfz-Werkstatt. Foto: Strüning

8000 Quadratmeter sind überdacht, dazu zählen die vier Werkstattzentren. Bis zu 300 Menschen können hier pro Tag gleichzeitig ausgebildet werden. Nicht ohne Stolz sagt Jürgen Knoll: „Das ist eine Bildungsstadt ganz für sich.“ Immer mehr Menschen mit Migrationsgeschichte gehen hier ein und aus. Steffen, der die Integrationsleistung der Betriebe lobt: „Ohne die Geflüchteten würden wir im Handwerk ganz schön alt aussehen.“

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Das Technologiezentrum Stade verfügt über 30 Werkstätten mit 380 Arbeitsplätzen. Zusätzlich stehen 22 Unterrichtsräume mit 342 Arbeitsplätzen für den theoretischen Unterricht zur Verfügung. Mit neuen Technologien, Geräten und Maschinen werden Ausbildungsinhalte für folgende Gewerke vermittelt:

• Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik

• Bäcker/Bäckereifachverkäufer

• Bauten- und Objektbeschichter

• Beton- und Stahlbetonbauer

• Bürokaufleute

• Elektroniker

• Feinwerkmechaniker

• Fliesen-, Platten- und Mosaikleger

• Kfz-Mechatroniker

• Maler und Lackierer

• Maurer

• Mechaniker für Land- und Baumaschinentechnik

• Parkett- und Bodenleger

• Zimmerer

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