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Amtsgericht

TWie ein Buxtehuder unter Kinderpornografie-Verdacht gerät

Das Amtsgericht verhandelte den Fall eines Mannes, der sich wegen des Vorwurfs der Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten verantworten musste.

Das Amtsgericht verhandelte den Fall eines Mannes, der sich wegen des Vorwurfs der Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten verantworten musste. Foto: dpa

Ein 45 Jähriger macht einen Freund auf eine Sicherheitswarnung bei Facebook aufmerksam. Dann steht die Polizei vor der Tür.

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Von Thomas Sulzyc
Mittwoch, 09.10.2024, 19:55 Uhr

Buxtehude. Im Juni 2022 stehen plötzlich frühmorgens sechs Polizeibeamte vor der Haustür eines Familienvaters in Buxtehude. Das Mobiltelefon, das die Beamten anschließend bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmen, enthält Dateien mit Bildern, die laut Staatsanwaltschaft Missbrauch von Mädchen und Jugendlichen zeigen.

27 Monate später muss sich der 45-Jährige, verheiratet, zwei Kinder, vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Buxtehude wegen des Vorwurfs des Besitzes und der Verbreitung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern verantworten. Anklage hat die auf Kinderpornografie spezialisierte Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Hannover erhoben.

Ein klarer Fall? Mitnichten! Wie schnell jemand in den Verdacht geraten kann, Kinderpornografie zu verbreiten, zeigt das Verfahren vor dem Schöffengericht Buxtehude. Nach der Beweisaufnahme plädiert selbst der Ankläger auf Freispruch. Und so kommt es dann auch.

Sicherheitswarnung auf Facebook-Account

Das war geschehen: Im Januar 2022 sitzt der Mann abends zusammen mit seiner Ehefrau auf dem Sofa und schaut Fernsehen. Gleichzeitig blickt er auch mit seinem Mobiltelefon auf Nachrichten bei Facebook. Auf dem Facebook-Account seines Nachbarn und Freundes habe er Hinweise auf eine Sicherheitswarnung entdeckt, sagt der Beschuldigte.

Deshalb habe er seinem Freund eine WhatsApp-Nachricht geschickt „Da läuft komisches Zeug.“ Der Account müsse gehackt sein. Zur Hilfestellung, wie der 45-Jährige vor Gericht sagt, habe er dem Freund zwei oder drei Screenshots geschickt, das sind Bildschirmaufnahmen.

Nicht das Verhalten eines Pornosammlers

Was die Bilder zeigten, habe er nicht gewusst, sagte der Angeklagte. So genau habe er nicht hingeschaut. Was er auf dem Facebook-Account bemerkt hat, zeigt er auch seiner Ehefrau. Das ist nicht gerade das typische Verhalten eines Pornosammlers.

„Irgendwas Verpixeltes“, habe sie lediglich beiläufig wahrgenommen, sagt die Ehefrau als Zeugin vor Gericht. „Es hätte alles sein können.“ Deshalb hätten sie beide das Ganze auch nicht für wichtig genommen.

Was da auf Facebook lief, berichtet der Staatsanwalt vor Gericht: ein Video und 22 Screenshots „in deutlichen Posen“. Ob es sich allerdings um Kinder oder junge Frauen handelt, ist nicht sicher.

„Es ist nicht ansatzweise etwas gefunden worden, dass eine Affinität zu sexuell verbotenen Sachen besteht“, sagt der Rechtsanwalt des 45-Jährigen, Strafverteidiger Lorenz Hünnemeyer.

Ein Foto haben Ermittler auf dem Mobiltelefon entdeckt, das strafrechtlich relevant sein könnte. Laut Staatsanwalt zeige es ein „vier Jahre altes Mädchen in Unterhose - mit der Hand eines Erwachsenen daneben“.

Ein Foto scheint strafrechtlich relevant

Der Angeklagte beteuert, das Foto nicht zu kennen. Niemand kann erklären, woher es kommt. Es handelt sich um eine von 128.000 Bilddateien, die sich auf dem Mobiltelefon befunden haben. Alle unverfänglich. Daten aus dem Browser-Cache. „Es ist wahrscheinlich, dass der Angeklagte nichts von diesem einen Foto wusste“, sagt der Staatsanwalt.

Zunächst hatte die Polizei gegen den Nachbarn und Freund des Angeklagten ermittelt - und die Ermittlungen eingestellt. Auch im Falle des Angeklagten habe die Polizei das Verfahren als einstellungsfähig erachtet, sagt sein Verteidiger.

Selbst der Staatsanwalt plädiert auf Freispruch

In der privaten, geschützten Atmosphäre des Wohnzimmers in der man entspannt und weniger aufmerksam sei, habe der 45-Jährige eher beiläufig beim Fernsehen etwas weitergeleitet. Etwas, das er nicht einmal richtig identifiziert habe. Die gesamten Begleitumstände würden weit vom Typischen abweichen, sagt der Staatsanwalt und plädiert auf Freispruch.

Das Schöffengericht sieht das auch so - und spricht den Angeklagten frei: „Das Gericht hat Zweifel, dass er sicher wusste, was er verschickte“, sagt der Vorsitzende Richter Marcus Aping.

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