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Obstbau

TSaisonstart für Erdbeeren: Diese Probleme plagen die Obstbauern

Eine 500-Gramm-Schale Erdbeeren kostet bis zu 4,99 Euro.

Eine 500-Gramm-Schale Erdbeeren kostet bis zu 4,99 Euro. Foto: Vasel

Auch im Freiland hat die Erdbeerernte begonnen. Die CDU-Politikerinnen Vanessa Zobel und Birgit Butter packten beim Saisonauftakt mit an - und machten Zusagen für den Obstbau.

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Von Björn Vasel
Sonntag, 11.05.2025, 17:45 Uhr

Bliedersdorf. Auf dem Obsthof Cohrs in Bliedersdorf ernteten die Bundestagsabgeordnete Vanessa Zobel und die Landtagsabgeordnete Birgit Butter (beide CDU) beim Saisonstart die Sorte Flair. Die Frühsorte steht aufgrund ihres Geschmacks und ihrer intensiven roten Farbe bei Verbrauchern hoch im Kurs. Aufgrund der vielen Sonne habe sie ihren „vollen Geschmack entfalten können“, freut sich der Obstbauer Jonas Cohrs aus Rutenbeck.

Mindestlohn-Debatte: Obstbau in großer Sorge

Bis Mitte August läuft die Ernte, zehn Sorten zählt sein Sortiment. Die Obstbauern freuen sich, die Früchte ihrer Arbeit ernten zu können. Doch sie blicken mit Sorge in die Zukunft. 2026 könnten Mehrkosten von 4000 Euro pro Hektar bei den Arbeitskosten auf sie zukommen, sollte der Mindestlohn, wie von der SPD propagiert, von heute 12,82 Euro auf 15 Euro erhöht werden. Um die Mehrkosten zu kompensieren, müssten die Erzeuger knapp 30 Cent pro Kilogramm mehr bekommen. Doch auch Pflanzen, Pflanzenschutz und Verpackungen werden teurer.

Die Arbeitskosten sind hoch - auch bei den Lieferanten von Pflanzmaterial und Verpackungen - unterstreichen die Obstbauern Jonas und Werner Cohrs (von links).

Die Arbeitskosten sind hoch - auch bei den Lieferanten von Pflanzmaterial und Verpackungen - unterstreichen die Obstbauern Jonas und Werner Cohrs (von links). Foto: Vasel

Die Lohnquote beträgt bei Freilanderdbeeren um die 55 Prozent. Seit 2015 ist der gesetzliche Mindestlohn bereits um 73 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: In Spanien liegt dieser bei 8,37 Euro, in der Türkei bei 3,75 Euro. Es drohe eine Verlagerung von Teilen der Obstproduktion in das Ausland, warnen CDU-Politiker und Fachgruppe Obstbau. Butter verweist auf die Himbeere. Der Anbau sei in Deutschland mittlerweile tot. Himbeeren kommen heute überwiegend aus Marokko. Dort gilt ein Mindesttageslohn von 8,95 Euro.

„Es droht eine weitere Wettbewerbsverzerrung“, sagt Butter. Sie beklagt, dass das Land Niedersachsen den Obstbau alleinlasse. Die CDU-Politikerin verweist auf die Antwort des Landwirtschaftsministeriums auf ihre Kleine Anfrage. Das Ministerium von Miriam Staudte (Grüne) rechnet damit, dass sich der Lebensmitteleinzelhandel „unabhängig von der Kosten- und Preisentwicklung“ ohnehin nach Alternativen umschauen werde, weil die „Produktionssicherheit angesichts der zunehmenden Extremwetterlagen gefährdet ist“. Trotz des Mindestlohns sei deutsche Ware konkurrenzfähig, so das Ministerium.

Günstigere Ware kommt insbesondere aus Spanien

Steigende Kosten haben bereits zu einem starken Rückgang im Freiland geführt, in den zehn Jahren ging der Anbau von 14.750 auf 8500 Hektar zurück. Aufgrund der Mindestlohndebatte stagniert der geschützte Anbau bei 2045 Hektar. Bauern halten sich mit Investitionen in Gewächshaus und Tunnel zurück, so die Agrarmarktinformationsgesellschaft.

Knapp 41 Prozent des Erdbeerbedarfs werden noch durch heimische Ware gedeckt, so das Statistische Bundesamt. Die unter den „höchsten Sozial- und Umweltstandards in Europa“ erzeugten Erdbeeren müssen in Supermärkten und Discountern mit der günstigeren Ware aus dem Ausland konkurrieren - insbesondere aus Spanien.

Vanessa Zobel, Werner Cohrs, Birgit Butter und Jonas Cohrs im Austausch auf dem Erdbeerfeld (von links).

Vanessa Zobel, Werner Cohrs, Birgit Butter und Jonas Cohrs im Austausch auf dem Erdbeerfeld (von links). Foto: Vasel

Die Obstbauern appellierten an die CDU-Politiker, sich weiter für eine Ausnahmeregelung beim Mindestlohn für kurzfristig Beschäftigte aus dem In- und Ausland einzusetzen. Das sagten Zobel und Butter zu. Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot gebe es keine Festlegung, die das ausschließe. Cohrs begrüßte, dass die Koalition die kurzfristige sozialversicherungsfreie Beschäftigung bei Saisonarbeitskräften auf 90 Tage ausdehnen will. Die Christdemokratinnen halten eine hohe Eigenversorgung auch mit Blick auf Krisen, Kriege und Klima für wichtig.

Die anhaltende Trockenheit ist Fluch und Segen. Es musste beregnet werden. Doch im Gegensatz zum Regenjahr 2024 gebe es keinen Pilzdruck. Ansonsten wäre es schwierig gewesen, denn im Erdbeeranbau fehlen Fungizide. Die neue Bundesregierung wolle und werde die Pflanzenschutzmittelverfügbarkeit verbessern, so Zobel.

Bundesanstalt für Ernährung wirbt für regionale Erdbeeren

Bis zu 4,99 Euro kostet die 500-Gramm-Schale mit erntefrischen Erdbeeren aus der Region zum Saisonauftakt. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag 2024 bei 3,3 Kilogramm.

Ernteeinsatz: Die Bundestagsabgeordnete Vanessa Zobel und die Landtagsabgeordnete Birgit Butter pflücken die ersten Erdbeeren auf dem Obsthof Cohrs in Bliedersdorf.

Ernteeinsatz: Die Bundestagsabgeordnete Vanessa Zobel und die Landtagsabgeordnete Birgit Butter pflücken die ersten Erdbeeren auf dem Obsthof Cohrs in Bliedersdorf. Foto: Vasel

Das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung wirbt für den Kauf regionaler Erdbeeren. Die reif gepflückten seien nicht nur aromatischer, sondern haben laut BZfE auch einen höheren Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und bioaktiven Substanzen. Weiteres Plus heimischer Ware sei die Klimafreundlichkeit. Transportwege, Wasserverbrauch sowie Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz seien niedriger als bei Importware. Der Vitamin-C-Gehalt ist höher als bei Orangen. Fünf bis sechs Erdbeeren reichen, um den Tagesbedarf eines Erwachsenen zu decken. Sie stärken Kreislauf sowie Immun- und Nervensystem.

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