TWhatsapp, Tiktok und Co: Wie gefährlich sind digitale Medien für Kinder?

Mehr als die Hälfte der deutschen Kinder und Jugendlichen zwischen 4 und 14 Jahren leidet unter Beschwerden, die auf die übermäßige Nutzung von Handy, Tablet & Co. zurückzuführen sind. Foto: HRAUN/Getty Images/obs
Kinder kommen immer früher mit digitalen Medien in Kontakt. In Horneburg beraten Experten Eltern zu diesem Thema - und erklären, wieso Desinteresse zu seelischen Schäden führen kann.
Horneburg. Ob per Smartphone, Laptop oder Streaming-Dienst: Kinder haben heutzutage quasi überall Zugang zu Medien. Laut der aktuellen JIM-Studie besitzen 96 Prozent der jungen Menschen zwischen 12 und 19 Jahren ein eigenes Smartphone, 88 Prozent sind demnach jeden Tag online. Doch wie gehe ich als Elternteil mit dem Medienverhalten meines Kindes um? Und welche Gefahren birgt unkontrolliertes Konsumieren auf Youtube, Tiktok und Co.?
Rund um das Thema Medienkompetenz hat das Netzwerk Sozialraum im Frühjahr 2024 eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen.
Im Netzwerk schließen sich viele Institutionen aus der Samtgemeinde Horneburg zusammen, denen das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen am Herzen liegt.
Umgang mit Medien ist prägnantes Thema
Während sich die Auftaktveranstaltung im März noch Kita-Kindern widmete, standen beim zweiten Termin die Teenager im Fokus.
Die Kirchengemeinde Horneburg lud hierfür Benjamin Gaum (Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen), Michael Stüven (Erziehungsberatungsstelle Diakonieverband Buxtehude-Stade) und Dirk Schwarz (Polizeiinspektion Stade) als Referenten ein.
Etwa ein Dutzend Eltern fanden den Weg ins Horneburger Gemeindehaus. „Für uns als Kirchengemeinde ist es ein Anliegen, Eltern bei wichtigen Erziehungsfragen zu unterstützen“, sagt Pastorin Heike Kircher. Gerade der richtige Umgang mit Medien sei für Familien derzeit ein prägnantes Thema.
Neuartige Gefahr: Cybergrooming
Am Elternabend gingen die Referenten auf eine Vielzahl von aktuellen Themen ein. Neben Digitaltrends auf Streaming-Plattformen wie Twitch und Tiktok kamen auch neuartige Gefahren wie etwa Cybergrooming zur Sprache.
Dabei suchen erwachsene Täter über Chats gezielten Kontakt zu jungen Menschen und versuchen, sie soweit zu manipulieren, dass sie Nachrichten und Fotos mit sexuellen Inhalten versenden oder sich auf persönliche Treffen einlassen.
Pornos als eines der größten Probleme
Pornografie sei derzeit eines der größten Probleme für junge Nutzer, sagt Michael Stüven. „Es braucht nur zwei Klicks, um pornografische Inhalte zu sehen“, so der Leiter der Erziehungsberatungsstelle des Diakonieverbandes Buxtehude-Stade.
Daher sei es von immenser Bedeutung, dass sich Eltern mit dem Nutzungsverhalten ihrer Kinder auseinandersetzen. So kommt aktuell mindestens jeder zweite Jugendliche mit Fake News, Beleidigungen und Anfeindungen über digitale Medien wie Whatsapp in Berührung. „Das kann Folgen für die seelische Gesundheit der Jugendlichen haben“, sagt Stüven.
Eltern interessieren sich wenig für Lebenswelt ihrer Kinder
Am Elternabend in Horneburg konnten Eltern auch ihre Fragen an die Referenten stellen. Wenn es um Medienthemen geht, habe Stüven beobachtet, bringen sich auch viele Väter bei solchen Treffen ein. „Häufig geht es dann um technische Fragen, etwa wie man Filter bei Streaming-Apps einrichtet oder bestimmte Webseiten über den Router sperrt“, sagt der Beratungsstellenleiter.

Viele Eltern finden Smartphones für ihre Kinder praktisch, weil sie etwa über Whatsapp Kontakt mit ihnen aufnehmen können. Foto: Weronika Peneshko/dpa
Solche technischen Einschränkungen seien jedoch nicht zielführend. „Es ist viel wichtiger, dass sich Eltern mit der Lebenswelt ihrer Kinder auseinandersetzen“, sagt Stüven. Erfahrungsgemäß interessierten sich nur wenige Eltern für das, was ihre Kinder konsumieren. Wichtig sei es, sich der eigenen Vorbildfunktion bewusst zu werden und mit dem Kind ins Gespräch zu gehen, so Stüven.
Kinder sind mit Medienkonsum überfordert
Kritisch sei auch die Entwicklung, dass immer jüngere Kinder etwa mit Smartphones in Kontakt kommen und nicht wissen, wie sie damit umgehen müssen. „Viele Eltern nehmen den Erziehungsauftrag dahinter gar nicht wahr“, sagt Stüven.
Denn übermäßiger Medienkonsum überfordere die Jugendlichen. Sie können etwa versteckte Bezahlfallen in Handyspielen nicht identifizieren. Für unsichere Eltern bietet die Diakonie kostenlose Beratungsangebote etwa zum Umgang mit Medien an.
In eigener Sache
TAGEBLATT Whatsapp: News aus dem Kreis Stade kostenlos aufs Handy
Eltern sollen über eigenes Verhalten nachdenken
Die Resonanz auf den Informationsabend sei positiv gewesen, resümiert Pastorin Kircher. „Wir wollten für das Thema sensibilisieren und Eltern dazu anregen, über ihr eigenes Verhalten nachzudenken“, sagt sie. Solche Themen in Zukunft wieder aufzugreifen, könne sie sich daher gut vorstellen.
Die letzte Veranstaltung der Medienkompetenz-Reihe findet am 28. August um 19 Uhr im Mehrgenerationenhaus Horneburg statt. Der Abend dreht sich thematisch um die Frage, was Eltern wissen müssen, wenn ihr Kind ein Smartphone bekommen soll. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit Blickwechsel e.V. statt und ist kostenlos. Die Anmeldung erfolgt beim Mehrgenerationenhaus Horneburg per E-Mail.