TAltländer Unternehmen sichert in Neuenfelde den Industriestandort Deutschland

Der Geschäftsführer der Este Project Service, Habbo Stark, setzt auf Neuenfelde. Der ehemalige Werftstandort sei unverzichtbar für den Industriegüter-Umschlag. Foto: Vasel
Neuenfelde ist nicht nur für den Siemens-Konzern das Tor zur Welt: Dass in den Ex-Hallen der Neuenfelder Maschinenfabrik und der Sietas-Werft noch Licht brennt, ist auch ein Verdienst der Este Project Service (EPS). Die Altländer haben große Pläne.
Neuenfelde. In den vergangenen Jahren waren zwei Insolvenzverwalter auf dem Gelände der 1635 gegründeten Sietas-Werft aktiv. Hallen und Bürogebäude der oberhalb der Werft liegenden Neuenfelder Maschinenfabrik (NMF) waren im Jahr 2012 - auch nach der Veräußerung an die norwegische TTS-Group - in der Hand des Insolvenzverwalters Berthold Brinkmann geblieben.
Auf der 2021 untergegangenen Pella Sietas-Werft hat der Insolvenzverwalter Dr. Achim Ahrend das Sagen. Die NMF-Immobilie, hier wurden über Jahrzehnte insbesondere Schiffskräne produziert, ist zwischenzeitlich von dem Hamburger Schwergutlogistiker Gustav Seeland erworben worden.
Umschlag von Schwergut von bis zu 450 Tonnen
Einer der Hauptmieter dort ist die Este Project Service GmbH (EPS) mit Sitz in Neuenfelde. Diese nutzt neben den NMF-Hallen auch Hallen der Werft. Die Altländer sind Spezialisten für den Umschlag von Schwergut von bis zu 450 Tonnen. „Das ist in Hamburg lediglich an unserem Standort in Neuenfelde möglich“, sagt der Geschäftsführer der Este Project Service, Habbo Stark.
Der Standort zeichne sich durch viele Optionen aus.
Vor Ort ist die Verladung unter anderem auf Küstenmotor- und Binnenschiffe, Pontons sowie Hafenschuten und Lkw möglich. Oder auf Seeschiffe über den Hamburger Hafen. Auch dank EPS konnten die Arbeitsplätze von rund 20 der 290 Schiffbauer gesichert werden. Schließlich kann nicht jeder den Riesenkran Jucho und die verbliebenen Werftkräne bedienen. Das gelte nicht nur für Neuenfelde.
Das sind die Probleme von Siemens
Der Umschlag an der Este-Mündung sichere auch wichtige Im- und Exportgeschäfte der deutschen Wirtschaft. Und damit auch unzählige Arbeitsplätze anderenorts. Stark nennt ein Beispiel: Aufgrund des fehlenden Oberwassers habe Siemens große Probleme, seine Kraftwerkstechnik für den Export auf der Elbe von Görlitz/Dresden nach Hamburgzu transportieren. Wegen der niedrigen Wasserstände ist die Elbe insbesondere im Sommer nicht durchgehend schiffbar, die Auslieferung unsicher. Die 2015 gegründete Firma EPS sprang in die Bresche.

Este Project Service (EPS) setzt auf Schiff und Lkw, Siemens exportiert von der Este aus Großturbinen in alle Welt. Foto: EPS
Elf Riesenturbinen seien allein 2022 in Neuenfelde endmontiert und mit Schuten in den Hamburger Hafen zum Weitertransport in alle Welt gebracht worden. Zehn Dampfturbinen von Siemens Energy (Görlitz) waren es 2023. Jetzt wollen auch Siemens-Berlin und -Erfurt ihre Exporte über die Drehscheibe Neuenfelde abwickeln. Dann könnten von hier aus auch Gasturbinen und Generatoren verschifft werden. Die stählernen Giganten sind 120 bis 250 Tonnen schwer.
Spezialisten für Schwergut schlagen ganze Fabriken um
Im Jahr 2019 war in Neuenfelde das schwimmende Kraftwerk „Estrella del Mar III“ (Leistung: 145 Megawatt) von Siemens an der Este für den Export montiert, verpackt und schließlich mit dem SAL-Schwergutschiff in die Dominikanische Republik transportiert worden.
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„Wir profitieren von der übrig gebliebenen Infrastruktur von Werft und Maschinenfabrik“, sagt Stark. In den Hallen gibt es Deckenkräne. 80 Tonnen und mehr seien kein Problem. Eine ganze Batteriefabrik sei schon über Neuenfelde nach Deutschland gekommen.
Schiffsstabilisatoren für Blohm + Voss auseinandergebaut
Der chinesische Batteriehersteller CATL hatte für seine 2023 in Arnstedt in Thüringen in Betrieb gegangene erste Fabrik in Europa für jährlich bis zu 30 Millionen Batteriezellen - das reicht für 85.000 bis 350.000 E-Autos - über das Netzwerk von EPS rund 1300 Container umgeschlagen. „Zu zwei Drittel über den Wasserweg“, so Stark. Letztlich hole EPS Lkw von der Straße. Eine weitere Fabrik in Salzgitter folgt. Auch gigantische Schiffsstabilisatoren wurden hier für Blohm + Voss auseinandergebaut. Der Pier in Hamburg war für die 100 Tonnen schweren Teile nicht ausreichend tragfähig. Platz für Schwergut-Umschlag fehle im Hafen.
Damit nicht genug. Nicht nur Logistik und Umschlag/Montage von Industriegütern gehören zum Kerngeschäft. Hinzu kommen Lagerung, Containerstau, Exportverpackungen für Seetransport im Maschinen- und Anlagenbereich und für Heavy-Lift-Komponenten sowie Stahl- und Konstruktionsbau mit Partnerfirmen. Transportcontainer für hausgroße Airbus-Flugzeugteile entstanden. EPS besitzt Spezialgerät wie Stacker und Kemag-Schwerlasttransporter.

Container werden mit dem Reachstacker (Greifstapler) transportiert und aufeinandergestapelt. Foto: Vasel
Stark hofft, dass Hamburg seinem Betrieb weiter Kapazitäten im Bereich der Werft (Halle 46) sichert, sollte der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen bei den Verkaufsverhandlungen mit dem Insolvenzverwalter zum Zuge kommen.
Er hofft, dass der Werfthafen bald entschlickt wird. Bekanntlich will der Senat bei Sietas unter anderem Airbus (Rumpfproduktion) und Laeisz-ReBoat (maritimes Recycling) ansiedeln. Stark betont die Bedeutung des Umschlagsortes: „Wir sind wichtig für die deutsche Industrie und Hamburg.“