TDeicherhöhung verzögert sich erneut: Gräser halten Deichbauer auf

Blick auf die Sielbaustelle vor dem Elbdeich in Hinterbrack. Foto: Vasel
Wann die Deicherhöhung in Hinterbrack startet, ist ungewiss. Biotop-Auflagen des Landes müssen noch in den Planfeststellungsbeschluss eingearbeitet werden. Das hat Konsequenzen.
Jork. Das war offenbar zu optimistisch gedacht: Ursprünglich hatten der Deichverband der II. Meile Alten Landes und die Planer beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Stade mit einem Planfeststellungsbeschluss für die Deicherhöhung in Hinterbrack vor Weihnachten gerechnet. Jetzt hoffen die Altländer auf einen Stempel im ersten Quartal 2025. Die Krux: Die Baumaßnahmen können erst nach dem Okay der Planfeststellungsbehörde und der Mittelzuweisung ausgeschrieben werden.
Damit verkleinert sich das Zeitfenster. Ein Baubeginn im April ist unrealistisch, und im Oktober beginnt bereits die nächste Sturmflutsaison. „Wir werden in diesem Jahr nicht mehr viel schaffen. Das wird eine ganz knappe Geschichte“, sagt Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts. Er hofft weiter auf ein unbürokratisches Gesetz, mit dem der Deichbau immer Vorrang hat. Dafür trägt das Umweltministerium die Verantwortung.
Grüne Biotop-Gras-Auflage verzögert Deichbau weiter
Zum Hintergrund: Die SPD/CDU-Koalition hat vor der Wahl 2022 das Niedersächsische Naturschutzgesetz geändert. Deichbau auf vorhandenen Flächen sollten ohne Öko-Ausgleich ermöglicht werden - wie in Hamburg und Schleswig-Holstein.
Doch der jetzige Umweltminister Christian Meyer (Grüne) und & Co. pochten auf Ausgleich. Der Grund: Bei der Kartierung in Borstel waren mesophile Gräser entdeckt worden. Diese wachsen auf extensiv genutztem Grünland. 15 Hektar hätten angekauft werden müssen - für zwei Kilometer Deich.

Blick vom Deich in Hinterbrack in Richtung Cranz. Foto: Vasel
Nachdem die Verbände unter anderem Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) eingeschaltet hatten, gab es einen Kompromiss: Biotop-Gräser dürfen auf der wasserabgewandten Seite sprießen, das wird von den Behörden als Ausgleich akzeptiert.
Ulferts hatte immer wieder betont, dass Deiche „kein Biotop, sondern technische Bauwerke zum Schutz der Menschen sind“. Unverzichtbar sei eine feste Grasnarbe mit bestimmten Sorten, damit Kleimantel und Sandkern bei Sturmfluten geschützt sind.
Diese Änderungen müssen jetzt in den Beschluss eingearbeitet werden. Des Weiteren gibt es für die Inanspruchnahme von europarechtlich geschützten Fauna-Flora-Habitat-Flächen vor dem heutigen Deichkörper an der Elbe einen Ausgleich (1,68 Hektar). Konvergenzmaßnahmen finden im Vorland im Bereich des Auwaldes zwischen dem Fährhaus Kirschenland und der Deichschäferei in Borstel mit Weiden und Lagunen statt. Diese müssen vor der Deicherhöhung abgeschlossen sein.

Winterpause: Die Spundwände sind eingebracht. Im Hintergrund ist das Kohle-Kraftwerk in Wedel zu sehen. Foto: Vasel
Voran geht der Bau des neuen Siels. Ab April wird der Deich für das 70 Meter lange Rohr durchstochen. Das Bauwerk wird 2,5 Millionen Euro kosten. Es sichert die Ent- und Bewässerung in dem 300 Hektar großen Gebiet an der Hinterbracker Wettern. Das neue Sielbauwerk soll im September 2025 eingeweiht werden. Der Kreis Stade hatte eine deichrechtliche Sondergenehmigung erteilt.
Ulferts hofft, dass auch ein Teil der Deicherhöhung 2025/2026 noch vor dem Herbst in Angriff genommen werden kann. Bekanntlich soll der neue Klimadeich auf einer Länge von 2000 Metern auf 9,40 Meter Normalhöhennull erhöht werden. Mehr als acht Millionen Euro wird das kosten. 90.000 Tonnen Klei werden verbaut, das soll entlang der Deichverteidigungswege vom Kleilager Neuenschleuse über Hahnöfersand nach Hinterbrack transportiert werden.
Weitere Gespräche zu Hahnöfersand
Jorks Bürgermeister Matthias Riel kündigte an, dass der Bebauungsplan für Hahnöfersand mit der Öffentlichkeitsbeteiligung vorangetrieben wird. Noch im Januar wollen Kreis, Gemeinde und Verband ein weiteres Gespräch mit Hamburg über eine Vereinbarung führen. Ziel: Flächen für Kleilager und Deichschäferei sichern und Deichbau ohne Beschränkungen durch das geplante Feldlerchen-Ausgleichsgebiet ermöglichen. Nach dem Abriss der Haftanstalt wollen die Altländer naturverträglichen Tourismus mit Elberadweg erreichen - mit Schutzhütte und Info-Tafeln zu Natur und Historie von Hahnöfersand.