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TXXL-Schiff: Buxtehude sendet eine klare Botschaft nach Brüssel

Public Painting in St. Paulus: Illustratorin Marlies Abramowski (links) und Helferin Edina Radics pinseln an den letzten gestalterischen Details der Bootsbemalung.

Public Painting in St. Paulus: Illustratorin Marlies Abramowski (links) und Helferin Edina Radics pinseln an den letzten gestalterischen Details der Bootsbemalung. Foto: Weselmann

Buxtehude setzt Kurs auf Brüssel und sendet ein Zeichen für mehr Menschlichkeit und Solidarität. An Bord des bunt gestalteten XXL-Bootes durfte ein Leitsatz nicht fehlen.

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Von Fenna Weselmann
Mittwoch, 12.02.2025, 08:50 Uhr

Buxtehude. Die Buxtehuder Bo(o)tschaft für Brüssel fertig. Im Gemeindezentrum von St. Paulus vollendete Illustratorin Marlies Abramowski am Sonntag die Bemalung eines XXL-Bootes. Das fünf Meter lange Papierschiff ist Teil der bundesweiten Awo-Aktion „100 Boote -100 Millionen Menschen“. Die von St. Paulus und der hiesigen Awo organisierte Bemalungsaktion bot Raum für Begegnung und zeigte, warum das Thema so bewegt.

Die Awo schafft Raum für Begegnung

Die Awo Migrations- und Integrationsberatung ist mit einem Kreativ- und Infoangebot vor Ort. Das wird, wie schon beim Fleth-Fest, gerne genutzt. Arezoo Zahedi, die als ehrenamtliche Sprachmittlerin engagiert ist, hat ihre siebenjährige Tochter mitgebracht. Sie gestalten Puzzleteile. Die sind für ein großes Gemeinschaftsprojekt im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus bestimmt. Die kleine Negün malt in Regenbogenfarben, ihre Mutter hat „Freiheit und Sicherheit“ auf ein Teil geschrieben.

 Arezoo Zahedi und Tochter Negün bemalen

Die Buxtehuderin Arezoo Zahedi ist bei der Awo als Sprachmittlerin im Einsatz und bemalt mit Tochter Negün Puzzleteile für eine Aktion im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus. Foto: Weselmann

Der zehnjährige Charlie ist derweil mit Oma und Opa da und faltet - passend zum XXL-Boot für Brüssel - kleine Papierschiffe. Großmutter Marita ist bei Omas gegen Rechts aktiv. Die Debatte, die gerade geführt werde, mache sie fassungslos, erklärt sie. „Wie Margot Friedländer gesagt hat: Seid Menschen!“, so ihr Appell.

Hinter jeder Flucht steht ein persönliches Schicksal

Mehr Menschlichkeit im Diskurs wünscht sich auch Daniela Stukenbrock vom Team der Migrations- und Integrationsberatung. Die gehe zunehmend verloren. In der Beratung hat Stukenbrock tagtäglich mit geflüchteten Menschen und ihren Sorgen zu tun. Sie erinnert daran, dass hinter jeder Flucht ein persönliches Schicksal steht.

Daniela Stukenbrock steht vor der Infotafel zum Thema Flucht und Migration

Daniela Stukenbrock vom Team der Awo Migrations- und Integrationsberatung wünscht sich mehr Menschlichkeit in der Debatte und erinnert daran, dass hinter jeder Flucht ein persönliches Schicksal steckt. Foto: Weselmann

Eine Wand voller Zitate gibt diesen Menschen und ihren Fluchterlebnissen eine Stimme. Da ist zum Beispiel der 17 Jahre alte, unbegleitete Flüchtling aus Afghanistan, der sagt: „Es gab Feuer im Boot, die Küste war in Sicht, um zu überleben, sprangen wir ins Meer, einige konnten nicht schwimmen. Am Strand wartete ich noch stundenlang auf einige bekannte Gesichter, die von einem besseren Leben träumten. Ich sah sie nie wieder. Das Meer hat sie behalten.“

Daniela Stukenbrock räumt mit Vorurteilen auf

Dazu räumt die aufgebaute Infotafel der Awo mit Vorurteilen zum Thema Flucht und Migration auf. „Keiner gibt sein Land aus Jux und Dollerei auf und kommt hierher, um Geld zu kassieren. Es sind konkrete Nöte, warum Menschen fliehen“ sagt sie. „Deshalb ist es gerade jetzt, wo der Ton rau ist, noch mal wichtig, mit der Aktion in Brüssel ein Zeichen der Solidarität zu setzen.“

Christa Kruse im Paulz-Café

Christa Kruse findet es schlimm, dass der Fremdenhass sich so zuspitzt und die Welt einfach zuschaut, wie Menschen auf der Flucht ertrinken. Foto: Weselmann

Das sieht die Buxtehuderin Christa Kruse genauso: „Ich finde es gruselig, dass der Fremdenhass sich so zuspitzt und die Welt einfach zuschaut, wie Menschen auf der Flucht ertrinken.“ Dass die Königreicher Künstlerin auch genau dieses Thema in den Fokus ihrer Bootsgestaltung gestellt hat, kommt nicht von ungefähr.

Auf dem Boot prangt der Leitsatz von United4Rescue

Schließlich haben die Buxtehuder Anja und Michael Stukenbrock von der Bündnisgruppe United4Rescue das Projekt nach St. Paulus getragen. Passend dazu prangt der Leitsatz der zivilen Seenotrettung auf dem XXL-Boot: „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“ Auf der anderen Seite des Schiffes ergänzt durch den lokalen Zusatz: „In Buxtehude und auch nirgendwo anders.“ Dazu gesellen sich eine bunte Menschenschar sowie Hase und Igel.

Gemeinsames Zeichen für mehr Solidarität mit Menschen auf der Flucht: Projektbeteiligte um die Inititiatoren Michael und Anja Stukenbrock (3. und 4. von links) mit der fast vollendeten Bo(o)tschaft für Brüssel.

Gemeinsames Zeichen für mehr Solidarität mit Menschen auf der Flucht: Projektbeteiligte um die Inititiatoren Michael und Anja Stukenbrock (3. und 4. von links) mit der fast vollendeten Bo(o)tschaft für Brüssel. Foto: Weselmann

Bevor das riesige Papierschiff seine Reise zum EU-Parlament nach Brüssel antritt, soll seine Bo(o)tschaft noch in Buxtehude wirken. Über mehrere Wochen hinweg ist es nun abwechselnd in St. Paulus und im Atrium im Modehaus Stackmann ausgestellt. In Brüssel wird das Buxtehuder Schiff dann von den EU-Parlamentariern Tiemo Wölken und Erik Marquardt in Empfang genommen.

Dort vor dem EU-Parlament bekommt die zum Weltflüchtlingstag 2024 ins Leben gerufene Kunstaktion eine Fortsetzung. Am 12. Mai sollen die bunten Boote das Zeichen für eine vielfältige Zivilgesellschaft auf europäischer Ebene bekräftigen. Weil die Zahl Geflüchteter weiter steigt, braucht es in Brüssel noch mehr Schiffe als in Berlin. Eines davon kommt aus Buxtehude.

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