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Polizeischüsse wohl nicht rassistisch motiviert

Zum Auftakt eines Prozesses gegen einen durch Polizeischüsse verletzten Ghanaer hat dessen Anwalt die Hamburger Polizei gegen Rassismusvorwürfe in Schutz genommen. Im Vorfeld des Prozesses sei sehr viel Staub aufgewirbelt worden, sagte Verteidiger Matthias Wisbar am Donnerstag im Amtsgericht St. Georg. Es sei die Rede von einem rassistisch motivierten Mordversuch und ähnlichem gewesen. „Nach Aktenlage haben wir keinen Anlass, davon auszugehen“, stellte der Anwalt fest. Das heiße aber nicht, dass so etwas nicht möglich wäre.

Donnerstag, 08.06.2017, 16:17 Uhr

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Zum Auftakt eines Prozesses gegen einen durch Polizeischüsse verletzten Ghanaer hat dessen Anwalt die Hamburger Polizei gegen Rassismusvorwürfe in Schutz genommen. Im Vorfeld des Prozesses sei sehr viel Staub aufgewirbelt worden, sagte Verteidiger Matthias Wisbar am Donnerstag im Amtsgericht St. Georg. Es sei die Rede von einem rassistisch motivierten Mordversuch und ähnlichem gewesen. „Nach Aktenlage haben wir keinen Anlass, davon auszugehen“, stellte der Anwalt fest. Das heiße aber nicht, dass so etwas nicht möglich wäre.

Laut Anklage soll der 33-Jährige aus Ghana am 1. Februar zunächst eine Frau in der Nähe des Hauptbahnhofs mit einem Messer bedroht haben. Er habe ihr gesagt: „Ich werde dein Gesicht aufschlitzen!“ Als ein Zivilpolizist eingriff, soll er Stichbewegungen in Richtung des Beamten gemacht haben. Dieser habe mehrfach Pfefferspray eingesetzt, um den Ghanaer zu stoppen. Der 33-Jährige ging jedoch erneut mit Stichbewegungen auf den Polizisten zu, der beim Versuch, den Mann festzuhalten, zu Boden gefallen war. In dieser Situation habe der Beamte dem Ghanaer zweimal in die Beine geschossen.

In einer Erklärung, die der Verteidiger verlas, sagte der Angeklagte, er könne sich an den Vorfall nicht erinnern. „Wenn es stimmt, was Zeugen sagen, habe ich einen riesigen Fehler begangen.“ Er entschuldige sich dafür. Der Angeklagte war nach den Schüssen in einem Krankenhaus notoperiert und drei Tage später verhaftet worden. Am Donnerstag trug er am linken Unterschenkel noch eine Manschette.

Der Zwischenfall bei der Festnahme hatte für großes Aufsehen gesorgt. Afrikaner versammelten sich im Stadtteil St. Georg zu einer Demonstration gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt. Der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Martin Dolzer erklärte in einem Interview, Zeugen hätten die Schüsse als „rassistisch motivierten Hinrichtungsversuch“ gewertet.

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer erstattete Anzeige gegen Dolzer wegen übler Nachrede. Dieses Verfahren ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch offen. Die Behörde ermittelt auch weiterhin gegen den 46 Jahre alten Polizisten, der die Schüsse abgab. Das Verfahren wegen Körperverletzung sei noch nicht abgeschlossen, sagte Oberstaatsanwalt Carsten Rinio. Der Polizist soll am 21. Juni vom Amtsgericht als Zeuge gehört werden.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten noch zwei weitere Taten vor: Im Januar soll er bei einem Streit in einer Flüchtlingsunterkunft einem Mann eine Flasche auf den Kopf geschlagen haben. Im Februar soll er zwei Mitarbeitern der DB-Sicherheit vor dem S-Bahnhof Bergedorf gedroht haben, sie „abzustechen“, wenn sie ihn nicht wieder auf den Bahnsteig ließen. Das Urteil könnte am 11. Juli gesprochen werden.

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