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Küstenschutz

TAltländer Problemwolf streift durch Gärten in Königreich

Der Wolf streift weiter durch die Gärten in Königreich.

Der Wolf streift weiter durch die Gärten in Königreich. Foto: privat

Das juristische Tauziehen um eine vom Landkreis Stade erlassene Abschussgenehmigung für einen Problemwolf im Alten Land geht weiter. Das Tier hat jede Scheu verloren.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 17.07.2024, 05:50 Uhr

Jork. Der Problemwolf streift weiter durch die Obstplantagen und die Gärten. Das zeigt das Foto einer Königreicherin, die anonym bleiben will. „Da sich hinten im Garten auch die Schaukel unseres Kindes befindet, waren wir doch sehr erschrocken, dass der Wolf so dicht ans Haus kommt.“ Zuvor hatte der Wolf die Familie bereits beim Spaziergang mit ihrem Hund in den Obstplantagen verfolgt, „jedoch hätten wir nicht gedacht, dass er so weit mit uns ans Haus läuft“.

Nach einem Abstimmungsgespräch mit Experten meldet sich Landrat Kai Seefried in einem Video zu Wort, das auf den Social-Media-Kanälen des Kreises wie Instagram abrufbar ist. Er macht sich keine Hoffnung auf eine rasche Entscheidung im juristischen Ringen um die Ausnahmegenehmigung.

Ein Verein selbst ernannter Wolfsschützer war in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Stade gegen die Abschussgenehmigung vorgegangen. Das Gericht hat dem Kreis bis auf Weiteres einen sofortigen Vollzug untersagt. Der Landkreis hat Widerspruch eingelegt, das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ist am Zug.

Seit den Wolfsrissen im März/April im Alten Land sind bereits mehrere Monate vergangen - so lange könne es auch dauern, bis sich das Oberverwaltungsgericht mit der Angelegenheit beschäftige. „Ich weiß, dass das noch ein langer Weg ist. Ich bin dennoch weiterhin fest entschlossen, dafür zu kämpfen, dass wir am Ende eine Abschussgenehmigung vollziehen können“, sagt Seefried.

Rechtslage weiter schwierig

„Die Rahmenbedingungen gesetzlicherseits sind sehr schwierig“, betont der Landrat. Erst das lange Warten auf die DNA-Analyse, dann das aufwendige Erstellen einer Ausnahmegenehmigung und schließlich die vom Landesumweltministerium verlangte Vorab-Veröffentlichung der Genehmigung im Internet: Das Verfahren sei so schlicht nicht praktikabel.

Insbesondere die Vorab-Veröffentlichung sieht Seefried kritisch. Vonseiten des Landes werde argumentiert, dass diese dem guten Miteinander mit den Naturschutzverbänden diene. Das überzeugt den Landrat nicht. Seine Einschätzung: „Ehrlicherweise geht es nur darum, dass die Naturschutzverbände die Chance haben, sich auf eine solche Genehmigung gut vorzubereiten und ihre Widersprüche zu erstellen.“ So sei es auch in diesem Fall gewesen: Bereits wenige Stunden nach dem Inkrafttreten der Genehmigung sei der erwartete Widerspruch eingegangen.

Vorbild an Norwegen und Schweden nehmen

Der Landrat verweist auf die bereits jetzt hohe Wolfsdichte in Niedersachsen mit rund 600 Tieren – Tendenz steigend. In Norwegen und Schweden - immerhin zehn Mal so groß wie Niedersachsen - bilden 400 Tiere den „guten Erhaltungszustand“ des Wolfes. „Aus meiner Sicht sind wir in Niedersachsen schon deutlich beim ‚guten Erhaltungszustand‘ und in einer Position, in der wir ein Miteinander nicht mehr ermöglichen können“, betont Seefried.

2023 wurden in Gräpel an der Oste 55 Schafe von einem Wolf getötet - es war eine der größten Attacken eines Wolfes auf Nutztiere in der Bundesrepublik. Das sei ein bundesweiter Weckruf gewesen. Die Umweltministerkonferenz schaltete sich ein. Bundesumweltministerin Steffi Lemke habe ein Schnellabschuss-Verfahren für 2024 angekündigt. In diesem Jahr sollte alles einfacher werden. „Aber was ist das Ergebnis heute, fast ein Jahr später? Nichts hat sich verändert“, klagt Seefried.

Nach den Wolfsrissen im Alten Land habe er den Schäfer besucht und sich von ihm die toten Schafe zeigen lassen, die der Wolf zurückgelassen hat. „Das macht etwas mit einem Menschen, der seine Tiere aufzieht“, sagt der Landrat. Das gehe nicht spurlos an einem vorbei. Es könne nicht richtig sein, dass der Artenschutz des Wolfes über dem Leid der Nutztiere stehe und über dem Leid der Menschen, die sie halten.

Deichschutz hat oberste Priorität

Nur mit Schafen sei die Deichsicherheit zu gewährleisten. Es gehe um die Sicherheit der Menschen. Massive Zäune mit Untergrabeschutz seien auf Deichen kaum zu realisieren: „Das kann man sich vielleicht vorstellen, wenn man keine Ahnung hat von unseren Küstenschutz-Deichen. Gräben, Uferböschungen - die Situation sei zu individuell für solch pauschale Forderungen. „Wer soll das am Ende umsetzen? Diese Argumente sind fernab der Realität“, sagt Seefried. „Es geht bei dieser Frage um das große Ganze.“

Für den Landrat steht fest: „Wenn wir vor dem Oberverwaltungsgericht mit dieser Ausnahmegenehmigung scheitern, dann werde ich mit dem Gerichtsbeschluss nach Berlin zur Bundesumweltministerin fahren, um noch einmal deutlich zu machen, dass wir einen anderen gesetzlichen Rahmen benötigen.“ Ein echtes Bestandsmanagement für den Wolf müsse endlich umgesetzt werden, um die Belange des Artenschutzes und der Menschen im ländlichen Raum unter einen Hut zu bringen. „Das muss unser Ziel sein - und genau deshalb gehen wir als Landkreis Stade diesen Weg.“

Der Landkreis ruft auf, alle Wolfssichtungen (mit Foto) zeitnah über www.landkreis-stade.de/wolf zu melden.

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