Großalarm nach Massenunfall auf A1: Autofahrer müssen stundenlang ausharren

Nur im Hitzeschutzanzug konnte der gefährliche Sauerstoffbehälter auf der A1 geborgen werden. Foto: JOTO/dpa
Ein Fisch-Lkw steht quer, ein weiterer Laster kann nicht ausweichen. Trümmerteile fliegen umher, Tausende Tiere verenden. Gefährlich wird‘s auch für die Einsatzkräfte.
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Sittensen/A1. Das starke Schneetreiben am Freitagabend hat auf der Autobahn 1 für zahlreiche Verkehrsunfälle gesorgt. Ein besonders schwerwiegender Unfall ereignete sich kurz vor Mitternacht zwischen den Anschlussstellen Sittensen und Elsdorf.
Wie Alexander Schröder, Sprecher der Feuerwehren der Samtgemeinde Sittensen, berichtet, kollidierten ein mit rund 7000 lebenden Forellen und Lachsforellen beladener Lkw und ein weiterer Laster auf der Richtungsfahrbahn Bremen. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei war die 57 Jahre alte Fahrerin des Fischtransporters wegen der Glätte von der Autobahn abgekommen und quer auf der Fahrbahn zum Stehen gekommen. Der darauffolgende Lkw fuhr den Angaben zufolge in das Gespann rein und schob den Transporter durch eine Mittelschutzleitplanke.

Die Wucht des Zusammenstoßes beider Lkw muss groß gewesen sein. Foto: Feuerwehr
Dabei wurden die Behälter, in denen die Fische transportiert wurden, bis auf die Gegenfahrbahn geschleudert.
Autofahrer müssen über Stunden auf A1 ausharren
Ein Fahrzeugteil traf auf der entgegengesetzten Fahrbahn in Richtung Hamburg einen Audi, ein 38-jähriger Beifahrer wurde schwer verletzt. Der 44-jährige Fahrer erlitt leichte Verletzungen, heißt es von der Polizei. Ein weiterer Lkw fuhr in das Auto, der Fahrer blieb unverletzt.
Von den insgesamt sechs Unfallbeteiligten wurden demnach vier verletzt - einer davon schwer. Sie mussten zum Teil in umliegende Kliniken gebracht werden.
Die 57-jährige Fahrerin des Fischtransporters und ein 59-jähriger Beifahrer wurden leicht verletzt, der zweite Lkw-Fahrer (51) blieb unverletzt.

In Fahrtrichtung Hamburg kam es zu mehreren Folgeunfällen. Foto: Feuerwehr
Die Fahrbahnen waren über mehrere Stunden gesperrt. Zahlreiche Auto- und Lkw-Fahrer mussten von Mitternacht an bei Minustemperaturen in ihren Fahrzeugen ausharren. Erst später sei jeweils in einer Fahrtrichtung eine Spur durch die Feuerwehr frei gemacht worden. Somit konnte der Verkehr abfließen, nachdem Räumfahrzeuge des Autobahnbetriebsdienstes die Strecke gestreut hatten.
Bergung und Reinigung der Fahrbahn waren auch am Sonnabendvormittag nach rund zwölf Stunden noch nicht restlos abgeschlossen. Spezialunternehmen wurden beauftragt. Die Sperrung konnte erst nach 16 Stunden am Sonnabend aufgehoben werden.
Sauerstoffbehälter sorgt für höchste Gefahr
Das Problem bei der Bergung der Trümmer: Ein mit Sauerstoff befüllter Fischbehälter entleerte sich direkt. Der zweite musste durch die Feuerwehren Sittensen und Klein Meckelsen unter Atemschutz mit Hitzeschutzanzügen kontrolliert abgeblasen werden. Dazu sei in einem Radius von 200 Metern auch die Autobahnbrücke (Hansestraße in Sittensen) gesperrt worden. Die Behälter lagen direkt unter der Brücke.

Wegen dieses Sauerstoffbehälters musste ein Sperrradius veranlasst werden. Foto: Feuerwehr
„Die Hitzeschutzanzüge mussten verwendet werden, da der Sauerstoff in Minustemperaturen aus den Flaschen strömt. Hier können Verbrennungen entstehen“, erklärt der Feuerwehrsprecher.
Der Fisch-Lkw riss sich zudem noch den Dieseltank auf. Dieser ergoss sich über die gesamte Fahrbahn und im Seitengraben.
Die Polizei schätzt den Sachschaden auf knapp 200.000 Euro.

Die Reinigung der A1 sollte sich auch über den Sonnabendvormittag erstrecken. Foto: JOTO/dpa
Tausende Forellen verenden auf A1
Die Fische verteilten sich über beide Fahrbahnen. Mehrere 1000 Tiere lagen auf der Straße. Die Forellen verendeten an der Unfallstelle.
Zwar blieb ein Container mit Fischen nach Angaben eines Feuerwehrsprechers unbeschädigt, doch die Sauerstoffflaschen seien abgerissen. Demnach konnten die Forellen im übrigen Container nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden.

Die verendeten Fische im Seitengraben. Foto: Feuerwehr
Neben den Feuerwehren waren die Führungsgruppe des Gefahr- und Umweltschutzzuges des Landkreises Rotenburg, mehrere Rettungswagen, zwei Notärzte und der organisatorische Leiter Rettungsdienst vor Ort.

Neben den zahlreichen Polizeikräften waren bei dem Einsatz ein starkes Aufgebot des Rettungsdienstes sowie diverse Feuerwehren aus den umliegenden Orten im Einsatz. Foto: Polizei
Für die Feuerwehren war dieser Einsatz erst gegen 5 Uhr beendet. Zuvor mussten sie schon zuvor zu zwei Verkehrsunfällen ausrücken. Dort kam es jeweils zu keinen Verletzten.
Lkw verunglückt auf B215
Auch die Feuerwehren der Samtgemeinde Sottrum mussten am Sonnabendmorgen ausrücken. Um kurz nach 6 Uhr verunfallte ein Lkw auf der B215 in der Gemeinde Ahausen im Ortsteil Eversen. Der Leitstelle in Zeven sei zunächst ein brennender Laster gemeldet worden. Dies bestätigte sich laut Feuerwehr vor Ort jedoch nicht.

Windschutzscheibe und Fahrerkabine wurden bei dem Aufprall massiv eingedrückt. Foto: Feuerwehren der Samtgemeinde Sottrum
„Schon die Einsatzfahrt bot höchste Vorsicht, da die Straßen durch den Schneefall teilweise sehr glatt waren“, heißt es in einer Mitteilung weiter. Der Lkw-Fahrer habe selbstständig seine Fahrerkabine verlassen können. Er sei vom Rettungsdienst betreut und ins Krankenhaus nach Rotenburg gebracht worden.
Zur Unfallursache und Schadenshöhe ist seitens der Feuerwehr nichts bekannt. Nach gut 90 Minuten habe die Einsatzstelle an die Polizei übergeben werden können.
Glätteunfälle auf A27 halten Polizei in Atem
Auch im Landkreis Cuxhaven führte der Schneefall zu vielen glättebedingten Verkehrsunfällen, insbesondere im Bereich Geestland. Im Laufe des Tages kam es auf der Autobahn 27 und Nebenstrecken zu diversen Glätteunfällen, wobei seit Freitag insgesamt mehr als ein Dutzend Verkehrsunfälle zwischen den Anschlussstellen Altenwalde und Stotel gezählt wurden, bei denen Verkehrsteilnehmer die Kontrolle über ihre Fahrzeuge verloren hatten, berichtet die Polizei.
„Sie gerieten teilweise auf Sommerreifen ins Rutschen, prallten gegen die Schutzplanken oder mit anderen Fahrzeugen zusammen“, heißt es in der Bilanz der Polizeidirektion Cuxhaven. Betroffen waren beide Fahrtrichtungen der A27.
Die Unfälle verliefen insgesamt glimpflich. Trotz alledem seien insgesamt vier Menschen leicht verletzt worden und in ein Krankhaus gebracht worden.
Unfall mit fünf Fahrzeugen - Verursacher flüchtet
Am frühen Freitagabend kam es um kurz nach 18 Uhr auf der A27 in Richtung Walsrode ebenfalls zu einer Massenkarambolage. Der flüchtige Unfallverursacher, ein Fahrer eines weißen VW, soll auf dem Überholfahrstreifen gefahren und unvermittelt abgebremst haben. Ein dahinterfahrender 28-jähriger Bremer habe den Angaben zufolge daraufhin auf der schneebedeckten Fahrbahn ebenfalls gebremst und sei nach rechts ausgewichen. Dort kollidierte der BMW mit einem an der Anschlussstelle Bremerhaven-Süd auffahrenden Nissan eines 18 Jahre alten Osterholzers.
Der Nissan wiederum geriet ebenfalls ins Rutschen und prallte gegen ein Auto-Anhänger-Gespann. Ein 50-jähriger Mainzer wich den Unfallfahrzeugen mit seinem Opel aus, geriet auch ins Schleudern und prallte gegen die Mittelschutzplanke.
Insgesamt seien drei Menschen leicht verletzt worden. Den Sachschaden an den Fahrzeugen schätzt die Polizei auf einen mittleren fünfstelligen Betrag. Die Polizei Geestland ermittelt zudem wegen Fahrerflucht.
Sattelzug rutscht in Mittelschutzplanke
Am Freitagabend gegen 20 Uhr kam dann noch ein Sattelzug zwischen den Anschlussstellen Nordholz und Altenwalde in Fahrtrichtung Cuxhaven ins Rutschen und kollidierte mit der Mittelschutzplanke. Dabei verkeilte sich das Gespann, stellte sich quer und blockierte die Fahrbahn. Die Autobahn musste rund vier Stunden voll gesperrt werden. Der entstandene Sachschaden wird auf etwa 40.000 Euro geschätzt.
Linienbus rutscht auf L129 in Grünstreifen
Am frühen Sonnabendmorgen kam es auf der Landesstraße 129 in der Wurster Nordseeküste zwischen Wremen und Dorum - kurz vor der Ortschaft Mulsum - zu einem Unfall eines Linienbusses. Diese hatte laut Polizei keine Fahrgäste an Bord.
Der Bus geriet auf schneebedeckter Straße in einer leichten Linkskurve ins Rutschen und kam nach rechts von der Fahrbahn ab, wo der Bus im Grünstreifen zum Stehen kam.
„Da die Türen aufgrund der leichten Schräglage blockiert waren, konnte der unverletzt gebliebene Fahrer den Bus zunächst nicht verlassen. Das Fahrzeug musste aufwendig geborgen werden“, teil die Polizei am Sonnabendnachmittag mit. (pm/tip)