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TNach 14 Tagen: Schnelles Internet im Alten Land funktioniert wieder

Verärgert über die Deutsche Glasfaser: Derya Abdul von der Bäckerei Pfeiffer muss Kunden sagen, dass EC-Zahlungen wegen des Internetausfalls zurzeit nicht möglich sind.

Verärgert über die Deutsche Glasfaser: Derya Abdul von der Bäckerei Pfeiffer muss Kunden sagen, dass EC-Zahlungen wegen des Internetausfalls zurzeit nicht möglich sind. Foto: Vasel

Mehr als 700 Haushalte in Steinkirchen, Grünendeich und Mittelnkirchen waren 14 Tagen lang ohne Internet. Betroffen waren auch viele Unternehmen, die Schule und Bücherei. Am Donnerstagabend gab es gute Nachrichten von den Bürgern.

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Von Björn Vasel
Donnerstag, 25.01.2024, 20:17 Uhr

Steinkirchen. Zwei Wochen lang waren Altländer von der digitalen Welt abgeschnitten - und ohne Telefon, Internet und Fernsehen über Glasfaser. Wie berichtet, hatte es im Glasfaserhauptverteiler in Grünendeich nach einem Wasserschaden infolge extremer Regenfälle in den letzten Wochen einen Kurzschluss gegeben. „Eine rasche Behebung des Wasserschadens ist leider nicht ohne weiteres möglich“, sagt der Unternehmenssprecher der Deutschen Glasfaser, Dennis Slobodian, mit Verweis unter anderem auf den Arbeitsschutz. Zwischenzeitlich stellten Handwerker in der Garage einen Lüfter auf. Außerdem gab eine Elektrofachkraft den Verteiler frei - für den Entstörungstrupp. Die Trockenlegung des Gebäudes laufe seit Donnerstag, 18. Januar.

Elektriker haben mit Reparatur begonnen

Zwei Elektriker einer Servicefirma haben am Mittwoch mit der Reparatur des Stromanschlusses im Glasfaserhauptverteiler am Obstmarschenweg am Sportplatz von Grund- und Oberschule in Grünendeich begonnen. Wann das schnelle Internet wieder funktioniert, ist weiter offen. Slobodian rechnet mit einer „zeitnahen Entstörung“ nach der Trockenlegung, einen Termin wollte der drittgrößte Glasfasernetz-Anbieter nach Vodafone und Telekom gegenüber dem TAGEBLATT allerdings nicht nennen. Nach der Wiederherstellung des Stromanschlusses werden die Ersatzteile eingebaut. Danach seien Tests notwendig.

Erste Kunden wechseln den Anbieter

Vielen Privatkunden reicht es aber mittlerweile. Der langjährige ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Mittelnkirchen, Heiner Schlichtmann, ist einer von ihnen. „Der Umgang des Unternehmens mit seinen Kunden ist unterirdisch“, sagte er. Schlichtmann wechselt jetzt zurück zur Telekom - von Glasfaser- aufs Kupferkabel. „Ich will endlich wieder morgens meine FAZ und mein TAGEBLATT als E-Paper lesen können“, sagt Schlichtmann. Er kritisiert, dass die Deutsche Glasfaser sich so lange Zeit für die Reparatur genommen habe und Kunden - außer einem Hinweis auf Telekommunikationsgesetz und Entschädigungsrechte - allein gelassen habe.

Doch nicht nur Privatleute, auch Unternehmer haben die Nase gestrichen voll. Kerstin Hintz vom Biohof Ottilie spricht von einem „wirtschaftlichen Schaden“. Ob Buchungen, Einkauf, Abschluss oder Abrechnungen - alles laufe heute digital. Auch sie will kündigen. Die Kommunikation sei mies. Obwohl der Glasfaseranschluss seit Tagen tot ist, gab es am Montag eine Mail vom Kundenservice Deutsche Glasfaser. In dieser hieß es: „Ihnen jederzeit ein hochwertiges Glasfaser-Erlebnis zur Verfügung zu stellen, ist unsere Herzensangelegenheit.“ Gleichzeitig seien Wartungsarbeiten für Dienstag angekündigt worden. „Im Anschluss funktioniert alles in gewohnter Qualität“, hieß es.

Bäckerei und Apotheke finden Ersatzlösungen

Auch Bäckermeister Karl-Heinz Pfeiffer ist verärgert. Das Hauptgeschäft mit der Bäckerei und Konditorei in Steinkirchen ist vom Netz. „Außerdem ist die EC-Kartenzahlung zurzeit nicht möglich“, sagt Pfeiffer. Etwa 20 Prozent der Kunden würden heutzutage bargeldlos zahlen. Immerhin funktioniere das EC-Gerät - dank eines anderen Anbieters - in der Filiale im Rewe-Markt in Steinkirchen. Eigentlich liefen viele Bestellungen über Mail ein. Damit Kunden weiter Hochzeitstorten oder Kuchen telefonisch bestellen können, richtete das Familienunternehmen eine Rufumleitung auf das Privathandy ein. Zwei Stunden betrage die tägliche Mehrarbeit infolge der Internetstörung.

Zeitweise ging auch in der Apotheke nichts mehr, dort ist mittlerweile eine Ersatzlösung auf eigene Faust installiert worden - ein mobiler WLAN-Router der Telekom. „Jetzt können wir wieder Medikamente bestellen, weiter mit E-Rezepten arbeiten und EC-Zahlungen ermöglichen“, sagt Apothekerin Birgit Reyer. In den ersten Tagen habe sie Kunden verloren.

„Ich will nicht wissen, wie viele Aufträge wir verloren haben“

Bei Parti Hauschildt in Steinkirchen kann weiter Lotto gespielt werden. Doch alle anderen Leitungen sind tot - bis auf das Handy. „Es ist schlimm. Ich bin sauer auf die Deutsche Glasfaser - und das ist noch freundlich ausgedrückt“, sagt Evi Hauschildt. Fast hätten sie vier Kunden für Feste mit 100 und 150 Gästen verloren, erst über Umwege und die Tochter sei der Kontakt doch noch zustande gekommen. „Ich will nicht wissen, wie viele Aufträge wir verloren haben“, sagt Hauschildt. Buchungen für das ganze Jahr würden vor allem im Januar/Februar getätigt - etwa für Hochzeiten.

Dass das Unternehmen sie lediglich auf die gesetzlichen Entschädigungsansprüche hingewiesen habe und keine Termine für das Ende der Störung nennen wollte, sei „frech gewesen“. Denn laut Gesetz gibt es ab dem fünften Tag 10 Euro oder alternativ 20 Prozent des vertraglich vereinbarten Monatsentgeltes, falls dieser Betrag höher als 10 Euro ist. Das bilde den wirtschaftlichen Schaden allerdings nicht ab, so die Altländerin. Das Unternehmen will ebenfalls einen Anbieterwechsel prüfen.

Samtgemeindebürgermeister übt Kritik

Weil viele Kunden beim Kundenservice nicht weiterkommen, belagerten sie am Mittwoch den Hauptverteiler. Deshalb bittet Fachbereichsleiterin Nele Dehmel von der Samtgemeindeverwaltung, die Elektriker „nicht bei den Arbeiten zu unterbrechen“, damit diese ihre Arbeit möglichst zeitnah vollenden können. Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke teilt den Ärger der Bürger: „Das Unternehmen muss die Störung schneller beheben.“ Der Ausfall habe nicht nur die Wirtschaft geschädigt, Homeoffice unmöglich gemacht und die Grund- und Oberschule vom Netz abgeschnitten, sondern gefährde auch den Notruf bei Senioren.

Am frühen Donnerstagabend meldeten mehrere Bürger, dass Telefon, Internet und TV über Glasfaser wieder laufe. Die Deutsche Glasfaser selbst hat das bislang noch offiziell nicht mitgeteilt.

Die Tür steht offen: Im Glasfaserhauptverteiler in Grünendeich wird gearbeitet.

Die Tür steht offen: Im Glasfaserhauptverteiler in Grünendeich wird gearbeitet. Foto: Vasel

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