TDarum werden diese Apfelsorten streng bewacht

Ulrich Buchterkirch von der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN) hält eine Kiste mit allergikerfreundlichen Äpfeln in der Hand. Foto: Vasel
Niedrige Preise, Hagel und zerstörerische Insekten: Immer wieder gibt es schlechte Nachrichten rund um den Obstbau. Derzeit aber gibt es gute - das sind drei davon.
Jork. Die Obstbauern investieren wieder. Aktuell seien die Erzeugerpreise mit knapp 70 Cent pro Kilo für die Tafelware „auskömmlich“, sagt der Vorsitzende der Landesfachgruppe Obstbau, Claus Schliecker.
Jetzt ist wieder Geld in der Kasse, um den Investitionsstau auf den Höfen abzubauen. Vor der Saison 2023/2024 waren die Preise bekanntlich im Keller. Jetzt wird in Bäume, Geräte und Lagertechnik investiert. Auch der Vorsitzende der Elbe-Obst-Erzeugerorganisation, Axel Schuback, spricht von einem positiven Investitionsklima.
Gute Nachrichten für Verbraucher: Auf dem Stand der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN) wacht Ulrich Buchterkirch mit Argusaugen über vier Apfel-Kisten. Die Apfelsorten tragen die unscheinbaren Namen Zin 168 und Zin 186. Mit der Züchtung ist den Altländern und den Kehdingern - unterstützt von der Charité in Berlin und der Technischen Universität in München - ein Durchbruch gelungen. „Es handelt sich um die ersten allergikerfreundlichen Äpfel mit dem offiziellen ECARF-Siegel“, betont Buchterkirch.
Er verrät: In der Saison 2025/2026 werden die neuen Sorten „erstmals in den Handel kommen“. Doch der Markenname ist noch ein Geheimnis. Dieser werde erst im Herbst 2025 gelüftet. Mehrere Handelsketten sind ganz heiß auf die neuen Äpfel. Die beiden Neu-Züchtungen werden unter einer Dachmarke vermarktet, damit Verbraucher sofort wissen: Dieser Apfel ist für Allergiker geeignet.
Obstbauern wollen neue Verbrauchergruppe erschließen
15 Prozent der deutschen Bevölkerung reagieren auf den Verzehr von Äpfeln mit allergischen Symptomen. Sechs Millionen Deutsche leiden beispielsweise unter Heuschnupfen. Die Hälfte dieser Allergiker habe bislang keinen Apfel essen können. Wer von der verbotenen Frucht gekostet habe, litt unter anderem unter Juckreiz, Zungenschwellungen oder Atemnot.
Die „Allermeisten“ werden, so Professor Dr. Karl-Christian Bergmann von der Charité, die ZIN-Züchtungen „ohne jede Symptome“ essen können. Die Obstbauern wollen sich neue Verbrauchergruppen erschließen. Der Apfelkonsum ist bekanntlich mit knapp 20 Kilogramm pro Kopf rückläufig.
Allergiearme Äpfel mit offiziellem ECARF-Siegel
Beide Sorten tragen das Siegel „Allergiefreundlich“ der Europäischen Stiftung für Allergieforschung („ECARF“). Dieses gibt es erst nach umfangreichen klinischen Tests. Außerdem muss der Apfel über drei Ernten seine Allergikerfreundlichkeit unter Beweis gestellt haben - über Laboranalysen und Probanden-Tests.
Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) fahre, aus Sorge um Klagen von Kunden, eigene Tests, um sich rechtlich abzusichern. Die allergenarmen Äpfel tragen allerdings nicht dazu bei, dass die Apfel-Allergie vollkommen verschwinde, unterstreicht der Charité-Allergieforscher Bergmann. Das heißt: Sie tragen zur Desensibilisierung bei.
Die Forschungsergebnisse aus Berlin und München zeigen, dass die neuen Apfelsorten noch besser vertragen wurden als die Vergleichssorte Santana oder der Wellant, die beide im Handel als allergikerfreundliche Äpfel vermarktet werden.
Doch wie schmecken die neuen Äpfel, die die ZIN gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück gezüchtet hat? ZIN 186 eignet sich für eine Lagerung im CA/Ulo-Lager „bis in den Sommer“. Es handelt sich um eine Kreuzung aus Honeycrisp und Braeburn. Der rötlich marmorierte, knackige (crunchige) Apfel geht geschmacklich in die Richtung süß-säuerlich. ZIN 168 ist im Kühlhaus bis in den Januar/Februar lagerbar. Der zweifarbige, leuchtend rote Apfel (Elstar x Kanzi) schmeckt saftig-süß. So können die Vermarkter aufeinander folgend ein großes Zeitfenster abdecken.
Allein die 160 Erzeuger in der ZIN dürfen die Sorte anbauen. Im Herbst werden die allergiearmen Äpfel noch selten wie Beluga-Kaviar sein. 500 Tonnen werden erstmals in die Läden kommen. 250.000 Bäume sind gepflanzt. Ziel seien eine Million Bäume.
Zur Einordnung: Eine Million Apfelbäume werden in der Saison an der Niederelbe neu gepflanzt. Allein im Kreis Stade stehen 16 Millionen auf den Plantagen. 15.000 Tonnen könnten in vier Jahren in den Supermärkten angeboten werden. Die Äpfel werden von der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN) über Partnerunternehmen exklusiv vermarktet.
Gute Nachrichten für Klimaschützer: Die Obstbauern an der Niederelbe setzten neben Züchtungen auch auf Photovoltaik auf den Dächern ihrer Lager. Die Lagerung ist fast klimaneutral. Im Zuge von Forschungsprogrammen sollen elektrische Geräte entwickelt werden. Erstmals ist bei den Norddeutschen Obstbautagen ein praxistauglicher Elektro-Schlepper zu sehen, der im Fendt-Werk in Marktoberdorf bereits in Serie produziert wird.

Premiere im Alten Land: Thomas Fischer und Jonas Meyer präsentieren auf dem Brockmann Landtechnik-Stand den ersten Elektro-Schlepper von Fendt. Foto: Vasel
Der batterie-elektrische Schmalspur-Trecker verfügt über eine Akkukapazität von 100 kWh. Das entspricht einer Einsatzzeit von vier bis sieben Stunden, sagt Jonas Meyer von Brockmann Landtechnik. Mit dem Super-Schnelllader ist der Akku in einer Stunde wieder auf 80 Prozent aufgeladen, so Thomas Fischer (Fendt).
Bei den ganz großen, schweren Überzeilen-Pflanzenschutzgeräten stoße der auf der Agritechnica prämierte E-Schlepper - vor allem bei durchweichten Böden - noch an seine Grenzen. Auf Diesel-Schlepper können die Bauern noch lange nicht verzichten.
Elektrifizierung der Feldgeräte steckt noch in den Kinderschuhen
Doch auch der Preis für das elektrobasierte Feldgerät dürfte viele noch abschrecken. Der E-Fendt kostet 50 Prozent mehr. Mehr als 100.000 Euro kostet ein Diesel-Schlepper. Allerdings wird die Anschaffung des E-Fendts laut Fischer mit einem Zuschuss von 20 Prozent aus dem Bundesprogramm zur Steigerung der Energieeffizienz und CO2-Einsparung gefördert. Die Altländer sind ihrem Ziel, klimaneutrales Obst zu produzieren, einen Schritt näher.
Gute Nachrichten für Naturschützer: Obstbauern setzen auch auf schorfresistente Sorten. Damit können sie den Pflanzenschutzmitteleinsatz reduzieren. Mittlerweile sind neun Prozent des Anbaugebietes mit diesen Sorten bepflanzt. Der Apfelschorf-Pilz ist einer der größten Feinde des integrierten und ökologischen Obstbaus.
Bei dem Baumhändler Philip Köpcke aus Lühe fragen die Erzeuger nach der neuen, säuerlicheren Sorte GoodnessMe. Diese zeichne sich mit einer Doppelgen-Resistenz gegenüber Schorf aus. Des Weiteren hat die Züchtung aus Neuseeland eine Toleranz gegenüber Mehltau und Obstbaumkrebs.
Hinzu komme eine natürliche Wachsschicht („Beduftung“), die den Apfel vor Sonnenbrand schütze. Diese Schicht sei gerade im Hinblick auf immer stärkere Sonneneinstrahlung im Sommer ein wichtiger Punkt. Der Apfel ist „climate-ready“, so Florent Geerdes von der Obstbaumschule René Nicolaï mit Blick auf den Klimawandel.

Nick, Emma, Denise und Philip Köpcke werben für die neue Apfelsorte GoodnessMe - ausgestattet mit der Doppel-Gen-Resistenz. Foto: Vasel

Blick auf das Freigelände der Maschinenausstellung. Foto: Vasel
Information: Bei den Norddeutschen Obstbautagen steht am Donnerstag, 13. Februar, die Technik im Fokus. Auf der Messe (9 bis 16.30 Uhr) gibt es in Zelt 1 ein Forum zur Lagertechnik (11 Uhr). Ein Batteriespeicher wird vorgestellt. Nachmittags wird auf dem Freigelände der Obstroboter „Cäsar“ vorgeführt (14 Uhr). Bauernpräsident Joachim Rukwied ist ab 16 Uhr zu Gast beim Verbandspolitischen Tag. www.norddeutsche-obstbautage.de