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Protest

TK39-Baustelle: Anwohner sauer – Vermieter klagen über wirtschaftliche Schäden

Anwohner der K39 in Jork-Hinterbrack fordern mehr Informationen über die Abläufe auf der Baustelle.

Anwohner der K39 in Jork-Hinterbrack fordern mehr Informationen über die Abläufe auf der Baustelle. Foto: Vasel

Bürger auf den Barrikaden: Die Anwohner in Hinterbrack leiden unter der Vollsperrung der K39. Obstbauer und Vermieter befürchten oder klagen über massive wirtschaftliche Einbußen. Jetzt äußert sich der Landkreis.

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Von Björn Vasel
Donnerstag, 07.03.2024, 05:50 Uhr

Jork. Aufgrund der Arbeitssicherheitsvorschriften ließen sich Vollsperrungen im dritten Bauabschnitt zwischen Hahnöfersand Ost und Cranz nach Auffassung des Landkreises Stade nicht vermeiden. Das Straßenbauunternehmen Bunte will die Straße für die Grundsanierung abschnittsweise und temporär voll sperren. Dafür sollen sechs Blöcke gebildet werden.

Bislang wurde immer ein Fahrstreifen für die Anwohner offengehalten. Bunte hat die Anwohner mit einem Brief und einer Karte über die geplanten Vollsperrungen informiert. Die Menschen in Hinterbrack üben Kritik. Obstbauer und Vermieter von Ferien- und Monteurswohnungen befürchten wirtschaftliche Einbußen.

„Notwendig ist eine Schadensbegrenzung“, sagt Anwohner Jochen Brockmann. Schließlich werde das Drama um die mehrfach verlängerte Baumaßnahme vermutlich erst im Oktober 2024 ein Ende haben. Die Abschnitte müssten so gewählt werden, dass die Höfe weiterhin erreichbar sind.

Obstbauern fürchten um Ernte und Pflanzenschutz

„Wir sind auf die Straße angewiesen“, betont Obstbauer Johann-Hinrich Schröder. Die Obstbauern in Hinterbrack fragen sich, wie sie im Sommer und im Herbst ihre Ernte vom Hof bekommen sollen. Sein Hofladen ist nur noch über Cranz zu erreichen, so Schröder. Das Problem: Es gibt in dem Ortsteil von Borstel keinen Wirtschaftsweg, der parallel zur Kreisstraße durch die Plantagen verläuft.

Auch Kirschen, Pflaumen oder Äpfel haben enge Erntefenster. Und auch beim Pflanzenschutz müsse der Weg frei sein. Notwendig seien individuelle Lösungen und ein anderer Zuschnitt der Blöcke. Zweites Standbein vieler Altländer seien Ferien- und Monteurwohnungen. Ohne konkrete Zeitpläne drohten Konflikte, von kurzfristigen Absagen und Abreisen bis zu Forderungen nach Mietminderungen. Schon heute gebe es Verrmieter, die seit Beginn der Baumaßnahme schmerzliche Einbußen hinnehmen mussten.

Blick vom Hauptdeich auf den 3. Bauabschnitt der K39 in Jork-Hinterbrack.

Blick vom Hauptdeich auf den 3. Bauabschnitt der K39 in Jork-Hinterbrack. Foto: Vasel

Durch die Straßen- und Kanalarbeiten seien Telefonleitungen kaputt gegangen, die Telekom rücke nicht an. Auch bei Paketen und Briefen gebe es Verzögerungen, einige Anbieter sammeln - und liefern in Hinterbrack verspätet aus. Die Anwohner haben die Sorge, dass Feuerwehr und Rettungsdienst im Notfall lange Umwege über Cranz fahren müssen und so zu spät kommen.

Schröder und Brockmann machen sich für Gespräche stark - mit Bunte, Planungsbüro und dem Landkreis. „Unsere Nöte, Ängste und Sorgen müssen in Stade endlich ernstgenommen werden. Es brodelt “, sagt Brockmann. Von Seiten des Landkreises Stade gebe es immer wieder „nur hinhaltende Worte am Telefon“. Dieser investiert im knapp 2000 Meter langen dritten Abschnitt fast 4,5 Millionen Euro in die Erneuerung von Fahrbahn sowie Fuß- und Radweg inklusive Entwässerung. Seit dem Frühjahr 2021 wird die K39 in Borstel auf einer Länge von etwa sechs Kilometern in Etappen zwischen der Borsteler Mühle und der Landesgrenze für mehr als zwölf Millionen Euro erneuert.

Landkreis verspricht individuelle Lösungen

Der kommissarische Leiter des Amtes für Kreisstraßen, Heiko Köhnlein, und sein Mitarbeiter Jörg Winkler sicherten am Mittwoch auf TAGEBLATT-Anfrage zu, dass „die Interessen der Obstbauern in Hinblick auf Ernte und gegebenenfalls vorher erforderliche Arbeitsgänge berücksichtigt werden“. Die Lösungen im Detail sollen mit den Obstbauern - ähnlich wie im 2. Abschnitt - „auch einzeln“ abgestimmt werden.

Kreissprecher Daniel Beneke betont, dass die Feuerwehr- und Rettungsleitstelle in Wiepenkathen um die Bauarbeiten wisse, Feuerwehr und Rettungsdienst könnten die Vollsperrung „bei umsichtiger Fahrweise passieren“. Erforderlichenfalls seien, beispielsweise außerhalb der Arbeitszeiten, die Absperrungen durch Bunte beiseite zu stellen.
Vollsperrung der K39 in Hinterbrack auf der Höhe der Straße zur Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand.

Vollsperrung der K39 in Hinterbrack auf der Höhe der Straße zur Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand. Foto: Vasel

Die Abschnitte seien von der Baufirma so gewählt worden, dass „zwingende Anwohnerbelange“, insbesondere der Gewerbetreibenden, „weitmöglichst berücksichtigt werden“. Für Nicht-Gewerbetreibende sei es zumutbar, für einige Tage zu Fuß zum Fahrzeug zu laufen, um zur Arbeit oder zum Einkaufen zu fahren. Bei Härtefällen - wie körperlichen Beeinträchtigungen oder größeren Möbellieferungen - werde es „immer individuelle Lösungen geben können“, versichert der Kreissprecher.

Warum es keinen Zeitplan im Info-Brief gab

Dass es keinen Zeitplan im Info-Brief gab, sei einfach zu erklären: Das konkrete Datum der jeweiligen Teilvollsperrung hänge vom Baufortschritt mit Blick auf das Wetter ab, die Anwohner würden rechtzeitig informiert. Beneke rät, sich mit Bunte vor Ort abzusprechen oder donnerstags zur Baubesprechung im Container zu gehen.

Brockmann appelliert an den Landkreis Stade und die Gemeinde Jork, ähnlich wie in der Wellenstraße, die Bürger stärker einzubeziehen. Die Wellenstraße ist zur Anliegerstraße mit Tempo 30 herabgestuft worden. Die Hinterbracker bekommen - wie die Mitarbeiter des Gefängnisses - Passierscheine, versichert der Jorker Verwaltungsvize Arne Krüger.

Lediglich Anlieger dürfen die Wellenstraße nutzen.

Lediglich Anlieger dürfen die Wellenstraße nutzen. Foto: Vasel

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