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Wolfsangriffe: Niedersachsen gibt fast sieben Millionen Euro für Schutzmaßnahmen aus

Ein Wolf steht im Gehege im Wisentgehege Springe.

Ein Wolf steht im Gehege im Wisentgehege Springe. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Wenn sich der Wolf in einer Region ansiedelt, haben Landwirte Angst um ihre Weidetiere. Auch im Kreis Stade, wo es im vergangenen Jahr etliche Angriffe gab. In Niedersachsen sind die Ausgaben für Wolfsprävention 2023 gestiegen. Gab es deshalb weniger Risse?

Von Christina Sticht, dpa Mittwoch, 07.02.2024, 14:28 Uhr

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Hannover. Für den Schutz von Weidetieren vor Wolfsangriffen hat das Land Niedersachsen im vergangenen Jahr rund 6,93 Millionen Euro ausgegeben. Landwirte können Gelder zum Beispiel für wolfsabweisende Zäune beantragen.

Bereits im Sommer 2023 war der ursprünglich vorgesehene Fördertopf für Herdenschutzmaßnahmen leer. Minister Christian Meyer (Grüne) habe daraufhin die Summe aufgestockt, teilte das Umweltministerium in Hannover mit. 2022 hatte das Land Weidetierhaltern Gelder für Präventionsmaßnahmen in Höhe von 4,49 Millionen Euro bewilligt.

„Wir wollen Weidetierhaltung besser schützen und fördern, aber auch den Wolf nicht wieder ausrotten“, sagte Meyer der Deutschen Presse-Agentur. In Niedersachsen sind nach Angaben der Landesjägerschaft inzwischen 56 Wolfsterritorien nachgewiesen. Ende 2023 gab es 50 Wolfsrudel, vier Wolfspaare sowie zwei ständig in Niedersachsen lebende Einzelwölfe. Vor drei Jahren waren es erst 35 Rudel.

Zahl der Wolfsrisse in Niedersachsen steigt

Trotz aller Schutzvorkehrungen wurden 2023 mehr Nutztiere von Wölfen verletzt oder getötet als im Vorjahr. Insgesamt wurden 1412 Weidetiere Opfer von Wolfsrissen, vor allem Schafe und Ziegen, aber auch Rinder, Pferde und Gatterwild. Dies war ein Anstieg um etwa 29 Prozent gegenüber 2022. Laut Ministerium gab es 2023 allein 197 Übergriffe auf Schafe und Ziegen mit 1289 betroffenen Tiere. 2022 wurden sogar 204 Attacken auf Schafe und Ziegen gezählt, es wurden aber weniger Tiere getötet oder verletzt, nämlich 949.

Nach Wolfsrissen können die Halter der getöteten, verletzten oder verschollenen Tiere sogenannte Billigkeitsleistungen beim Land beantragen. 2023 wurden nach Ministeriumsangaben derartige freiwillige Zahlungen in Höhe von 240.000 Euro gewährt, 30.000 mehr als im Vorjahr.

Abschussgenehmigung für problematische Wölfe

Wölfe stehen unter strengem Naturschutz und dürfen nur mit einer behördlichen Ausnahmegenehmigung unter strengen Voraussetzungen geschossen werden, etwa wenn sie wiederholt wolfsabweisende Zäune überwunden haben. Die Europäische Kommission will die strengen Schutzregeln für Wölfe lockern. Man schlage vor, den Status des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzusenken, teilte die Brüsseler Behörde Ende Dezember mit. Dies würde es erlauben, die Jagd auf Wölfe zu genehmigen, wenn dadurch nicht der Erhalt von Populationen gefährdet wird. Der Deutsche Jagdverband begrüßt diesen Vorstoß, Naturschutzverbände sind dagegen.

„Herdenschutz bleibt wichtig“, sagte Umweltminister Meyer. „Aber in besonderen Fällen müssen wir auch schneller und einfacher Problemwölfe entnehmen - zum Schutz der notwendigen Weidetierhaltung.“ Anfang Dezember hatten sich die Umweltminister von Bund und Ländern darauf verständigt, dass problematische Wölfe künftig deutlich schneller als bisher getötet werden können.

Schon seit Anfang des Jahres können in Niedersachsen solche Schnellabschüsse angeordnet werden. Dies sei bereits in mehreren Fällen geprüft, aber bisher nicht umgesetzt worden, teilte das Umweltministerium in Hannover mit. Die meisten Bundesländer rechneten mit ersten Schnellabschüssen, wenn die Weidesaison beginnt. Dazu soll es in Abstimmung mit anderen Bundesländern, in denen viele Wölfe leben, einheitliche Kriterien geben.

Wolfsrudel haben sich im Kreis Stade angesiedelt

Im Landkreis Stade haben Wölfe im vergangenen Jahr immer wieder Nutztiere angegriffen: Im Januar sieben Schafe in Balje. Im Juni waren in der Ostemarsch Hannoveraner-Jährlinge von einem oder mehreren Raubtieren in ein Fleet getrieben worden. Ein Pferd musste sofort eingeschläfert werden. Trauriger Höhepunkt: Bei einem Wolfsangriff in Gräpel starben Ende August 2023 55 Schafe. Im Verlauf des Jahres attackierten Wölfe Deichschafe an der Oste, rissen Jungrinder in Wiepenkathen und Schüttdamm.

Wie viele Wolfsrudel es im Kreis Stade gibt, ist unklar. Bestätigt ist ein Rudel im Hohen Moor in Oldendorf, womöglich leben weitere im Aschhorner sowie im Feerner Moor/Rüstjer Forst.

Wolf läuft durch Wohngebiet in Cuxhaven

Erst in der vergangenen Woche hat vermutlich ein Wolf im Landkreis Cuxhaven zwischen Otterndorf und Neuenkirchen mehrere Schafe gerissen. Ein Landwirt beklagt zwei tote und 14 angebissene Tiere.

Mitte Januar war ein Wolf in einem Wohngebiet im Landkreis Cuxhaven gesichtet worden. Auf einem Video, das mit einem Smartphone aus einem fahrenden Auto heraus aufgenommen worden ist, ist zu sehen, wie das Tier an Wohnhäusern in der Nähe einer Grundschule vorbeiläuft.

Tipps zum richtigen Verhalten bei Wolfskontakt

  • Generell gilt: Verhalten Sie sich ruhig und besonnen.
  • Hat der Wolf Sie nicht bemerkt, machen Sie durch Klatschen, Rufen auf sich aufmerksam.
  • Geben Sie dem Wolf die Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Besonders junge Wölfe flüchten nicht immer sofort, sie sind zwar scheu, doch zunächst eher neugierig.
  • Füttern Sie Wölfe auf gar keinen Fall, sie könnten ihre Scheu verlieren!
  • Sollte sich der Wolf nähern, machen Sie Lärm oder bewerfen Sie ihn mit Gegenständen. Wenn Wölfe sich unwohl fühlen, ziehen sie sich langsam zurück. (dpa/set/vdb)
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