TErstmals Wolfs-Attacke im Alten Land: Schafe getötet

Eines der mit einem Kehlbiss getöteten Schafe am Elbdeich. Foto: Ulferts
Die Befürchtungen sind wahr geworden: Am Sonnabend bot sich dem Deichschäfer ein erschreckendes Bild. Zwei Tiere sind am Elbdeich gerissen, acht Schafe schwer verletzt worden. Auch ein 3000-Volt-Zaun konnte den Angreifer nicht stoppen.
Jork. Die Warnungen waren allgegenwärtig, jetzt ist es offensichtlich passiert. Auf Hahnöfersand sind zwei Schafe gerissen worden, acht weitere Tiere sind teils schwer verletzt worden. „Ein weiteres Tier musste bereits eingeschläfert werden. Weitere dürften folgen“, berichtet Wilhelm Ulferts, zuständiger Oberdeichrichter des Verbandes der Zweiten Meile Alten Landes, dem TAGEBLATT von der mutmaßlichen Wolfsattacke. „Es ist so traurig. Die Schafe waren zum ersten Mal in diesem Frühjahr draußen“, so Ulferts.
Entdeckt wurden die toten Tiere am Sonnabendmittag. Dass es sich beim Übeltäter um einen Wolf handele, zeigten die Rissspuren eindeutig, so Ulferts weiter. Auch der Wolfsberater habe dies bereits definitiv versichern können. Die Maschinerie der Rissbestätigung sei in Gang gesetzt worden, DNA-Proben wurden genommen.
Die Kadaver blieben zunächst liegen. „Wir haben Wildtierkameras aufgestellt, um zu sehen, ob der Wolf noch einmal zurückkehrt“, sagt Ulferts, „dann hätten wir gleich einen Fotobeweis.“

Der Wolfsberater nahm DNA-Proben. Foto: Ulferts
Trotz Zaun: Wolf reißt Schafe auf dem Deich im Alten Land
Das Besondere an der Wolfsattacke: Die Schafe waren wie vorgeschrieben geschützt. Die 250 Tiere starke Herde war auf dem Deich-Gelände von einem mobilen Flechtzaun mit einer Höhe von 1,06 Metern umgeben. Dieser führt Strom von bis zu 3000 Volt. Beide Voraussetzungen für einen angeblich wolfssicheren Zaun wurden laut Ulferts am Sonnabend vom Wolfsberater geprüft und bestätigt.
Somit wird der Ruf nach Konsequenzen im Landkreis immer lauter. Landrat Kai Seefried hat den Vorfall im Alten Land bereits Umweltminister Christian Meyer (Grüne) gemeldet. Maßnahmen müssten endlich ergriffen werden. Seefried fordert eine praktikable Verordnung zur Entnahme von „Problemwölfen“ sowie mehr Unterstützung für von zahlreichen Wolfsattacken geplagte Landkreise.
Derzeit erfüllt der Landkreis Stade die jüngst neu diskutierten Voraussetzungen für Schnellabschüsse nicht. Demnach waren vier Nutztier-Risse mit dem Überwinden des Herdenschutzes in neun Monaten oder drei Nutztier-Risse mit dem Überwinden des Herdenschutzes in sechs Monaten als Voraussetzungen genannt worden. Es gab zwar im vergangenen Spätsommer im Landkreis eine Vielzahl von bestätigten Nutztier-Rissen. In der Regel verfügten die Weiden aber nicht über einen formal ausreichenden Herdenschutz. Das war auf Hahnöfersand offenbar anders.
Wolfs-Attacke auf Hahnöfersand: Was jetzt geschehen soll
„Ich möchte den betroffenen Nutztierhaltern etwas anbieten können. Nur die Sorgen und auch den damit verbundenen Schmerz aufzunehmen, reicht nicht aus“, klagt Seefried. „Nach meiner Einschätzung können wir als Landkreis aber nach wie vor nichts tun. Wir haben keine Verordnung. Wir befinden uns noch nicht in einem definierten Wolfsgebiet.“
Die Attacke auf Hahnöfersand gefährde zudem den Küstenschutz, da die Tiere für die Deichpflege unerlässlich seien, so Seefried weiter. Der Stader Kreistag hatte bereits am 25. September eine Resolution mit dem Ziel eines Bestandsmanagements des Wolfes beschlossen. Gemeinsam mit weiteren Landkreisen fordert Seefried ein Krisengespräch mit dem Umweltminister. Ein erster Termin für Mitte März ist aus Termingründen des Ministers wieder abgesagt worden.
Auch für Oberdeichrichter Ulferts führe „kein Weg an wolfsfreien Zonen vorbei“. Die Attacke zeige auch, dass der Wolf vor dem dicht besiedelten Deich nicht zurückschrecke. Die Sicherheit der Bevölkerung müsse Vorrang haben, mahnt Ulferts. Die Deich-Schafe müssten weiter „Vortritt“ vor dem Wolf haben. 50.000 Menschen werden durch den zwölf Kilometer langen Elbdeich vor Sturmfluten geschützt. Auch Ulferts betreibt einen Stall auf Hahnöfersand.

Bis zu 250 Schafe grasten auf dem Deich. Sie flüchteten teils bis zu den Gefängnismauern. Foto: Ulferts
Immer wieder Sichtungen: Wolf streift durchs Alte Land
Erst Ende Januar hatte ein Obstbauer mutmaßlich einen durch Jork-Borstel gegenüber der Gefängnisinsel streifenden Wolf gesichtet und per Aufnahme dokumentiert. Bereits im vergangenen Jahr zeigte ein Video, einen jungen Wolf zwischen den Obstplantagen in Jork-Hinterbrack.
Das Problem: Vermeintlich wolfssichere Zäune können am Deich nicht aufgestellt werden - nicht nur wegen der hohen Kosten und des Personalaufwands. Die Deiche werden in Etappen beweidet. Zäune bieten keinen Schutz, hatte der auf Hahnöfersand zuständige Deichschäfer schon Ende 2023 im TAGEBLATT erklärt.
Landkreis Cuxhaven
T Im Video: Autofahrer filmt mutmaßlichen Wolf mitten auf Dorfkreuzung
Er hat seine Tiere vorerst in Sicherheit gebracht. Dass es nicht noch mehr tote Schafe gegeben habe, habe an der Weitläufigkeit des Geländes gelegen. Die übrigen Tiere konnten auf Hahnöfersand bis zu den Gefängnismauern fliehen.