TWenn Busfahrer streiken: So reagieren Eltern von Schulkindern

Dienstagmorgen vor dem Schulzentrum Süd in Buxtehude: Die Haltestelle ist vor dem Unterrichtsbeginn verwaist. Foto: Strüning
Wie kommen die Kinder zur Schule, wenn die Busfahrer streiken? Häufig fahren die Eltern sie zum Unterricht. Das sind ihre Reaktionen am Dienstagmorgen am Schulzentrum Süd in Buxtehude.
Stade. Das Schulzentrum Süd in Buxtehude mit Gymnasium, Real- und Hauptschule hat ein großes Einzugsgebiet. Wenn die Schulbusse ausfallen, sind hier viele Schüler und ihre Eltern betroffen. Sie müssen sich für die Streiktage neue Wege suchen, um zum Unterricht zu gelangen. Diese Woche sind es sogar zwei. Denn Verdi hat die Busfahrer am Dienstag und Mittwoch zum Warnstreik aufgerufen. Das TAGEBLATT schaute und hörte sich um.
Kurz vor Schulbeginn: Wenn sonst die Busse kommen
7.15 Uhr. An der Buskehre des Schulzentrums am Torfweg herrscht idyllische Stille. Die Morgensonne bahnt sich ihren Weg. Vögel zwitschern. Ein Lkw von „Chefs Culinar“ zur Essensversorgung steht vor dem Eingang des Gymnasiums. In der Mensa sitzen zwei Menschen in ein Gespräch vertieft. Ein Hausmeister läuft vorbei. Ansonsten ist der gesamte Campus nahezu menschenleer.
7.25 Uhr. Am Parkplatz der Realschule Süd kehrt langsam Leben ein. Lehrer stellen ihre Autos auf dem Parkplatz ab. Eine erste Mutter setzt ihr Kind ab und düst schnell davon. Immer mehr Elterntaxis rollen vor.
Manuela Wiemann aus Horneburg bleibt kurz stehen. Ihre Tochter nimmt sonst den Zug bis Buxtehude und dann den Bus. Der fällt heute und morgen aus. Die Begeisterung darüber hält sich in Grenzen, aber Manuela Wiemann zeigt Verständnis. Sie bekommt die Fahrerei geregelt, kann sich die Arbeitszeit entsprechend einteilen.
7.40 Uhr. Auf dem Schulgelände ist immer mehr Bewegung. Viele Schülerinnen und Schüler erreichen den Campus zu Fuß oder mit dem Fahrrad; bei dem prächtigen Wetter kein Problem. Eine freundliche Frau lädt ihre Tochter ab, lächelt kurz, sagt: „Das ist okay für mich“ und fährt weiter.
Die meisten Eltern reagieren mit Verständnis
7.45 Uhr. Es geht Schlag auf Schlag, ein Wagen nach dem nächsten rollt über Parkplatz und Buskehre an der Realschule. Zeitweise wird es eng. Ein Vater aus Hedendorf sagt, der Extraweg sei schwierig für ihn, er müsse schließlich zur Arbeit. Auch sein Sohn kommt sonst mit Bahn und Bus zur Schule. Hin fährt ihn heute der Papa, zurück muss er zu Fuß zum Bahnhof. Der Junge nimmt es gelassen: „Das kriege ich hin, scheint ja die Sonne.“
7.50 Uhr. Nadine Dammann, ebenfalls aus Hedendorf, ist genervt. „Ich habe so einen Hals“, sagt sie mit der entsprechenden Handbewegung. Ihr Auto ist voll. Fünf junge Frauen steigen aus. Die Schüler haben Besuch aus Frankreich. „Die bekommen gleich einen tollen Eindruck“, sagt Nadine Dammann. Dabei streiken die Franzosen ja selbst ganz gern. Sie muss weiter, hat um 8 Uhr einen geschäftlichen Termin. Die Rückfahrt ist noch nicht geregelt. Das wird spontan entschieden.
7.55 Uhr. Endspurt. Schulbeginn ist um 8.05 Uhr. Hanna Kramm aus Immenbeck zuckt mit den Schultern. „Was soll man machen?“, fragt sie rhetorisch. Schwierig wird es vor allem, wenn mehrere Kinder zu verschiedenen Schulen müssen - und eins noch zur Kita geht. Da ist Organisationstalent gefragt. Hanna Kramm hat mit anderen Familien eine Fahrgemeinschaft gegründet. Auffällig: Vor allem Mütter bringen ihre Kinder zur Schule. Auch auffällig: Nahezu alle Eltern zeigen Verständnis dafür, dass die Busfahrer mehr Geld haben wollen.
Tarifauseinandersetzung
T Busfahrer streiken: Fast alle Räder stehen am Mittwoch im Kreis Stade still
8 Uhr. Ein Vater aus dem Buxtehuder Norden bringt seinen Sohn täglich in den Süden der Stadt. Die Busverbindungen passen nicht. Dass die Busfahrer streiken, findet er „verständlich“. Auch eine Mutter fährt jeden Tag mit ihrem autistischen Sohn zur Schule. Sie findet es schade, dass die Kinder den Streit um die Tarife ausbaden müssen. Aber: „Die Busfahrer sollen ja auch ihr Geld verdienen.“
8.04. Aus den Klassenzimmern dringt typischer Schülerlärm, Rufen, Lachen, Kreischen. Auf den letzten Drücker kommen noch zwei Autos vorgefahren. Ein Vater aus Nindorf wusste gar nicht, dass gestreikt wird. Eigentlich sollte seine Tochter nachmittags mit dem Bus nach Hause kommen. Da muss umdisponiert werden. Der Vater fährt weiter und sagt noch: „Danke für den Tipp.“ Dann ertönt das Signal, der Unterricht beginnt.
Unterricht fällt aus bei Glatteis, Sturm oder Schnee
Wenn die Fahrten mit dem Schulbus wegen eines Streiks ausfallen, sind die Eltern oder eben die volljährigen Schüler in der Pflicht, zum Unterricht zu kommen. Die Schule darf in Niedersachsen nur bei Naturereignissen ausfallen, sagt Daniel Beneke, Sprecher der Landkreis-Verwaltung. Sie kann also nur bei Glatteis, Schnee oder Sturm den Unterricht ausfallen lassen.
Der Landkreis lässt sich den öffentlichen Personennahverkehr, wozu auch die Schülerbeförderung gehört, pro Jahr zwölf Millionen Euro kosten. Ob wegen des Streiks Zahlungen an die KVG ausfallen, sei noch offen.
10 Uhr. In Stade starten die Busfahrer vom Betriebsgelände der KVG zu einem Demonstrationsmarsch auf der Harburger Straße, um ihr Anliegen vor allem nach mehr Lohn publik zu machen. Schnell staut sich der Verkehr in beide Richtungen. Um 11 Uhr ziehen sie wieder aufs Gelände der KVG. Die Straße ist frei.
Am Mittwoch treffen sich die Busfahrer in Buxtehude, um von 10 Uhr an einen Zug ab der KVG zu beginnen. Ähnliche Aktionen sind in Lüneburg, Nordhorn und Wolfsburg geplant. Verdi hat dazu insgesamt 2500 Busfahrer aufgerufen.

Die Busfahrer ziehen während ihres Kampfs um bessere Tarife am Dienstagvormittag über die Harburger Straße in Stade. Foto: Jana Mehl/Verdi
Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.